Entscheidungsstichwort (Thema)

Klarstellung des Titels „Dipl.Ing” durch Zusatz „FH”

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitnehmer hat aufgrund des verfassungsrechtlich geprägten allgemeinen Persönlichkeitsschutzes einen Anspruch darauf, daß der Arbeitgeber den vom Arbeitnehmer erworbenen akademischen Grad im Geschäftsverkehr nach außen in seiner konkreten Ausgestaltung korrekt verwendet.

2. Wenn dem Absolventen einer Fachhochschule der Titel „Diplom-Ingenieur, Dipl.Ing” verliehen worden ist, bedeutet es einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber diesem Titel den Zusatz „FH” hinzufügt.

3. Diese Hinzufügung kann aber dann durch schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein, wenn der Zusatz zur Klarstellung der praxisbezogenen Ausbildung und im Hinblick auf eine einheitliche Handhabung im Betrieb des Arbeitgebers erforderlich ist.

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 01.10.1981; Aktenzeichen 11 Sa 64/81)

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 24.03.1981; Aktenzeichen 15 Ca 537/80)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte berechtigt ist, im geschäftlichen Bereich dem akademischen Grad des Klägers „Diplom-Ingenieur” den Zusatz „(FH)” als Hinweis auf das Fachhochschulstudium des Klägers hinzuzufügen.

Der Beklagte ist eine in der Rechtsform des eingetragenen Vereins organisierte Vereinigung zur Überwachung von Kraftfahrzeugen. Er ist im gesamten Bundesgebiet tätig und beschäftigt etwa 80 Diplom-Ingenieure, die an Technischen Universitäten oder Technischen Hochschulen ihren akademischen Grad erworben haben, etwa 70 Diplom-Ingenieure, die eine Fachhochschule absolviert haben und etwa 830 weitere graduierte Ingenieure.

Der Kläger, der im technischen Dienst der Flensburger Niederlassung des Beklagten angestellt ist, hat am 10. Juli 1974 an der Fachhochschule in Flensburg die Abschlußprüfung im Bereich Maschinenbau bestanden. Das berechtigte ihn, die Bezeichnung „Ing. grad.” zu führen. Im Rahmen der Harmonisierung der Berufsbezeichnungen im Bereich der Europäischen Gemeinschaft eröffneten die Bundesländer in ihren Hochschulgesetzen den graduierten Ingenieuren die Möglichkeit, sich auf Antrag nachdiplomieren zu lassen. Eine am 11. Januar 1980 bekannt gemachte Satzung der Fachhochschule Flensburg sah vor, daß den Absolventen dieser Fachhochschule auf Antrag der Hochschulgrad „Diplom-Ingenieur”, abgekürzt „Dipl. Ing.” verliehen werden könne. Nach § 87 Abs.1 Satz 1 Hochschulgesetz Schleswig-Holstein ist auf Antrag des Absolventen der Diplomgrad mit einem Zusatz zu versehen, aus dem hervorgeht, daß der akademische Grad aufgrund eines erfolgreich absolvierten Fachhochschulstudiums verliehen wurde. Dem Kläger wurde auf Antrag mit Urkunde vom 1. April 1980 die Berechtigung verliehen, den Hochschulgrad „Diplom-Ingenieur”; „Dipl.-Ing.” zu führen. Einen Antrag auf Anfügung des den Fachhochschulstudiengang kennzeichnenden Zusatzes hat der Kläger nicht gestellt.

Der Beklagte führt den Kläger in der Personalakte, in dem Firmenausweis, auf den Visitenkarten und in den Firmenstempeln als Diplom-Ingenieur (FH). Der Zusatz (FH) erscheint auch in den an die Kunden verschickten EDV-Ausdrucken und den ausgehenden Gutachten.

