Das Aufspaltungsverbot ist im letzten Satz der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs.2 BAT mit folgendem Wortlaut geregelt:

"Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden".

Dieser unscheinbare Satz ist von großer praktischer Bedeutung.

Fallen in einen Arbeitsvorgang höher zu bewertende Tätigkeiten, z.B. Arbeiten, für deren Erledigung gründliche und vielseitige Fachkenntnisse angewendet und selbständige Leistungen erbracht werden müssen, so erfüllt der gesamte Arbeitsvorgang diese Anforderungen. Die Erfüllung des zeitlichen Maßes "zur Hälfte", "zu einem Drittel", "zu einem Fünftel" usw. wird also nicht innerhalb eines Arbeitsvorgangs gemessen. Eine solche Verfahrensweise würde gegen das Aufspaltungsverbot verstoßen.[1] Entweder kommt das Tätigkeitsmerkmal z.B. "selbständige Leistungen" in vollem Umfang oder gar nicht vor. Eine teilweise Anerkennung z.B. von "selbständigen Leistungen" ist unzulässig.

 
Praxis-Beispiel

Ein Arbeitsvorgang nimmt 20 % der Gesamtarbeitszeit in Anspruch. Innerhalb des Arbeitsvorgangs sind die Tätigkeitsmerkmale gründliche und vielseitige Fachkenntnisse zu 30 % und selbständige Leistungen zu 20 % erfüllt. Da der Arbeitsvorgang hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden darf, erfüllt der Arbeitsvorgang insgesamt die Tätigkeitsmerkmale "gründliche und vielseitige Fachkenntnisse" sowie "selbständige Leistungen".

Besondere Bedeutung kommt dem Aufspaltungsverbot bei Tätigkeitsfeldern zu, deren tarifliche Bewertung in den Bereichen der Vergütungsgruppen VII, VIb und Vc des Allgemeinen Teils der Anlage 1a anzusiedeln ist. Denn hier ist entscheidend für das Bewertungsergebnis, der zeitliche Anteil der selbständigen Leistungen. So wäre es z.B. möglich, dass ein Arbeitsvorgang mit einem Anteil von 52 % der Gesamtarbeitszeit zu 10 % selbständige Leistungen aufweist mit der Folge einer Eingruppierung in VergGr. Vc, Fgr. 1a. Während ein Angestellter in mehreren kleineren Arbeitsvorgängen und einem Anteil von 30 % selbständigen Leistungen lediglich in VergGr. VIb, Fgr. 1a eingeruppiert wäre.

Beachten Sie: Ein Tätigkeitsmerkmal wird bei der Bewertung nur berücksichtigt, wenn es "in rechtlich erheblichem Maße "[2] vorliegt. Daher würde z.B. ein Arbeitsvorgang mit einem Anteil an der Gesamtarbeitszeit von 52 %, in den auch selbständige Leistungen von 1 % fallen, das Tätigkeitsmerkmal "selbständigeLeistungen" insgesamt nicht aufweisen. Allerdings hat das BAG eine genauere Festlegung eines Prozentsatzes der Arbeitszeit, ab wann ein Tätigkeitsmerkmal "in rechtlich erheblichem Maße" vorliegt, abgelehnt. Nach Auffassung des BAG handelt es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung den Tatsachengerichten ein Beurteilungsspielraum zukommt. Das Vorliegen des Tätigkeitsmerkmals "selbständige Leistungen" hat es jedoch bejaht in folgenden Fällen:

  • 7 % selbständige Leistungen bei einem Arbeitsvorgang mit einem zeitlichen Anteil von 35 % an der Gesamtarbeitszeit[3]
  • 13 % selbständige Leistungen bei einem Arbeitsvorgang mit einem zeitlichen Anteil von 51 % an der Gesamtarbeitszeit[4]
[1] BAG, Urt. v. 19.03.1986 – 4 AZR 642/84 – AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (unter Aufgabe der bisherigen gegenteiligen Rechtsprechung).
[2] BAG , Urt.v. 20.10.1993 – 4 AZR 45/93 - AP Nr. 172 , BAG, Urt.v. 18.05.1994 – 4 AZR 641/93 – AP Nr. 178, BAG, Urt. v. 22.03.1995 – 4 AZR 1105/94 – AP Nr. 193 jeweils zu §§ 22, 23 BAT 1975.
[4] BAG, Urt. v. 22.03.1995 – 4 AZR 1105/94.

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