Die Vergütungsordnung mit den Anlagen 1a und 1b enthält unterschiedliche, in ihrer Wertigkeit abgestufte unbestimmte Tätigkeitsmerkmale, die im Einzelfall auszufüllen sind. Diese unbestimmten Rechtsbegriffe sind solche, deren Inhalt nicht durch einen feststehenden Sachverhalt bestimmt wird, sondern bei deren Anwendung auf den Einzelfall eine Fixierung erforderlich ist, die entweder im Bereich des tatsächlichen (z.B. bei dem Begriff "Dunkelheit") oder im Bereich des rechtlichen liegen kann (z.B. bei den Begriffen wie "gute Sitten", "Treu und Glauben" usw.).

Unter die letzte Kategorie fallen auch die zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffe der Vergütungsordnung zum BAT. Unbestimmte Rechtsbegriffe in den normativen Teilen von Tarifverträgen erfordern einen Beurteilungsspielraum zum Zwecke der Subsumtion des Einzelfalls unter den jeweiligen unbestimmten Rechtsbegriff.[1] Die Auslegung des normativen Teiles eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Ist der Tarifwortlaut nicht eindeutig, ist der Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er seinen Niederschlag in den tariflichen Normen gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, aus dem sich Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien ergeben. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt.[2] Als weiterer Anhaltspunkt für die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe kann

  • die im Bereich des Arbeitgebers bestehende Übung,
  • die Anschauung der beteiligten Berufskreise auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite
  • die Einschätzung im Wirtschaftsleben

dienen.[3]

Bei verschiedenen Tätigkeitsmerkmalen mit unbestimmten Rechtsbegriffen werden durch die Tarifvertragsparteien durch Klammerzusätze oder durch Protokollnotizen (im Bereich Bund/Länder) und Protokollerklärungen (im Bereich VkA) Tätigkeitsbeispiele aufgenommen. Damit haben die Tarifvertragsparteien die Subsumtion von bestimmten Tätigkeiten unter die unbestimmten Rechtsbegriffe vorgenommen. Werden beispielhaft entsprechende Tätigkeiten beschrieben, die von Angestellten ausgeübt werden, entfällt die Prüfung, ob die Anforderungen des unbestimmten Rechtsbegriffs erfüllt sind. Durch die Tätigkeitsbeispiele legen die Tarifvertragsparteien grundsätzlich fest, dass diese Tätigkeiten den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der betreffenden Beschäftigungs- oder Vergütungsgruppe entsprechen. Mit den Tätigkeitsbeispielen wird zum Ausdruck gebracht, dass die genannten Beispielstätigkeiten die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale erfüllen.[4] Sind daneben weitergehende Anforderungen – z.B. in der Person des Angestellten – zu erfüllen, ist dies gesondert zu prüfen. Bei nicht im Beispielskatalog genannten Aufgaben muss es sich um Tätigkeiten handeln, die den in der Tarifnorm aufgeführten vergleichbar sind und insbesondere bei ihrer Erledigung einen gleichwertigen Schwierigkeitsgrad erfordern.[5]

 
Praxis-Beispiel

Ist ein Angestellter in einem Bauamt mit 55 % seiner Tätigkeit mit der örtlichen Leitung schwieriger Bauten und Bauabschnitten sowie deren Abrechnung befasst, erfüllt er grundsätzlich die Voraussetzungen zur Eingruppierung nach Vergütungsgruppe IVa BAT, Fallgruppe 1, Tarifmerkmale für Fachhochschul-Ingenieure, VkA, da die Tarifvertragsparteien in den Protokollerklärungen Nr. 8 entsprechende Tätigkeiten als "besondere Leistungen" definiert haben.

Soweit dieser Angestellte nicht über eine Ausbildung als Fachhochschul-Ingenieur entsprechend Nr. 2 der Bemerkung zu allen Vergütungsgruppen (VkA) verfügt, sind daneben die persönlichen Voraussetzungen als "sonstiger Angestellter"[6] zu prüfen.

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