Mit der Klage hat der Kläger die Entfernung des Zusatzes „(FH)” und die Unterlassung begehrt, ihn im geschäftlichen und privaten Verkehr schriftlich, mündlich oder in sonstiger Weise als Diplom-Ingenieur mit dem Zusatz „(FH)” zu bezeichnen. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei aufgrund seiner Fürsorgepflicht zur korrekten Verwendung des dem Kläger verliehenen Hochschulgrades verpflichtet. Dieser laute ”Diplom-Ingenieur”, und zwar ohne den Zusatz „(FH)”. Der Beklagte habe zu respektieren, daß die Diplome nach dem Hochschulrecht des Landes Schleswig-Holstein im Gegensatz zu dem anderer Bundesländer nicht von Amts wegen mit dem Zusatz „(FH)” versehen werden. Dem Beklagten stehe auch kein rechtlich schützenswertes Interesse zu, dem akademischen Titel des Klägers den Zusatz „(FH)” beizufügen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. den Beklagten unter Androhung von Zwangsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Zwangshaft zu verurteilen, die über den Kläger geführte Personalakte, den Firmenausweis des Klägers, die von ihm mit dem Namen des Klägers hergestellten Visitenkarten und Firmenstempel dahin zu ändern, daß der Kläger dort mit der Bezeichnung Diplom-Ingenieur, Dipl.-Ing. geführt wird ohne den Zusatz „(FH)”;
  2. den Beklagten unter Androhung eines Ordnungsgeldes von DM 1.000,– für jeden Fall der Zuwiderhandlung und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu verurteilen, es zu unterlassen, den Kläger im geschäftlichen und privaten Verkehr schriftlich, mündlich oder in sonstiger Weise als Diplom-Ingenieur mit dem Zusatz „(FH)” zu bezeichnen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der Zusatz „(FH)” zu dem akademischen Grad des Klägers sei weder fehlerhaft noch entstellend; er sei vielmehr geeignet, Auskunft darüber zu geben, an welcher Hochschule der Kläger seinen akademischen Grad erworben habe. Der Beklagte habe ein berechtigtes Interesse daran, im Geschäftsverkehr zu verdeutlichen, welche Qualifikation der jeweilige Mitarbeiter habe. Nachdem die Fachhochschulen nunmehr auch berechtigt seien, den akademischen Grad des Diplom-Ingenieurs zu verleihen, sei eine angemessene Aussage über Art und Umfang der akademischen Ausbildung nur über den Zusatz „(FH)” möglich.

Das Arbeitsgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben und den Beklagten verurteilt, die von ihm über den Kläger geführte Personalakte, den Firmenausweis des Klägers, die Visitenkarten und Firmenstempel so zu verändern, daß der Kläger dort mit der Bezeichnung Diplom-Ingenieur ohne den Zusatz „(FH)” tituliert wird. Es hat den Beklagten ferner verurteilt, es zu unterlassen, den Kläger im geschäftlichen Verkehr schriftlich als Diplom- Ingenieur mit dem Zusatz „(FH)” zu titulieren. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage weiter insoweit abgewiesen, als der Kläger die Veränderung der über ihn geführten Personalakte verlangt hatte. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen.

Mit der Revision will der Beklagte die Klage in vollem Umfang abgewiesen haben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Der Beklagte ist berechtigt, dem akademischen Grad des Klägers „Diplom-Ingenieur” im geschäftlichen Verkehr den Zusatz „(FH)” hinzuzufügen.

I.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß durch die Anfügung des Zusatzes „(FH)” an den erworbenen akademischen Grad das Persönlichkeitsrecht des Klägers beeinträchtigt wird.

1. Der verfassungsrechtlich geprägte, allgemeine Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers erstreckt sich auf die Achtung seines Ansehens und seiner sozialen Geltung (vgl. Wiese, ZfA 1971, 273, 297 m.w.N.). Er umfaßt damit auch den einem Arbeitnehmer verliehenen Titel und den von dem Arbeitnehmer erworbenen akademischen Hochschulgrad in seiner konkreten Ausgestaltung. Zu den akademischen Hochschulgraden gehören die von einer Hochschule verliehenen Titel, Bezeichnungen oder Ehrungen (Thieme, Deutsches Hochschulrecht 1956, 220 ff.). Sie erbringen den Nachweis für ein abgeschlossenes Hochschulstudium und bezeugen zugleich eine besondere wissenschaftliche Leistung und Fähigkeit. Der akademische Hochschulgrad bedeutet daher stets eine Auszeichnung. Sein Besitz kann das Ansehen einer Person besonders im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit begründen und fördern; er kann das Ansehen und die soziale Geltung des Arbeitnehmers nachhaltig beeinflussen.

2. Dem Kläger ist mit Urkunde vom 1. April 1980 durch die Fachhochschule Flensburg der akademische Grad „Diplom-Ingenieur; Dipl.-Ing.” verliehen worden. Ein erläuternder Zusatz, aus dem die Fachhochschulausbildung des Klägers hervorgeht, ist dem Titel nicht angefügt. Nach der Satzung der Fachhochschule wäre ein die Fachhochschulausbildung kennzeichnender Zusatz nur auf besonderen Antrag des Klägers Bestandteil des ihm verliehenen Titels geworden. Der Kläger hat einen dahingehenden Antrag nicht gestellt.

