Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante. Einstiegsgeldanspruch. keine Förderungsfähigkeit mangels Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

 

Orientierungssatz

Die Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante (§ 16d S 1 SGB 2 aF) stellt keine nach § 16b Abs 1 S 1 SGB 2 aF mit Einstiegsgeld förderungsfähige Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dar.

 

Normenkette

SGB 2 § 16b Abs. 1 S. 1, § 16d S. 1, § 2 Abs. 1 S. 3, § 16d Abs. 5

 

Verfahrensgang

LSG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 04.07.2019; Aktenzeichen L 14 AS 344/14)

SG Neubrandenburg (Urteil vom 06.05.2014; Aktenzeichen S 12 AS 1916/10)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Einstiegsgeld für die Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit in der sog Entgeltvariante.

Die 1957 geborene Klägerin bezog seit dem Jahr 2005 mit kürzeren Unterbrechungen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Vom 1.3.2010 bis 28.2.2011 war sie bei dem A in P tätig. Diese Tätigkeit wurde als Arbeitsgelegenheit in der sog Entgeltvariante nach § 16d SGB II in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung durch Übernahme des Arbeitsentgelts gefördert.

Den am 24.2.2010 gestellten Antrag der Klägerin auf Einstiegsgeld lehnte der Beklagte ab, da Einstiegsgeld die Aufnahme einer (sozial-)versicherungspflichtigen Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt voraussetze, die aufgenommene Tätigkeit jedoch in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei sei (Bescheid vom 24.3.2010; Widerspruchsbescheid vom 2.9.2010).

Das SG hat den Beklagten unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide zur Neubescheidung verpflichtet (Urteil vom 6.5.2014). Es sei rechtsirrig, dass Beschäftigungsverhältnisse nur dann mit Einstiegsgeld gefördert werden könnten, wenn sie in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig seien.

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.7.2019). Die Bewilligung von Einstiegsgeld setze die Aufnahme einer in der gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung voraus. Die von der Klägerin aufgenommene Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante sei jedoch nach § 27 Abs 3 Nr 5 b) SGB III aF in der Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei. Außerdem setze die Gewährung von Einstiegsgeld die Aufnahme einer Tätigkeit auf dem ersten oder allgemeinen Arbeitsmarkt voraus, was bei der hier aufgenommenen Arbeitsgelegenheit nicht der Fall sei.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II in der vom 1.1.2009 bis 31.3.2011 gültigen Fassung. Trotz der Versicherungsfreiheit der Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante in der Arbeitslosenversicherung sei die Beschäftigung sozialversicherungspflichtig. Für die ausschließliche Förderungsfähigkeit von in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigungen fänden sich keine Anhaltspunkte. Dem Wortlaut von § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II sei zudem nicht zu entnehmen, dass die Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt direkt erfolgen müsse. Vielmehr könne die Förderung einer Beschäftigung erforderlich sein, um den Betroffenen im Sinne eines Zwischenschrittes in den allgemeinen Arbeitsmarkt mittelbar einzugliedern. Es sei schließlich fraglich, ob Arbeitsgelegenheiten stets dem zweiten Arbeitsmarkt zuzuordnen seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Juli 2019 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 6. Mai 2014 zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat konnte die Streitsache verhandeln und entscheiden, ohne dass die Klägerin im Termin vertreten war, denn sie ist mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden. Ihre zulässige Revision ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zu Recht das der Klage stattgebende Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bescheid über die Ablehnung von Einstiegsgeld für die Aufnahme einer Arbeitsgelegenheit in der sog Entgeltvariante ist rechtmäßig.

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid vom 24.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.9.2010, mit dem der Beklagte den Antrag der Klägerin vom 24.2.2010 auf Einstiegsgeld für ihre am 1.3.2010 aufgenommene Tätigkeit abgelehnt hat. Die Klage ist als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) in Form der Bescheidungsklage statthaft (vgl dazu BSG vom 12.12.2017 - B 11 AL 26/16 R - SozR 4-4300 § 44 Nr 1 RdNr 12). Die Klägerin begehrt keine bestimmte (Geld-)Leistung, sondern allein eine erneute Entscheidung des Beklagten unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Mangels einer Beschränkung des Streitgegenstandes in zeitlicher Hinsicht, ist davon auszugehen, dass der gesamte Beschäftigungszeitraum März 2010 bis Februar 2011 von der Klage umfasst ist. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG war gemäß §§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - worauf der Beklagte mit Schriftsatz vom 11.7.2014 gegenüber dem LSG hingewiesen hat - bereits für den Zeitraum März bis September 2010 einen Betrag von 1077 Euro erreichte.

Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass kein Anspruch auf Neubescheidung besteht.

