In der Praxis werden häufig Anträge auf Höhergruppierung unter Hinweis auf bestimmte Kriterien gestellt wie z.B. Eingruppierung eines vergleichbaren Beamten oder Eingruppierungspraxis anderer öffentlicher Arbeitgeber. Es ist deshalb wichtig zu wissen, dass für die Prüfung der Frage, welchen Tätigkeitsmerkmalen die vom Angestellten auszuübende Tätigkeit zuzuordnen ist, folgende Gesichtspunkte unerheblich sind:

2.5.1 Qualität und Quantität der geleisteten Arbeit

Die Qualität und Quantität der geleisteten Arbeit ist unerheblich. Maßgebend für die Eingruppierung ist nicht die "ausgeübte", sondern die "auszuübende" Tätigkeit. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Angestellte den Anforderungen gewachsen ist oder nicht. Dies fällt in den Bereich des Arbeitgeberrisikos. So hat das BAG bereits im Urteil vom 28.05.1968[1] entschieden, dass eine Schlechtleistung des Angestellten zwar u.U. eine Kündigung rechtfertigen kann, die Zugehörigkeit zu einer Vergütungsgruppe, deren Tätigkeitsmerkmalen die vom Angestellten auszuübende Tätigkeit entspricht, jedoch nicht berührt.

Im Umkehrfall kann der Arbeitgeber auch die besondere Leistung eines Arbeitnehmers bzw. die besonders rasche Erledigung von Aufgaben nicht durch eine Höhergruppierung belohnen.

 
Praxis-Tipp

Im Tarifvertrag für Angestellte im Schreibdienst Teil II N Unterabschnitt I des Bundes und der Länder besteht nach Protokollnotiz Nr. 4 und Nr. 7 die Möglichkeit, Angestellten, die sich durch herausragende Leistungen und besondere Zuverlässigkeit auszeichnen, eine widerrufliche Zulage bis zum Dreifachen des Unterschiedsbetrages zwischen den Grundvergütungen der ersten und der zweiten Lebensaltersstufe der Vergütungsgruppe VIII bzw. VII zu gewähren.

In anderen Fällen kann der Arbeitgeber besondere Leistungen dadurch honorieren, dass dem Angestellten höherwertige Tätigkeiten übertragen werden oder ihm eine übertarifliche Zulage gewährt wird. Beachten Sie jedoch, dass übertarifliche Leistungen im Bund-/Länderbereich nicht und im Bereich VkA nur nach Maßgabe der VkA-Richtlinien zulässig sind.[2]

[1] BAG, Urt. v. 28.05.1968 – 4 AZR 531/68.
[2] Vgl. hierzu "Leistungszulage ".

2.5.2 Einarbeitungszeit, Probezeit

Ein besonderes Ärgernis in der gängigen Tarifpraxis ist der Umstand, dass ein Angestellter während eines längeren Zeitraums nach der Einstellung eine niedrigere Vergütung erhält als tariflich gerechtfertigt wäre. Die personalbearbeitenden Stellen rechtfertigen diese Praxis mit dem Hinweis darauf, dass der Angestellte den Anforderungen des neuen Aufgabenfeldes während der Dauer der Einarbeitungszeit oder Probezeit nicht oder nur eingeschränkt genügen könne. Da er die ihm zugewiesene Tätigkeit nicht in vollem Umfang ausüben könne, erfülle er auch nicht in vollem Umfang die tariflichen Anforderungen des Arbeitsplatzes. Des Weiteren seien noch Hilfestellungen durch Kollegen und häufiges Nachfragen beim Vorgesetzten erforderlich. Daher könne in dieser Zeit noch nicht die volle Vergütung bezahlt werden.

Diese Argumentation ist tarifrechtlich nicht haltbar, da nach dem Grundsatz der Tarifautomatik der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert ist, deren Tätigkeitsmerkmale die gesamte, von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht (§ 22 Abs. 2 Unterabs.1 BAT). Es kommt also nicht auf die ausgeübte, sondern auf die auszuübende Tätigkeit an.

Das Hessische LAG führt zu diesem Problemkreis zutreffend aus:

"Für die Eingruppierung nach einem durch Tätigkeitsmerkmale bestimmten Vergütungsgruppensystem kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob und wie der betreffende Arbeitnehmer, der eine an Tätigkeitsmerkmalen zwecks Zuordnung zu den Gruppen eines Vergütungsgruppensystems zu messende Tätigkeit ausübt, diese Tätigkeit nach seinen persönlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten qualitativ bewältigt und den Anforderungen des Arbeitsplatzes hinsichtlich der Erfüllung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale in der Bewältigung dieser Tätigkeit persönlich genügt. Bei der Eingruppierung geht es um die tarifgerechte Bewertung des Arbeitsplatzes mit seinen spezifischen Anforderungen, d.h. um den Akt der Rechtsanwendung, welchen Tätigkeitsmerkmalen die vom Arbeitnehmer zu verrichtende Tätigkeit entspricht und welche Vergütungsgruppe dem entsprechend für die Vergütung maßgebend ist."[1]

Auch das BAG hat sich mehrfach mit der tarifwidrig geforderten Einarbeitungszeit und Probezeit auseinander gesetzt:

"Entgegen der Meinung der Revision durfte das LAG bei der Bewertung der Tätigkeit des Klägers die Behauptung des Beklagten unberücksichtigt lassen, der Kläger habe sich erst einarbeiten müssen und habe sich nicht bewährt ...

... falls er den an ihn gestellten Anforderungen nicht voll entsprochen hat, konnte das eine Kündigung mit oder ohne Angebot einer geringerwertigen Weiterbeschäftigung, nicht aber eine niedrigere Einstufung rechtfertigen."[2]

 
Praxis-Tipp

Die personalbearbeitende Stelle kann jedoch dem Angestellten während der Probezeit ausdrücklich höherwertige Tätigkeiten in einem geringeren Umfang oder Aufgaben zuordnen, deren Tätigkeitsmerkmale einer niedrigeren Vergütung...

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