Für den Arbeitgeber bestehen verschiedene Möglichkeiten, auf einen Streik zu reagieren. Dabei sind insbesondere drei Instrumentarien zu unterscheiden:

  1. Betriebsfortführung
  2. Betriebs(teil)stilllegung
  3. Abwehraussperrung

1. Betriebsfortführung

Bei der Betriebsfortführung wird versucht, den Umfang der Streikteilnahme zu minimieren und den Arbeitsausfall so weit wie möglich zu kompensieren. Der Arbeitgeber kann dabei den Betrieb entsprechend umorganisieren und ggf. ausgefallene Arbeiten an Dritte vergeben oder mit Hilfe arbeitswilliger, erforderlichenfalls neu eingestellter Beschäftigter den Betrieb wenigstens teilweise aufrecht erhalten[1].

Soweit eine Weiterbeschäftigung während des Streiks nicht möglich oder nicht zumutbar ist, braucht der Arbeitgeber jedoch den Betrieb nicht fortzuführen und kann sich gegenüber den arbeitswilligen, aber nicht einsetzbaren Beschäftigten auf den Wegfall seiner Entgeltzahlungspflichten berufen. Die arbeitswilligen Beschäftigten verlieren ihren Entgeltanspruch unmittelbar[2].

Eine arbeitskampfbedingte Unmöglichkeit kann sich einerseits aus betrieblichen Gegebenheiten ergeben.

Beispiele:

  • Fehlen einsatzbereiter Vorgesetzter, ohne die eine Arbeitsleistung nicht möglich und / oder nicht verantwortbar wäre.
  • Mangelnde Zulieferung notwendiger Rohstoffe, fehlende Energiezufuhr.

Andererseits ist Unmöglichkeit gegeben, wenn das Ausbleiben der Arbeitsleistung der streikenden Beschäftigten die anderen Beschäftigten an der Arbeit hindert.

Beispiele:

  • Stillstand von Maschinen
  • Versperrter Zugang zum Betrieb durch Streikposten, ohne dass dem Arbeitgeber ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er dagegen nicht vorgeht[3].

Arbeitskampfbedingte Unzumutbarkeit liegt vor, wenn die Beschäftigung zwar technisch möglich, aber betriebswirtschaftlich sinnlos ist[4].

Die Unzumutbarkeit kann auch darauf beruhen, dass unsicher ist, ob Beschäftigte, die bereits an Streikaktionen teilgenommen haben, sich weiterhin daran beteiligen werden, z. B. beim → Wellenstreik.

[1] BAG, 12.11.1996, 1 AZR 364/96, AP Nr. 147 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAG, 11.7.1995, 1 AZR 63/95, AP Nr. 138 zu Art. 9 GG Arbeitskampf.
[2] BAG, 11.7.1995, 1 AZR 63/95, AP Nr. 138 zu Art. 9 GG Arbeitskampf.
[3] BAG, 11.7.1995, 1 AZR 63/95, AP Nr. 138 zu Art. 9 GG Arbeitskampf.
[4] Vgl. auch Kissel, Arbeitskampfrecht, 2002, § 33, Rn. 70.

2. Betriebs(teil)stilllegung

Der Arbeitgeber ist jedoch auch nicht daran gehindert, sich den gegen ihn gerichteten Streikmaßnahmen zu beugen und den Betrieb/Betriebsteil in genau dem Umfang und genau für die Dauer stillzulegen, die der Streikaufruf vorgibt. Eine Betriebs(teil)stilllegung ist jedoch durch den räumlichen und zeitlichen Umfang des Streikaufrufs beschränkt.

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, einen bestreikten Betrieb oder Betriebsteil so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Er kann ihn vielmehr stilllegen mit der Folge, dass die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert werden und auch die hiervon betroffenen arbeitswilligen Arbeitnehmer ihren Entgeltanspruch verlieren. Ob dem Arbeitgeber die Heranziehung der Arbeitswilligen zur Arbeit möglich und zumutbar gewesen wäre, ist insoweit unerheblich[1].

Die Betriebs(teil)stilllegung kann nur unter folgenden Voraussetzungen erfolgen:

a) Begrenzung durch Streikaufruf

Die Stilllegung ist auf den zeitlichen und räumlichen Rahmen der gegnerischen Kampfmaßnahme beschränkt. Der Arbeitgeber kann seinen Betrieb nur im Umfang und für die Dauer des maßgebenden Streikbeschlusses einstellen[2].

Dies kann eine wichtige Rolle spielen, wenn nur bestimmte Betriebsteile bestreikt werden, der Arbeitgeber jedoch eine weitergehende Stilllegung wünscht. Es ist dabei der konkrete Streikaufruf/Streikbeschluss der Gewerkschaften entscheidend. Nur im Rahmen dieses Beschlusses kann der Arbeitgeber eine Stilllegung des Betriebs vornehmen, da er sich an den Kampfrahmen halten muss. So kann der Arbeitgeber für den Fall, dass z. B. bei einem Nahverkehrsunternehmen die Werkstatt bestreikt wird, nicht den gesamten Betrieb oder z. B. den Busbetrieb stilllegen. Jedoch braucht der Arbeitgeber den Betrieb (z. B. Busbetrieb) nicht fortzuführen und die arbeitswilligen Busfahrer nicht zu beschäftigen und zu entlohnen, wenn die Weiterarbeit aufgrund des Streiks in der Werkstatt nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

b) Erklärung des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber muss erklären, dass er den bestreikten Betrieb oder Betriebsteil nicht aufrechterhalten und die Arbeitsverhältnisse der betroffenen Beschäftigten für die Dauer des Arbeitskampfes suspendieren will. Diese Erklärung muss sich an die betroffenen Beschäftigten richten. Hierfür genügt die Bekanntgabe der Stilllegungsentscheidung in betriebsüblicher Weise. Einer individuellen Benachrichtigung der betroffenen Arbeitnehmer bedarf es nicht.[3]

Eine Erklärung gegenüber der Gewerkschaft ist weder erforderlich noch ausreichend. Die tatsächliche Einstellung der Beschäftigung allein reicht nicht aus. An einer Stilllegungserklärung fehlt es, solange sich der Arbeitgeber nicht festlegt...

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