Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung eines Klavierlehrers

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelentscheidung zu BAG Urteil vom 28. September 1994 – 4 AZR 619/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen

 

Normenkette

BGB § 612 Abs. 2; BeschFG 1985 § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 08.06.1993; Aktenzeichen 13 Sa 1413/92 E)

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 31.07.1992; Aktenzeichen 2 Ca 564/91 E)

 

Tenor

Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 8. Juni 1993 – 13 Sa 1413/92 E – aufgehoben und zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der teilzeitbeschäftigte Kläger begehrt aus Gründen der Gleichbehandlung mit vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern eine der VergGr. II a BAT entsprechende Vergütung.

Der am 15. Juni 1958 geborene Kläger verfügt über den Hochschulabschluß für das Lehramt an Gymnasien in den Fächern Musik und Mathematik. Am 23. März 1988 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 1. April 1988, nach dem der Kläger als Hilfslehrkraft mit den Aufgaben einer Lehrkraft für besondere Aufgaben im gehobenen Dienst an der Universität O. im Fachbereich 2 Musik mit der Lehrtätigkeit Klavier beschäftigt wird. Die Parteien vereinbarten eine Arbeitszeit von 17 Semesterwochenstunden als Lehrstunden und legten fest, daß es einer Vor- oder Nachbereitung der Lehrveranstaltungen nicht bedürfe. Der Vertrag sieht eine Vergütung auf der Basis von Semester-Wochenstunden vor. Im übrigen nahmen die Parteien Bezug auf den Runderlaß des Ministers für Wissenschaft und Kunst vom 12. April 1983 (Nds MBl S. 439 – GültL 26/299) in der jeweils geltenden Fassung.

Der Kläger erteilt Studenten des Lehramtes mit dem Fach Musik (Grund- und Hauptschule, Sonderschule, Realschule, Gymnasium, berufsbildende Schule) und Studenten im Magisterstudiengang Musik Klavierunterricht und bereitet diese auf den Prüfungsteil „praktisch-methodische Prüfung” vor. Bei der praktisch-methodischen Prüfung wird die Vorführung unterschiedlicher Musikarten (Kunstmusik und populäre Musik) sowie Improvisieren und Vom-Blatt-Spiel gefordert. Der Kläger ist mit Bezug auf die praktisch-methodische Prüfungen für den Bereich Klavier zum Mitglied des Niedersächsischen Landesprüfungsamtes für Lehrämter bestellt.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 1991 übersandte das beklagte Land dem Kläger den Entwurf eines Änderungsvertrages, der eine Weiterbeschäftigung mit der Vergütung der VergGr. IV a BAT und der Arbeitszeit von 17/24 der vollzeitbeschäftigten Angestellten vorsah. Dieses Angebot nahm der Kläger jedoch nicht an.

Durch Teilvergleich vom 31. Juli 1992 verpflichtete sich das beklagte Land, an den Kläger ab 1. Januar 1989 17/24 der Vergütung nach der VergGr. IV a BAT sowie anteilig Urlaubsgeld und Sonderzuwendung zu zahlen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß die getroffenen Vergütungsvereinbarungen unwirksam seien, da er als Teilzeitbeschäftigter gegenüber den vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligt werde. Hauptamtliche Lehrkräfte würden üblicherweise nach der VergGr. II a BAT bezahlt. Zudem sei eine Lehrkraft in der VergGr. II a BAT bereits dann vollbeschäftigt, wenn sie 16 Semester-Wochenstunden unterrichte.

Er sei mit fünf Lehrkräften gleichzustellen, die er benennt und zu deren Qualifikationen und Tätigkeiten er Ausführungen macht.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an ihn seit dem 1. Januar 1989 Vergütung nach der VergGr. II a BAT zu zahlen mit der Maßgabe, daß die sich aus der Nachzahlung ergebenden Nettobeträge mit 4 % seit Fälligkeit zu verzinsen sind.

Das beklagte Land hat beantragt.

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei nach seinem Arbeitsvertrag ausschließlich mit der Tätigkeit eines Klavierlehrers betraut. Diese Tätigkeit beschränke sich auf die Vermittlung der praktischen Fertigkeiten und Kenntnisse zum Klaviervortrag. Weitergehende Aufgaben, für die ein wissenschaftlicher oder künstlerischer Hochschulabschluß erforderlich sei, habe das beklagte Land dem Kläger nicht übertragen.