Rechtsgrundlage für die Leistung von Einstiegsgeld ist § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II in der vom 1.1.2009 bis 31.3.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917; im Folgenden: aF), denn in Rechtsstreitigkeiten über bereits abgeschlossene Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden (vgl nur BSG vom 12.9.2018 - B 4 AS 39/17 R - BSGE 126, 294 = SozR 4-4200 - § 41a Nr 1, RdNr 19, mwN). § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II aF sieht vor, dass erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden kann, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist.

Bei der seitens der Klägerin zum 1.3.2010 aufgenommenen Beschäftigung handelt es sich nach den unangegriffenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) um eine Arbeitsgelegenheit in der sog Entgeltvariante nach § 16d Satz 1 SGB II (ebenfalls in der vom 1.1.2009 bis 31.3.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 ≪BGBl I 2917≫; im Folgenden: aF).

Eine solche Arbeitsgelegenheit, die in dieser offenen Form seit dem 1.4.2012 nicht mehr Gegenstand des SGB II-Förderkatalogs ist (vgl zur Rechtsentwicklung Harks in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 16d RdNr 8, Stand 8. Januar 2021; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16d RdNr 10, Stand Mai 2019), stellt schon aus Gründen der Gesetzessystematik keine mit dem Einstiegsgeld förderungsfähige Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dar. Deshalb kann offenbleiben, ob die Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante überhaupt als Erwerbstätigkeit im Sinne der Vorschrift zu beurteilen ist, die auf Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zielt; ohne Bedeutung ist auch, wie dieser allgemeine Arbeitsmarkt im Einzelnen vom öffentlich geförderten Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB III Zugang haben, abzugrenzen ist (vgl zu diesen Fragen Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr 58, Stand März 2019; Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 16b RdNr 48; Hannes in Gagel, SGB II, § 16b RdNr 50, Stand Februar 2021; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, § 16b RdNr 39, Stand März 2018; Schön/Thie in Münder/Geiger, LPK-SGB II, 7. Aufl 2021, § 16b RdNr 10; Harich in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, § 16b RdNr 11, Stand 1. März 2021; B. Schmidt in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Aufl 2019, § 16b SGB II RdNr 8).

Bereits aus § 2 Abs 1 Satz 3 SGB II folgt, dass eine Arbeitsgelegenheit nicht nach § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II aF mit Einstiegsgeld förderfähig ist. Zwar wird bei einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante nach § 16d Satz 1 SGB II aF durch den Abschluss eines Arbeitsvertrages ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis begründet, das die rechtliche Grundlage für die arbeitsrechtlichen Hauptpflichten der beiden Vertragsparteien ist (vgl Sächsisches LSG vom 4.4.2019 - L 3 AS 351/18 - juris RdNr 52). § 2 Abs 1 Satz 3 SGB II (in der hier anwendbaren bis 31.3.2011 geltenden ursprünglichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ≪BGBl I 2954≫) bestimmt indes ausdrücklich, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige (seit dem 1.4.2012: die leistungsberechtigte Person) eine ihm angebotene zumutbare Arbeitsgelegenheit zu übernehmen hat, wenn eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit nicht möglich ist. Das SGB II unterscheidet demnach - wie sich bereits aus den Gesetzesmaterialien ergibt (vgl BT-Drucks 16/10810 S 46) - grundsätzlich zwischen Arbeitsgelegenheiten einerseits und Erwerbstätigkeiten (auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) andererseits (vgl Harks in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 16d RdNr 19, Stand 8. Januar 2021). Diese systematische Unterscheidung würde unterlaufen, wenn - wie von der Klägerin vertreten - eine Arbeitsgelegenheit zugleich als Erwerbstätigkeit zur Eingliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt iS des § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II aF anzusehen wäre und zu einer (weiteren) Förderung führen könnte.

Gestützt wird dieses Ergebnis durch den Sinn und Zweck des Einstiegsgeldes. Dieser liegt darin, für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit einen finanziellen Anreiz zu schaffen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 46 und 59). Gleichzeitig sollte nach den Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs das Risiko von Mitnahmeeffekten minimiert werden (vgl BT-Drucks 15/1516 S 59). Bei einer Arbeitsgelegenheit, auch in der Entgeltvariante, handelt es sich jedoch um eine seitens des Beklagten "angebotene" Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Satz 3 SGB II und nicht um eine durch aktive Bemühungen des Hilfebedürftigen bzw Leistungsberechtigten zustande gekommene Beschäftigung. In dieser Konstellation könnte das Einstiegsgeld seine angedachte Anreizfunktion von vornherein nur eingeschränkt erfüllen. Eine "Doppelförderung" wäre zudem mit der beabsichtigten Begrenzung von Mitnahmeeffekten kaum vereinbar.

