Verfahrensgang

Hessisches LSG (Urteil vom 28.11.1997; Aktenzeichen L 10 Ar 935/94)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. November 1997 wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Zwischen den Beteiligten streitig ist die Winterbauumlagepflicht der Klägerin für Zeiträume zwischen Juli 1980 und April 1989. Ihre Klage gegen eine entsprechende Umlagepflicht feststellende Bescheide der Beklagten (vom 21. Dezember 1984, 2. April 1985, 30. März 1987 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1988 sowie Bescheid vom 26. Oktober 1989) blieb in erster Instanz erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Frankfurt am Main vom 19. Mai 1994). Mit der Berufung trug die Klägerin – nach dem Tatbestand des Berufungsurteils – im wesentlichen vor, daß das SG auf der Grundlage eines Gutachtens das Überwiegen der Bauleistungen bei der Klägerin auf der Grundlage der Unternehmensumsätze festgestellt habe. Dies sei jedoch nicht richtig; insoweit sei vielmehr auf die Zahl der mit der Erbringung von Bauleistungen beschäftigten Arbeitnehmer und nicht auf den jeweiligen Umsatzanteil abzustellen. Überdies sei sie, die Klägerin, objektiv nicht förderungsfähig. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung mit Urteil vom 28. November 1997 zurückgewiesen: In Übereinstimmung mit dem SG und einem früheren Urteil des LSG für einen früheren Zeitraum gehe der Senat davon aus, daß die Klägerin mit ihrem Betrieb überwiegend Bauleistungen iS des § 75 Abs 1 Nr 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) erbracht habe. Daß dies der Fall sei, ergebe sich aus dem vom SG beigezogenen Gutachten. Die Bauleistungen seien in erster Linie in Form der Vermietung von Baumaschinen auf dem Baumarkt gewerblich angeboten worden. Diese fielen unter die in § 1 Abs 1 Nr 1 Buchstabe z Baubetriebeverordnung aufgeführten Arbeiten.

Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 Grundgesetz ≪GG≫, § 62 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫); das Urteil verstoße zudem gegen die eigene Rechtsprechung des Hessischen LSG in einem Parallelfall sowie gegen die Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Beschwerde ist, soweit zulässig, nicht begründet.

Die zu den Zulassungsgründen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und zu einer Abweichung (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) gegebene Begründung entspricht nicht der in § 160 Abs 2 und § 160a Abs 2 Satz 3 SGG festgelegten gesetzlichen Form.

Nach der ständigen Rechtsprechung erfordert § 160a Abs 2 Satz 3 SGG, daß die Zulassungsgründe schlüssig dargetan werden (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 34, 47, 54, 58; vgl auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 2. Auflage, IX RdNr 177 mwN). Daran fehlt es der Beschwerde.

Nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Sache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdebegründung muß nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt werden. Diese ist gegeben, wenn zu erwarten ist, daß die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestande erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Es muß erläutert werden, daß und warum in dem angestrebten Revisionsverfahren eine genau zu formulierende Rechtsfrage erheblich sein würde, die über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung hat (BSG SozR 1500 § 160a Nr 39). Eine Rechtsfrage, deren Antwort sich bereits aus dem Gesetz ergibt, oder die das vom Revisionsgericht bereits geklärt hat, ist im Regelfall nicht mehr klärungsbedürftig. Deshalb hat der Beschwerdeführer zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtssache vorzutragen, warum das Gesetz oder die bisherige Rechtsprechung die Rechtsfrage nicht lösen oder warum die Rechtsprechung umstritten ist (BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; SozR 1500 § 160a Nr 65).

Eine Abweichung iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann ausreichend dargelegt, wenn erklärt wird, mit welchem genau bestimmten, als entscheidungserheblich erachteten Rechtssatz das angegriffene Urteil von welcher genau bestimmten, nach der erklärten Meinung des Beschwerdeführers die Entscheidung tragenden rechtlichen Aussage des Bundessozialgericht (BSG), Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht (BSG SozR 1500 § 160a Nrn 21, 29, 54), und warum das angefochtene Urteil auf dieser Abweichung beruht.

Diesen Anforderungen entspricht die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nicht. Sie geht weder auf die Frage ein, ob und in welcher Hinsicht höchstrichterliche Rechtsprechung zu der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage vorliegt noch benennt sie ein Urteil des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG, von dem das LSG im Berufungsurteil abgewichen sei.

Soweit mit der Beschwerde ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, ist sie unbegründet.

Dem Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; §§ 62, 128 Abs 2 SGG) entspricht nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG die Verpflichtung des Gerichts, Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind. Es besteht auch keine Verpflichtung, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist deshalb nur anzunehmen, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, daß das Gericht seine Verpflichtung nicht erfüllt hat (so das Senatsurteil vom 27. September 1994, BSGE 75, 72, 94 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Das LSG ist im Tatbestand ausführlich auf die Argumentation der Klägerin eingegangen. Wenn es dennoch der Auffassung der Vorinstanz und dem dem erstinstanzlichen Urteil zugrundeliegenden Gutachten gefolgt ist, so kann hieraus nichts weiter entnommen werden, als daß es die hierin enthaltenen Feststellungen für ausreichend erachtet hat, um die Klage abweisen zu können. Selbst wenn es insoweit von der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht abgewichen sein sollte, liegt hierin kein Grund für die Zulassung der Revision.

Ein solcher ergibt sich schließlich auch nicht aus einer Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 2 SGG, wonach im Urteil die Gründe anzugeben sind, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sein. Insoweit trägt die Klägerin vor, daß das LSG in seinem Urteil nicht dazu Stellung genommen habe, wieso es die von der Klägerin vorgetragene Ansicht ablehne und auf den erzielten Umsatz abstelle. Inwieweit ein Gericht seine Rechtsauffassung in den einzelnen Abschnitten seiner Entscheidung begründen muß, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Für das LSG bestand offensichtlich deshalb kein Anlaß, seine Vorgehensweise näher zu begründen, weil es davon ausging, es befinde sich im Einklang zu seinem Urteil vom 7. Dezember 1987 (L-10/Ar-1072/81) über die Umlagepflicht der Klägerin in den Jahren 1975 bis 1980. Auch insoweit beanstandet die Klägerin in Wirklichkeit die Rechtsansicht des Berufungsgerichts. Möglicherweise ist diese unrichtig. Dies kann aber nicht über den Umweg der Rüge fehlender Entscheidungsgründe zur Zulassung der Revision führen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1175169

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