Auch sei der Kläger nicht mit den von ihm genannten, höher eingruppierten Lehrkräften vergleichbar. Der von diesen Mitarbeitern erteilte Instrumental- und Gesangsunterricht entspreche angesichts der wissenschaftlichen und künstlerischen Anforderungen nicht dem des Klägers. Darüber hinaus seien diesen Arbeitnehmern auch weitergehende Aufgaben übertragen, was das beklagte Land im einzelnen ausführt. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrage nicht 16 Semester-Wochenstunden, sondern 38,5 Stunden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das arbeitsgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab 1. Januar 1989 17/24 der Vergütung nach der VergGr. II a BAT nebst 4 % Zinsen auf die bis zum Oktober 1991 aufgelaufenen Nettodifferenzbeträge ab dem 15. November 1991 und auf die weiteren monatlichen Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger monatlicher Fälligkeit zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision für beide Parteien zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter mit der Maßgabe, daß 4 % Zinsen auf die bis Oktober 1991 aufgelaufenen Nettodifferenzbeträge ab 15. November 1991 und auf die weiteren monatlichen Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger monatlicher Fälligkeit zu zahlen sind sowie die Zurückweisung der Revision des beklagten Landes. Das beklagte Land begehrt mit seiner Revision die vollständige Abweisung der Klage und die Zurückweisung der Revision des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen der Parteien sind begründet. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT auch nicht teilweise bejaht werden. Ob der Klageanspruch begründet ist, läßt sich indes aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die das Revisionsgericht nach § 561 ZPO binden, noch nicht abschließend beurteilen.

A. Die Klage ist zulässig.

I. Es handelt sich um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (z.B. Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

II. Der Feststellungsantrag ist auch zulässig, soweit er Zinsforderungen zum Gegenstand hat. In Eingruppierungsstreitigkeiten ist ein Feststellungsantrag nach § 256 ZPO nicht nur für die Hauptsache, sondern ebenso für die Zinsforderung zulässig. Das ergibt sich daraus, daß die im Verhältnis zur Hauptschuld akzessorische Zinsforderung auch in prozessualer Beziehung das rechtliche Schicksal der Hauptforderung teilen soll (BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).

B. Das Landesarbeitsgericht hat den auf Vergütung nach VergGr. II a BAT gerichteten Anspruch mit der Begründung teilweise bejaht, die im Arbeitsvertrag vom 23. März 1988 getroffene Vergütungsvereinbarung nach Semester-Wochenstunden sei wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 unwirksam. An die Stelle der unwirksamen Regelung trete ein Anspruch auf die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB. Mit dem Erlaß vom 29. Juni 1990 (Niedersächsisches Ministerialblatt – Nds MBl – S. 882), der die Eingruppierung von Lehrkräften für besondere Aufgaben im Angestelltenverhältnis mit Lehraufgaben des höheren Dienstes mit Wirkung ab 1. Juli 1990 regele, sei durch das Land die übliche Vergütung festgelegt oder eine für die Ausfüllung der Vertragslücke bindende Wertentscheidung getroffen worden, die dem Kläger einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT gebe. Zwar werde der Kläger laut Arbeitsvertrag vom 23. März 1988 als Hilfslehrkraft für besondere Aufgaben im gehobenen Dienst beschäftigt und deshalb der Erlaß vom 12. April 1983 (Nds MBl S. 439) in Bezug genommen, der die Eingruppierung von Angestellten mit Lehraufgaben des gehobenen Dienstes regele. Lehrtätigkeiten des gehobenen Dienstes und solche des höheren Dienstes könnten aber nur nach Qualifikation der Lehrkraft abgegrenzt werden mit der Folge, daß bei abgeschlossenem Hochschulstudium ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT bestehe. Der Kläger verfüge über ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem wissenschaftlichen Studiengang; er habe die Befähigung für das Lehramt an Gymnasien, und zwar auch für das Fach Musik und übe auch eine seiner Ausbildung entsprechende Lehrtätigkeit aus, er gebe Klavierunterricht und habe deshalb Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT. Zugrunde zu legen sei allerdings für eine Vollzeitkraft eine Semester-Wochenstundenverpflichtung von 24 Stunden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Bezahlung als Volltagskraft. Der im Arbeitsvertrag in Bezug genommene Erlaß vom 12. April 1983 gehe von 24 Semester-Wochenstunden als regelmäßige Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten aus. Nach den vertraglichen Vereinbarungen sei deshalb eine 24-stündige Semester-Wochenstundenzahl als Vollzeitbeschäftigung anzusehen. Eine entsprechende Berechnung der Vergütung verstoße nicht gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985.

Diesen Überlegungen vermag der Senat nur teilweise zu folgen.