3. Der Kläger kann sich auch darauf berufen, daß er den Diplom- Titel ohne den Zusatz „(FH)” erworben hat. Die von der Revision geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Verleihung bestehen nicht.

a) § 18 des Hochschulrahmengesetzes (HRG) vom 26. Januar 1976 (BGBl. I S. 185) bestimmt, daß die Hochschule aufgrund der Hochschulprüfung, mit der ein berufsqualifizierender Abschluß erworben wird, den Diplomgrad mit Angabe der Fachrichtung verleiht. Auf Antrag des Absolventen ist der Studiengang anzugeben. Gemäß § 1 HRG sind die Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes auf alle staatlichen Hochschulen, also auch auf die Fachhochschulen, anzuwenden.

Der in dieser bundesrechtlichen Rahmenregelung zum Abdruck kommenden Absicht des Gesetzgebers, unabhängig von der Art der Hochschulausbildung einen einheitlichen Diplomgrad als berufsqualifizierenden Abschluß zu schaffen, haben die Länder allerdings in unterschiedlicher Weise Rechnung getragen. Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Hochschulgesetzes i.d.F. vom 7. November 1978 (GVBl. S. 791/958) wird der Diplomgrad obligatorisch bei Absolventen von Fachhochschulstudiengängen durch den Zusatz „FH” und bei Absolventen universitärer Studiengänge durch den Zusatz „Univ” ergänzt. An den Fachhochschulen in Baden- Württemberg werden die Diplome von Amts wegen mit dem Zusatz „Fachhochschule” bzw. „FH” versehen (§§ 1 und 2 Diplomierungsverordnung/Fachhochschule vom 23. Juni 1981, GBl. S. 313). Entsprechendes sehen § 3 der nunmehr maßgeblichen Verordnung vom 28. Juli 1982 für die Studiengänge Sozialarbeit und Sozialpädagogik in Rheinland-Pfalz (GVBl. S. 289) und die Hochschulprüfungsordnung der Fachhochschule Rheinland-Pfalz vor. Bei der Nachdiplomierung eines graduierten Ingenieurs gilt entsprechendes (vgl. § 94 Abs. 3 und 4 Fachhochschulgesetz Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 1978 (GVBl. 543) sowie die Verordnung vom 13. Juni 1979, GVBl. S. 146). Die Absolventen der Fachhochschulen dieser Länder tragen daher einheitlich den Zusatz „FH” in ihrem Diplom- Titel.

§ 87 Abs. 1 Satz 1 des Hochschulgesetzes Schleswig-Holstein i.d.F. vom 1. März 1979 (GVOBl. S. 123), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Mai 1981 (GVOBl. S. 115) sieht dagegen vor, daß der Diplomgrad mit Angabe der Fachrichtung auf Antrag des Absolventen zusätzlich in einer Form zu verleihen ist, aus der sich ergibt, daß er in einem Studiengang an einer wissenschaftlichen Hochschule oder einer Fachhochschule erworben worden ist. Entsprechendes ist für den Fall der Nachdiplomierung vorgesehen (§ 87 Abs. 1 Hochschulgesetz Schleswig-Holstein). Entsprechend dieser gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage sieht die Satzung der Fachhochschule Flensburg vom 11. Januar 1980 vor, daß nur auf Wunsch des graduierten Ingenieurs der Fachhochschulzusatz an den Diplomgrad angefügt und somit Bestandteil des Diplom-Titels wird.

b) Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluß vom 3. Dezember 1980 einen Verstoß gegen die Grundrechte von Absolventen universitärer Studiengänge durch die entsprechende Diplomierung der Absolventen von Fachhochschulstudiengängen verneint (BVerfGE 55, 261 ff.). In dem Beschluß ist darauf hingewiesen, daß der Diplomgrad des Universitätsabsolventen und seine berufliche Stellung unangetastet blieben. Mit der Vereinheitlichung habe der Gesetzgeber seine ihm zur Berufsregelung zustehende Gestaltungsfreiheit nicht überschritten. Weder Art. 12 GG noch Art. 14 GG seien verletzt; ebenso sei ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG zu verneinen (BVerfGE 54, 261, 269, 273).

