In Deutschland ist der Hinweisgeberschutz bislang vor allem durch die Rechtsprechung geprägt. Insbesondere die Gerichte der Zivil- und Arbeitsgerichtsbarkeit orientieren sich an den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser hatte sich im Jahr 2011 in einer Grundsatzentscheidung (EGMR, Urteil v. 21.7.2011, 28274/08 Heinisch/Deutschland), in der es um die Meldung von Missständen in einem Pflegeheim ging, mit der Abwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen befasst und geurteilt, dass im konkreten Fall eine Verletzung von Artikel 10 (Freiheit der Meinungsäußerung) der Europäischen Menschenrechtskonvention vorlag. Der EGMR bestätigte die Pflicht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu Loyalität, Zurückhaltung und Vertraulichkeit gegenüber dem Arbeitgeber und bezeichnete den Gang an die Öffentlichkeit als „letztes Mittel“. Abzuwägen sind dabei folgende Umstände: Öffentliches Interesse, Richtigkeit der Information, Schaden des Arbeitgebers, Weitergabe der Information als letztes Mittel, Beweggründe für die Handlungsweise des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin und Verhältnismäßigkeit (EGMR vom 16.2.2021, 23922/19). Für Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber bleibt allerdings angesichts der unscharfen Kriterien für ein zulässiges „Whistleblowing“ ein erhebliches Risiko, wenn sie einen Rechtsverstoß an externe Stellen melden (Gesetzesbegründung, S. 1).

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