Der EuGH hat in seiner Schultz-Hoff-Entscheidung erkannt, dass der von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9, im Folgenden: Arbeitszeitrichtlinie) gewährleistete Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen auch entsteht, wenn der Arbeitnehmer im gesamten Bezugszeitraum (Bezugszeitraum ist nach dem BUrlG wie nach dem TVöD das Kalenderjahr) oder in Teilen davon arbeitsunfähig ist. Des weiteren ist nach dieser Entscheidung eine nationale Regelung unzulässig, nach der der Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen bei Ablauf des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder des Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und deshalb nicht die Möglichkeit hatte, seinen Urlaubsanspruch in dieser Zeit auszuüben. Das Gleiche gilt für den Anspruch auf Abgeltung, wenn bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Mindestjahresurlaub wegen Krankheit nicht genommen werden konnte. Dementsprechend hat das BAG seine entgegenstehende bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Es legt nunmehr § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG richtlinienkonform aus. Im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Bezugs- und/oder des Übertragungszeitraums bestehen danach die zeitlichen Beschränkungen des § 7 Abs. 3 Satz 1, 3 und 4 BUrlG weder für den gesetzlichen Mindesturlaub noch für den entsprechenden Abgeltungsanspruch. Im Ergebnis erlöschen gesetzliche Mindesturlaubsansprüche und entsprechende Abgeltungsansprüche nicht, wenn Beschäftigte bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums bzw. darüber hinaus erkrankt und deshalb arbeitsunfähig sind.

Die bereits in Folge der Schultz-Hoff Entscheidung festgestellten Grundsätze des BAG, wonach die Tarifvertragsparteien die Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die über die von Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie und von den §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG begründeten Ansprüche hinaus gehen, frei regeln können, sind vom 9. Senat mit der Entscheidung vom 22. Mai 2012 – 9 AZR 575/10 bestätigt und präzisiert worden. Danach haben die Tarifvertragsparteien mit der Regelung des § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD zur Übertragung und zum Verfall von Urlaubsansprüchen eine hinreichend deutliche Differenzierung zu den gesetzlichen Bestimmungen geschaffen. Diese lässt erkennen, dass im Tarifvertrag ein sogenannter "Gleichlauf" zum Mindesturlaub nach dem BUrlG nicht beabsichtigt ist.

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