Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortsetzungsanspruch. Insolvenz vor Betriebsübergang. Berechnung von Beschäftigungszeiten für die Kündigungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Fortsetzunganspruch nach einem Betriebsübergang kann sich im Falle der Insolvenz nicht aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 613a BGB ergeben.

2. Die Zusammenrechnung von rechtlich unterbrochenen Arbeitsverhältnissen bei Berechnung der Kündigungsfristen setzt voraus, dass neben dem engen sachlichen Zusammenhang zwischen den Arbeitsverhältnissen sie auch zu demselben Arbeitgeber (oder einem Rechtsnachfolger) bestanden haben.

 

Normenkette

KSchG § 4; BGB §§ 613a, 622

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Urteil vom 29.11.2001; Aktenzeichen 28 Ca 364/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.09.2003; Aktenzeichen 2 AZR 330/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 29. November 2001 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte EUR 16.356,86 zu zahlen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger verlangt mit der Klage Zahlung von Entgelt.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. November 1999 beschäftigt gewesen. Zuvor war er vom 1. April 1976 an Arbeitnehmer der Fa. V. über deren Vermögen am 1. Juli 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Insolvenzverwalter beschloss die Stilllegung des gesamten Geschäftsbetriebes mit den Niederlassungen H., D. und E. und kündigte die Arbeitsverhältnisse aller Beschäftigten zum 31. Oktober 1999. Am 29. Oktober 1999 kaufte die Fa. A. das gesamte bewegliche Anlage- und das Vorratsvermögen der Insolvenzschuldnerin an den Standorten H. und D. sowie den Fuhrpark E.. Die Hälfte des Anlagevermögens wurde von ihr sodann an die Fa. A. veräußert, die am 1. Dezember 1999 in die Beklagte umfirmierte. Die Beklagte führte in H. den Betrieb der Fa. V. fort. Sie schloss mit den dort beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge. Der Kläger, mit dem ebenfalls ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage A 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 27. November 2001 (Bl. 47 ff d.A.) verwiesen wird, blieb in diesem Betrieb beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 17. Mai 2001 zum 30. Juni 2001, weil der Betrieb in H. zu diesem Datum stillgelegt wurde.

Der Kläger verdiente bei der Beklagten ein monatliches Gehalt in Höhe von DM 9250,– brutto. Die Beklagte zahlte vermögenswirksame Leistungen in Höhe von DM 46,– monatlich und gewährte einen Sachbezug im Werte von DM 516,00.

Der Kläger vertrat mit Schreiben vom 18. Juli 2001 die Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Dezember 2001 beendet werde, und verlangte vergeblich Weiterbeschäftigung und Zahlung von Entgelt. Der Kläger erhielt in der Zeit von Juli bis Oktober 2001 Arbeitslosengeld in Höhe von DM 62,64 pro Kalendertag.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass wegen seiner Betriebszugehörigkeit seit dem 1. April 1976 eine Kündigungsfrist von sieben Monaten einzuhalten gewesen wäre. Er verlangt die Zahlung seines Entgelts für die Monate Juli bis Oktober 2001. Der Kläger hat beantragt,

1) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 17. Mai 2001 nicht am 30. Juni beendet worden ist, sondern bis zum 31. Dezember 2001 fortbesteht;

2) die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 39248,00 brutto nebst 5 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. September 2001 abzüglich Arbeitslosengeld in Höhe von DM 7704,72 netto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klage unbegründet sei, weil für die Bestimmung der Dauer der Kündigungsfrist die vor dem 1. November 1999 liegenden Beschäftigungszeiten ohne Bedeutung seien.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat der Klage vom 21. Mai 2000 mit der Maßgabe stattgegeben, dass Zinsen erst seit dem 15. November 2001 verlangt werden könnten, und dieses damit begründet, dass es für die Bestimmung der Dauer der Kündigungsfristen auf die Betriebszugehörigkeit ankomme. Es würden die gleichen Grundsätze gelten wie für die Berechnung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG. Danach blieben rechtliche Unterbrechungen eines Arbeitsverhältnisses unberücksichtigt, wenn die mehreren Arbeitsverhältnisse in einem engen sachlichen inneren Zusammenhang miteinander stünden. Ein solcher enger sachlicher innerer Zusammenhang sei zu bejahen, weil der Kläger vor und nach der rechtlichen Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses am selben Arbeitsplatz weitergearbeitet habe.

Die Beklagte zahlte dem Kläger aufgrund der Verurteilung durch das Arbeitsgericht am 18. Januar 2002 EUR 16356,86.

Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 4. Januar 2002 zugestellt wurde, hat sie mit Schriftsatz vom 14. Januar 2002, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 15. Januar 2002, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 27. Januar...

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