Etwas anderes folgt entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht aus § 16d Abs 5 SGB II. Danach haben Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II, mit denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unmittelbar unterstützt werden kann, Vorrang gegenüber der Zuweisung in Arbeitsgelegenheiten. Zunächst ist diese Vorschrift erst zum 1.4.2012 durch das Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl I 2854) eingeführt worden und damit nach dem hier streitigen Zeitraum. Sie regelt darüber hinaus als spezielle Ausprägung des § 3 Abs 1 Satz 3 SGB II allein die Nachrangigkeit von Arbeitsgelegenheiten gegenüber Eingliederungsleistungen, die eine Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unmittelbar unterstützen (vgl BT-Drucks 17/6277 S 116), mithin das Verhältnis der Arbeitsgelegenheiten zu den genannten Eingliederungsleistungen. Dass auch die Aufnahme einer nachrangigen Arbeitsgelegenheit nach § 16d Satz 1 SGB II durch die Gewährung von Einstiegsgeld zu fördern ist, ergibt sich aus § 16d Abs 5 SGB II nicht.

Die Bewilligung des Einstiegsgeldes ist zudem nach dem Gesetzeswortlaut ("bei Aufnahme") davon abhängig, dass Einstiegsgeld und Aufnahme der Erwerbstätigkeit in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen (vgl BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 16; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr 68, Stand März 2019; Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl 2020, § 16b RdNr 54, Stand 1. März 2020; O. Loose in Hohm, GK-SGB II, § 16b RdNr 30, Stand März 2018; Hannes in Gagel, SGB II, § 16b RdNr 52, Stand Februar 2021). Die Anspruchsvoraussetzungen für das Einstiegsgeld müssen sich unmittelbar auf die konkret beabsichtigte Beschäftigung beziehen. Anders als die Klägerin meint, kommt daher eine Förderung von Tätigkeiten mit dem Einstiegsgeld als "Zwischenschritt" zur Eingliederung in nachfolgende Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von vornherein nicht in Betracht.

Darüber hinaus ist die zusätzliche Förderung einer Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante mit Einstiegsgeld hier auch nicht erforderlich iS von § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II aF gewesen. Im Rahmen dieses gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriffs (vgl BSG vom 5.8.2015 - B 4 AS 46/14 R - SozR 4-4200 § 16b Nr 1 RdNr 18 und 23) ist von Bedeutung, ob die Eingliederung die Erbringung des Einstiegsgeldes - als ultima ratio - bei der Aufnahme der Tätigkeit erfordert (vgl BSG vom 5.8.2015 - B 4 AS 46/14 R - SozR 4-4200 § 16b Nr 1 RdNr 23; BSG vom 11.9.2019 - B 14 AS 129/18 B - RdNr 7). Sie dient der Prüfung, ob die Eingliederung nur durch das Einstiegsgeld gewährleistet werden kann oder ob hierzu Alternativen bestehen (vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16b RdNr 80, Stand März 2019). Bezugspunkt für diese Prognose ist die letzte Verwaltungsentscheidung (vgl BSG vom 5.8.2015 - B 4 AS 46/14 R - SozR 4-4200 § 16b Nr 1 RdNr 19). Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides vom 2.9.2010 hatte die Klägerin die Arbeitsgelegenheit aber bereits angetreten.

Weil der Antrag auf Gewährung von Einstiegsgeld am selben Tag wie die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages und nur wenige Tage vor der Arbeitsaufnahme gestellt wurde, ist schließlich fraglich, allerdings nicht mehr entscheidungserheblich, ob hier der zwischen der Förderung und der Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderliche kausale Zusammenhang besteht. Das BSG hat bereits zum Eingliederungszuschuss nach § 217 SGB III (in der vom 1.1.1998 bis zum 31.12.2003 gültigen Fassung des Gesetzes zur Reform der Arbeitsförderung - Arbeitsförderungs-Reformgesetz - vom 24.3.1997, BGBl I 594, im Folgenden: aF) entschieden, dass ein kausaler Zusammenhang nicht besteht, wenn der Antragsteller auch ohne Förderung eingestellt worden und somit die Eingliederung auch ohne Förderung erfolgt wäre (vgl BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 20/05 R - SozR 4-4300 § 324 Nr 2 RdNr 21). Diese Rechtsprechung ist auf die Prüfung der Voraussetzungen des Einstiegsgeldes zu übertragen (vgl Hannes in Gagel, SGB II, § 16b RdNr 66, Stand Februar 2021, unter Hinweis auf BSG vom 3.4.2008 - B 11b AS 15/07 B). Wäre die Förderung aus der Sicht der Klägerin unabdingbare Voraussetzung für die Aufnahme der Tätigkeit gewesen, hätte es nahegelegen, den Antrag frühzeitig zu stellen (so auch BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 20/05 R - SozR 4-4300 § 324 Nr 2 RdNr 21).

Liegen somit die Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld schon aus anderen Gründen nicht vor, kommt es auf die Frage, ob aufgrund der nach § 27 Abs 3 Nr 5 b) SGB III in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) bestehenden Versicherungsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung schon keine "sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit" vorliegt, wie es § 16b Abs 1 Satz 1 SGB II aF verlangt, nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 14476569

FEVS 2022, 145

NZS 2021, 817

SGb 2021, 305

info-also 2021, 233

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