Für den Gesetz- und Verordnungsgeber besteht danach auch keine verfassungsrechtliche Verpflichtung, die unterschiedlichen Studiengänge durch eine entsprechende Unterscheidung der Diplomgrade, etwa durch den obligatorischen Fachhochschulzusatz bei Fachhochschulabsolventen, für Dritte erkennbar zum Ausdruck zu bringen. Diese für die Verleihung von Hochschulgraden maßgeblichen Grundsätze gelten entsprechend für die Nachdiplomierung. Eine Verpflichtung zur Kennzeichnung der Fachhochschulausbildung im Diplomgrad besteht nicht (vgl. Krause, BB 1983, 771, 776).

4. Der Beklagte hat den dem Kläger verliehenen Diplom-Titel daher grundsätzlich so zu respektieren, wie er in der Diplom- Urkunde vom 1. April 1980 niedergelegt wurde. Die Anfügung des Zusatzes „(FH)” an den von dem Kläger erworbenen Diplomgrad beeinträchtigt das Persönlichkeitsrecht des Klägers.

5. Bei den in Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis begangenen Verletzungen seines Persönlichkeitsrechts kann der Arbeitnehmer die allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung des Eingriffs in Anspruch nehmen. Er kann daher in entsprechender Anwendung der §§ 12, 862, 1004 BGB bei einem objektiv rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht die Beseitigung einer fortwirkenden Beeinträchtigung verlangen (BAG Urteil vom 21. Februar 1979 - 5 AZR 568/77 - AP Nr. 13 zu § 847 BGB, zu B I 1 der Gründe, mit zustimmender Anmerkung Wiese; MünchKomm/Schwerdtner, BGB, § 12 Rz 296; Wiese, ZfA 1971, 273, 311, jeweils m.w.N.; vgl. BGHZ 14, 163, 173; BGHZ GS 34, 99, 102 m.w.N.). Ihm steht ferner bei einem objektiv rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der gleichfalls in entsprechender Anwendung der §§ 12, 862, 1004 BGB entwickelte vorbeugende Unterlassungsanspruch zu, sofern die Besorgnis künftiger Wiederholung des Eingriffs besteht (vgl. BGHZ 30, 7, 14; BGHZ GS 34, 99, 102).

II.

Das Berufungsgericht ist weiter davon ausgegangen, daß der Beklagte sich nicht darauf berufen könne, ihm stehe ein berechtigtes Interesse daran zu, den Studiengang des Klägers über den indifferent gewordenen Titel des Diplom-Ingenieurs hinaus im Außenverhältnis zu erläutern. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte könne zwar im Einzelfall, etwa wenn ein interessierter Vertragspartner angesichts der uneinheitlichen Verleihung der akademischen Grade innerhalb der Bundesrepublik eine entsprechende Auskunft begehre, als gradverleihende Körperschaft auch die Fachhochschule angeben. Die Verwendung des beanstandeten Grades auf Stempel, Visitenkarten und anderen Geschäftspapieren sei dagegen aus der Wahrnehmung berechtigter Interessen der Beklagten nicht erforderlich.

Dem vermag der Senat nicht zu folgen.

1. Grundsätzlich kann ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch die Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen gerechtfertigt sein. Nach allgemeiner Rechtsauffassung bedarf es zur Konkretisierung des Persönlichkeitsrechtes in besonderem Maße einer Güter- und Interessenabwägung. Denn dem Persönlichkeitsrecht des einen stehen vielfach gleichwertige oder schutzwürdige Interessen und Pflichten anderer entgegen (vgl. BGHZ 13, 334, 338; 24, 72, 80; 36, 77, 82).

Im Falle des Beklagten sind solche schutzwürdigen Interessen gegeben.

a) Trotz der vom Gesetzgeber angestrebten Gemeinsamkeiten in der Ausbildung unterscheiden sich Fachhochschule und wissenschaftliche Hochschule in ihrer jeweiligen Aufgabenstellung und damit in den von ihnen vermittelten Lehrinhalten. Der Absolvent einer Fachhochschule und der eines universitären Studiengangs weisen unterschiedliche Qualifikationen auf. Dies zeigen bereits die differenzierten Zulassungsvoraussetzungen. Für das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule ist herkömmlicherweise die Hochschulreife Zulassungsvoraussetzung. Das Reifezeugnis attestiert dem Schulabgänger, daß er gewissen Mindestanforderungen, die im Hinblick auf das Grundlagenwissen und seine methodischen Fähigkeiten gestellt werden, im Studium zu genügen imstande ist. Für die Zulassung zum Studium an der Fachhochschule genügt der Abschluß einer Fachoberschule oder ein vergleichbarer Abschluß. Dieser berechtigt den Fachhochschulstudenten nicht zur Aufnahme eines Universitätsstudiums; er kann nur nach erfolgreichem Besuch der Fachhochschule, also erst nach einer neuerlichen Qualifikation, zum Weiterstudium an einer Universität zugelassen werden.

