Entscheidungsstichwort (Thema)

Antragsfrist. Kündigung. Personalrat. Personalratsmitglied. Zustimmung

 

Leitsatz (amtlich)

Dienststellenleiter im Sinne des Hessischen Personalvertretungsgesetzes ist in einer hessischen Stadt der Bürgermeister und nicht der Magistrat. Ersucht ein Dienststellenleiter den Personalrat ein zweites Mal, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Personalratsmitglieds zu erteilen, nachdem sie schon einmal verweigert worden war, lässt sich das Recht des Dienststellenleiters, einen Antrag auf gerichtliche Festsetzung der bereits verweigerten Zustimmung zu stellen, unberührt. Allerdings ließe sich ein solcher Antrag nicht auf den mit dem zweiten Zustimmungsersuchen etwa neu vorge- brachte Gründe stützen. Wird eine trotz Verweigerung der Zustimmung des Personalrats ausgesprochene außerordentliche Kündigung eines Personalratsmitglieds zurückgenommen, weil sie wegen der fehlenden Zustimmung unheilbar nichtig ist und abgewartet werden soll, ob das Gericht die Zustimmung ersetzt, hat das nicht zur Folge, dass die Zustimmungsverweigerung gegenstandslos und damit der Antrag des Dienststellenleiters auf gerichtliche Ersetzung der Zustimmung unzulässig wird.

 

Normenkette

BPersVG § 108 Abs. 1; HPVG § 66 Abs. 1

 

Verfahrensgang

VG Darmstadt (Beschluss vom 01.07.1996; Aktenzeichen 23 L 742/96)

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller versucht zu erreichen, daß die Zustimmung des beteiligten Personalrats zu der außerordentlichen Kündigung eines seiner Mitglieder, des Beteiligten zu 2., durch verwaltungsgerichtliche Entscheidung ersetzt wird.

Der 43 Jahre alte verheiratete Beteiligte zu 2., der ein 15-jähriges Kind hat, ist seit 1980 bei der Stadt Pfungstadt als Arbeiter beschäftigt. Er ist Fahrer eines Kranwagens.

Am 27. Januar 1994 erfuhr der Antragsteller durch Anruf eines Reifenmonteurs, daß der Kranwagen, den der Beteiligte zu 2. fährt, anstatt mit sechs in Rechnung gestellten neuen Reifen mit nur zwei neuen und vier runderneuerten versehen worden war und der Beteiligte zu 2. persönlich zwei Reifen kostenlos mit Montage erhalten habe.

Daraufhin hörte der Antragsteller den Beteiligten zu 2. in Anwesenheit des Personalratsvorsitzenden zu dieser Anzeige. Der Beteiligte zu 2. erklärte dazu, daß das städtische Fahrzeug sechs neue Reifen erhalten habe und ihm keinerlei Vorteil zugewendet worden sei. Daraufhin beauftragte der Antragsteller einen Rechtsanwalt mit der Erstattung einer Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Mit Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 27. September 1995 wurde der Beteiligte zu 2. wegen Beihilfe zum Betrug und Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten und 2 Wochen verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil, das auch den Geschäftsführer der Reifenhandlung, von der die Reifen geliefert und montiert worden waren, betraf, legten dieser Geschäftsführer sowie der Beteiligte zu 2. und die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Alle Berufungsführer nahmen ihre Berufungen unter dem 13. März 1996 zurück. Mit Beschluß vom 21. März 1996 erlegte das Landgericht Darmstadt den Berufungsführern die Kosten der Rechtsmittel auf.

Nachdem der Antragsteller nach seinen Angaben zu Beginn der letzten Woche des März 1996 gerüchteweise aus dem Hauptamt erfahren hatte, daß der Beteiligte seine Berufung zurückgenommen habe, beauftragte er den Rechtsanwalt, den er die Strafanzeige hatte erstatten lassen, zu klären, ob dies zutreffe.

Unter dem 1. April 1996 – bei der Stadt eingegangen am 3. April 1996 – Übersandte der Rechtsanwalt einen Auszug aus der Strafakte und teilte mit, nach Berufungsrücknahme sei das Urteil rechtskräftig.

Daraufhin erörterte der Antragsteller mit dem Personalrat im Monatsgespräch am 10. April 1996 das ergangene strafgerichtliche Urteil, das verlesen wurde und von dem der Personalrat eine Kopie erhielt, und bat um die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 2.. Diese lehnte der Personalrat mit der Begründung ab, der Beteiligte zu 2. sei seit 16 Jahren bei der Stadt beschäftigt und habe sich mit Ausnahme des ihm zur Last gelegten Sachverhalts stets tadellos und kollegial verhalten. Eine fristlose Kündigung wäre eine weitere Bestrafung und eine Existenzgefährdung für ihn und seine Familie. Er werde schwer einen neuen Arbeitsplatz finden. Seine sozialen Verhältnisse seien zu bedenken. – Die Frauenbeauftragte machte unter dem 15. April 1996 keine Bedenken gegen die außerordentliche Kündigung geltend.

In seiner Sitzung am 16. April 1996 beschloß der Magistrat, dem Beteiligten zu 2. gemäß § 53 Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe – BMT-G II – mit sofortiger Wirkung außerordentlich zu kündigen, was noch am selben Tage geschah. Als Grund wurde angegeben, „wegen Beihilfe zum Betrug zum Nachteil der Stadt Pfungstadt und Bestechlichkeit wurden Sie vom Amtsgericht Darmstadt zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten und 2 Wochen verurteilt. Die Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Nach Berufun...

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