4.1 Begriff der Rufbereitschaft

Wie der Bereitschaftsdienst wurde auch die Rufbereitschaft durch den 66. Änderungs-TV zum BAT vom 24.4.1991 in § 15 Abs. 6b BAT übernommen. Nach der darin enthaltenen Definition handelt es sich um Rufbereitschaft, wenn sich der Arbeitnehmer an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Dabei soll im Unterschied zum Bereitschaftsdienst erfahrungsgemäß gesichert sein, dass lediglich in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.

4.2 Anordnung der Rufbereitschaft

Hinsichtlich der Zulässigkeit der Anordnung von Rufbereitschaft sind die Ausführungen zum Bereitschaftsdienst unter Berücksichtigung der nachfolgenden Ergänzungen entsprechend heranzuziehen.

In der Wahl seines Aufenthaltsortes ist der Arbeitnehmer allerdings nicht völlig frei. Es darf nur eine solche Zeitspanne zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit liegen, die den Einsatz nicht gefährdet und noch gewährleistet, dass die Arbeit im Bedarfsfall noch aufgenommen werden kann.[1]

Arbeiten, die von vornherein – beispielsweise im Dienstplan – festgelegt sind, sind keine Rufbereitschaftsarbeiten, da sie nicht auf Abruf erfolgen.[2]

 
Praxis-Beispiel

A ist als Krankenpfleger im Funktionsbereich Anästhesie eines Krankenhauses tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anwendung. A wird auch zur Rufbereitschaft herangezogen. Bei Rufbereitschaft hält sich der Mitarbeiter auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einem von ihm selbst gewählten, dem Arbeitgeber anzuzeigenden Ort auf, um bei Abruf die Arbeit kurzfristig aufzunehmen (§ 7 Abs. 3 der Anlage 5 zu den AVR). Der Arbeitgeber hat angeordnet, dass bei Rufbereitschaft die Arbeit innerhalb von 20 Minuten nach Abruf aufgenommen werden müsse. Dies ist erforderlich, um eine ordnungsgemäße Behandlung der Patienten in Notfällen sicherzustellen und Haftungsrisiken auszuschließen. A benötigt ca. 25 bis 30 Minuten, um von seiner Wohnung zum Arbeitsplatz zu gelangen.

A ist nach Auffassung des BAG[3] nicht verpflichtet, die Arbeit innerhalb der vom Arbeitgerber festgesetzten Zeitspanne nach Abruf aufzunehmen. Die Zeitvorgabe von 20 Minuten überschreitet die Grenzen des Direktionsrechts. § 7 AVR räumt dem Arbeitgeber nicht das Recht ein, die Zeit zwischen dem Abruf und der Arbeitsaufnahme im Voraus und für alle Fälle auf eine bestimmte Höchstdauer zu beschränken. Dem Begriff "kurzfristig" in § 7 Abs. 3 der Anlage 5 zu den AVR ist dies nicht zu entnehmen. Eine solche zeitliche Beschränkung liefe dem Wesen der nur bei erfahrungsgemäß geringem Arbeitsanfall zulässigen Rufbereitschaft zuwider. Je nach Sachlage können zwischen Abruf nicht im Betrieb anwesender Arbeitnehmer und Arbeitsaufnahme unterschiedlich lange Zeiten liegen, die alle als "kurzfristig" anzusehen sind. Ist der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen darauf angewiesen, dass der Arbeitnehmer - z.B. in Notfällen - spätestens innerhalb von 20 Minuten die Arbeit aufnimmt, muss er sich der geeigneten, nach den AVR zulässigen Arbeitszeitregelung bedienen. Neben der Rufbereitschaft kommt insbesondere der Schichtdienst oder der Bereitschaftsdienst in Betracht.

Beachten Sie: Dieses Urteil gilt nicht für den Bereich des BAT. Denn nach § 15 Abs. 6 b BAT ist der Angestellte verpflichtet, auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Das Wort "kurzfristig" ist in dieser Bestimmung nicht enthalten. Damit ist hier dem Arbeitgeber eine nähere Konkretisierung des Zeitrahmens zwischen Abruf und Arbeitsaufnahme möglich. Allerdings liegt bei einer Zeitvorgabe von nur 10 Minuten bei einem Krankenwagenfahrer im Rettungsdienst keine Rufbereitschaft, sondern in Wirklichkeit Bereitschaftsdienst vor, da mit dieser Zeitvorgabe zugleich faktisch eine Aufenthaltsbestimmung verbunden ist (BAG, Urt. v. 19.12.1991 - 6 AZR 592/89 für den Bereich des BMT-G II).

Arbeiten, die von vornherein - beispielsweise im Dienstplan - festgelegt sind, sind keine Rufbereitschaftsarbeiten, da sie nicht auf Abruf erfolgen.[4]

Es ist weiter erforderlich, dass sich der Arbeitnehmer außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit befinden muss, um auf Abruf die Arbeit aufnehmen zu können. Beachten Sie deshalb, dass in der Anordnung, im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung der regelmäßigen Arbeitszeit die Arbeit fortzusetzen, grundsätzlich eine Anordnung von Überstunden zu sehen ist. Dies gilt nach BAG selbst dann, wenn der Angestellte im Anschluss dienstplanmäßig Rufbereitschaft hätte.[5]

Der Arbeitgeber darf nur Rufbereitschaft anordnen, wenn erfahrungsgemäß nur in Ausnahmefällen Arbeit anfällt.

 
Praxis-Beispiel

Angestellter bei den Stadtwerken wird an Wochenenden und Feiertagen zur Mitführung eines Funksignal-Empfängers angewiesen.[6]

Für die Beurteilung, ob erfahrungsgemäß nur in Ausnahmefällen Arbeiten anfallen, kann nicht auf einen zeitlichen Prozentsatz an Arbeitsanfall allein abgestellt werden (vgl. dazu z.B. Nr. 6 B 2 SR 2a, wonach schon bei einem Arbeitsanfall von 0 - 10 % Arbeitsleistung Bereitschaftsdienst angeordnet werden kann)...

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