b) Die Ausbildung, die den Studenten an Fachhochschulen zuteil wird, unterscheidet sich von der Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule. Während der Schwerpunkt der Ausbildung an Fachhochschulen auf der Vorbereitung für eine bestimmte berufliche Tätigkeit liegt, bei der wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden anzuwenden sind, vermitteln die wissenschaftlichen Hochschulen eine umfassende vertiefte wissenschaftliche Ausbildung, die den Studenten befähigt, einen Beruf seiner Wahl auszuüben. Die Fachhochschulen weisen in ihrem Studienangebot einen engen Bezug zur künftigen Berufspraxis der Studenten auf; sie leisten eine wissenschaftlich-praktische Berufsvorbereitung. Der mehr praxisbezogen ausgebildete Fachhochschulingenieur soll vor allem lernen, ingenieurwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden anzuwenden. Dagegen ist der an der Universität ausgebildete Diplom-Ingenieur in höherem Maße wissenschaftlich-theoretisch ausgebildet und zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung auf dem Gebiet des Ingenieurswesens befähigt (vgl. BVerfGE 54, 261, 270, 271; BVerfGE 64, 323, 355).

c) Aufgrund der damit einhergehenden unterschiedlichen Fachkenntnisse des Absolventen einer wissenschaftlichen Hochschule oder desjenigen einer Fachhochschule hat der Beklagte im Außenverhältnis, also im Verhältnis zu den Auftraggebern der Sachverständigen- und Schätzgutachten, sowie im Rahmen der allgemeinen Kfz-Überwachungstätigkeit ein berechtigtes Interesse daran, die unterschiedliche Ausbildung der bei ihr tätigen Diplom-Ingenieure zu erläutern. Er kann sich hierzu eines allgemein verständlichen Kennzeichens bedienen, das den Ingenieur entweder als Absolventen einer wissenschaftlichen Hochschule oder einer Fachhochschule ausweist.

2. Insoweit erkennt auch das Berufungsgericht ein berechtigtes Interesse des Beklagten an. Es ist jedoch der Auffassung, die ständige unkorrekte Verwendung des akademischen Grades verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Den Belangen des Beklagten könne hinreichend Rechnung getragen werden, wenn er jeweils auf die Frage eines interessierten Vertragspartners Auskunft über den Ausbildungsweg des Klägers erteile.

3. Zu Recht rügt die Revision, daß diese vom Berufungsgericht vorgenommene Interessen- und Güterabwägung nicht frei von Rechtsfehlern ist.

a) Der Beklagte, der neben einer großen Zahl von graduierten Ingenieuren eine Reihe von Diplom-Ingenieuren beschäftigt, die einen unterschiedlichen Ausbildungsweg genommen haben, verwendet den erläuternden Zusatz „(FH)” im Anschluß an den Diplomgrad einheitlich für alle bei ihm tätigen Ingenieure, die eine Fachhochschulausbildung absolviert haben. Er verfolgt damit erkennbar die Absicht nach außen kundzutun, welchen Ausbildungsgang der jeweilige Ingenieur durchlaufen hat und über welche Fachkenntnisse er verfügt. Eine Herabsetzung des Klägers oder auch nur eine Relativierung des von ihm erworbenen Diplom-Titels wird damit nicht bezweckt.

Der Beklagte bedient sich mit diesem erläuternden Zusatz eines Zeichens, das der in den Landeshochschul- und Universitätsgesetzen vorgesehenen Zusatzbezeichnung entspricht und in den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz von Amts wegen dem Diplomgrad des Fachhochschulabsolventen angefügt wird. Form und Inhalt des Zusatzes werden damit dem Anliegen des Beklagten in einer Weise gerecht, die das Interesse des Klägers an einer korrekten Verwendung des ihm erteilten Diplom-Titels nur unwesentlich berührt.

b) Der Beklagte hat als eine überregional tätige Sachverständigen-Organisation ein besonderes Interesse daran, die Diplom-Titel der bei ihm tätigen Ingenieure einheitlich zu gebrauchen. Er hat daher auch zu berücksichtigen, daß die Fachhochschulabsolventen in den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz den von dem Kläger angegriffenen Zusatz als Bestandteil ihres Diplom-Titels tragen müssen. Er hat des weiteren zu beachten, daß die Absolventen der Fachhochschulen in diesen Ländern auch in den Bundesländern für ihn tätig werden, in denen der Fachhochschulzusatz nicht obligatorisch ist, sondern nur auf Antrag dem Diplomgrad angefügt wird. Deren Diplom-Titel aber hat der Beklagte stets mit dem Zusatz „FH” zu versehen; er ist Bestandteil des Diplomgrades. Um seine Absicht, Fachkenntnisse und Ausbildungsgang des jeweiligen Diplom-Ingenieurs nach außen hin bekannt zu machen, ist der Beklagte daher gehalten, den Fachhochschulzusatz als Erläuterung dem Diplomgrad des Klägers anzufügen.

Die Regelung in den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz verwehrt es dem Beklagten auch, die besondere wissenschaftliche Befähigung der bei ihm tätigen Absolventen universitärer Studiengänge in anderer Weise für Dritte erkennbar herauszustellen. Denn ohne diese Regelungen wäre daran zu denken, daß unter strikter Beachtung des dem Kläger erteilten Diplomgrades der Titel der Diplom-Ingenieure, die eine wissenschaftliche Hochschule absolviert haben, mit dem anerkennenden Zusatz „TU” bzw. „TH” versehen wird. Da der Beklagte aber daran interessiert sein muß, eine verwirrende Titelvielfalt der bei ihm tätigen Sachverständigen zu vermeiden, kann er sich zur Klarstellung des Ausbildungsganges nur des Zusatzes „(FH)” hinsichtlich der an der Fachhochschule ausgebildeten Diplom-Ingenieure bedienen, bei denen der Zusatz nicht bereits Bestandteil des Titels ist.

c) Dem schutzwürdigen Anliegen des Beklagten genügt es nicht, wenn er auf Anfragen Dritter die Fachhochschulausbildung des Klägers offenbart. Für die Frage, welchem Kreis der Sachverständigen ein Auftrag erteilt wird und ob dieser Auftrag an den Beklagten oder eine andere Sachverständigen-Organisation geht, kann es für den Interessenten von erheblicher Bedeutung sein, vor Auftragserteilung zu wissen, über welche Fachkenntnisse die bei dem Beklagten tätigen Ingenieure verfügen. Auch bei der Heranziehung als Gerichtssachverständiger ist es von Vorteil, wenn nicht gar zwingende Voraussetzung, wenn dem Richter und den am Verfahren beteiligten Parteien die wissenschaftliche Ausbildung des auszuwählenden Sachverständigen von vornherein bekannt ist.

4. Nach alledem ist davon auszugehen, daß der Beklagte sein schutzwürdiges Interesse an der Erläuterung der vom Kläger absolvierten Ausbildung nur nachkommen kann, indem er in seinem geschäftlichen Verkehr nach außen hin zu dem Diplomgrad des Klägers den erläuternden Zusatz „(FH)” anfügt. Dieser Zusatz in den Schriftstücken, Visitenkarten und Firmenstempeln des Beklagten beeinträchtigt zwar das Persönlichkeitsrecht des Klägers auf korrekte Verwendung des ihm verliehenen Diplomgrades, es ist jedoch durch die Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen des Beklagten gerechtfertigt.

III.

Da das Berufungsgericht es dem Beklagten somit zu Unrecht untersagt hat, den akademischen Grad des Klägers mit dem Zusatz „(FH)” zu zitieren und in dieser Form in Zukunft zu verwenden, ist das Urteil insoweit aufzuheben und unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Thomas, Michels-Holl, Schneider, Liebsch, Halberstadt

 

Fundstellen

BAGE 45, 111-121 (LT1-3)

BAGE, 111

DB 1984, 1783-1784 (LT1-3)

NJW 1985, 222

ARST 1984, 145-146 (LT1-3)

BlStSozArbR 1984, 293-293 (T)

JR 1985, 352

NZA 1984, 225-226 (LT1-3)

AP, Persönlichkeitsrecht

AR-Blattei, ES 1260 Nr 1 (LT1-3)

AR-Blattei, Persönlichkeitsrecht Entsch 1 (LT1-3)

ArbuR 1984, 252

MDR 1984, 873-874 (LT1-3)

ZfA 1985, 579-579 (T)

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