I. Die im Arbeitsvertrag getroffene Vergütungsabrede auf der Basis Monatsstunden verstößt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wegen der dadurch erfolgten Benachteiligung von Teilzeitkräften gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und ist daher gem. § 134 BGB nichtig (vgl. BAGE 61, 43, 46 = AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985; BAG Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 631/90 – AP Nr. 13 zu § 2 BeschFG 1985, jeweils m.w.N.). An die Stelle der nichtigen Vergütungsvereinbarung tritt die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB), d.h., die anteilmäßige Vergütung, die der Arbeitgeber seinen vollzeitbeschäftigten Lehrkräften gewährt. Abzustellen ist auf die überwiegende Mehrheit der Arbeitnehmer mit der gleichen oder einer vergleichbaren Tätigkeit. Sind einschlägige Tarifverträge vorhanden, so ergibt sich die übliche Vergütung regelmäßig hieraus. Wird jedoch herkömmlicherweise ein übertarifliches Entgelt gezahlt, so bestimmt sich die übliche Vergütung hiernach (vgl. Senatsurteil vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 461/92 – AP Nr. 2 zu § 612 BGB Diskriminierung).

Die durch die nichtige Vergütungsabrede entstandene Regelungslücke ist nicht etwa durch einzelvertragliche Vereinbarung geschlossen worden. Der Kläger hat das Angebot eines Änderungsvertrages abgelehnt, der eine Weiterbeschäftigung mit Vergütung nach VergGr. IV a BAT nach einer Arbeitszeit von 17/24 eines vollbeschäftigten Angestellten vorsah. Der Teilvergleich vom 31. Juli 1992, nach dem das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 1989 17/24 der Vergütung nach der VergGr. IV BAT sowie anteilig Urlaubsgeld und Sonderzuwendung zu zahlen, enthält damit nur eine Teilbereinigung der streitigen Ansprüche. Die Vertragslücke ist sonach nicht durch nachträgliche endgültige vertragliche Vereinbarung geschlossen.

II.1. Die übliche Vergütung für die Tätigkeit des Klägers läßt sich nicht (unmittelbar) der Vergütungsordnung des BAT (Anlage 1 a) entnehmen. Nach Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen des BAT gilt die Vergütungsordnung nicht für Angestellte, die als Lehrkräfte beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist.

2. Nach dem Runderlaß des Niedersächsischen Ministers für Wissenschaft und Kunst vom 29. Juni 1990 (Nds MBl S. 882) zur Eingruppierung von Lehrkräften für besondere Aufgaben im Angestelltenverhältnis mit Lehraufgaben des höheren Dienstes, in Kraft getreten am 1. Juli 1990, sind Lehrkräfte in die Vergütungsgruppe II a BAT einzugruppieren, wenn sie über ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem wissenschaftlichen Studiengang oder an einer künstlerisch-wissenschaftlichen Hochschule verfügen und eine dem Studium entsprechende Lehrtätigkeit ausüben.

a) Der Kläger verfügt über ein abgeschlossenes Hochschulstudium in einem wissenschaftlichen Studiengang. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß der Kläger die Befähigung für das Lehramt an Gymnasien hat, und zwar auch für das Fach Musik.

b) Dem Landesarbeitsgericht kann aber nicht darin gefolgt werden, daß der Kläger auch eine entsprechende Lehrtätigkeit ausübe.

aa) Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts sind Lehrtätigkeiten des gehobenen Dienstes und solche des höheren Dienstes nur nach der Qualifikation der Lehrkraft abzugrenzen. Bei abgeschlossenem Schulstudium bestehe nach dem Erlaß vom 29. Juni 1990 Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT.

Das Landesarbeitsgericht hat sich insoweit auf das Senatsurteil vom 7. November 1990 – 4 AZR 295/90 –, nicht veröffentlicht, berufen, in dem der Senat davon ausgegangen ist, daß Lehrkräfte mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulausbildung den Lehrstoff wissenschaftlich durchdringen müssen und deshalb generell einen erhöhten Zeitaufwand für Vor- und Nachbereitungsarbeiten haben und daß sie wegen ihrer umfassenden Ausbildung vielfältiger einsetzbar sind. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, entsprechend sei für die Abgrenzung zwischen Lehrtätigkeit des gehobenen Dienstes und solcher des höheren Dienstes davon auszugehen, daß je nach Ausbildung ein mehr oder weniger wissenschaftlich aufbereiteter und durchdachter Unterricht stattfinde. Die übertragene Tätigkeit sei bei Lehrkräften mit und ohne wissenschaftliche Qualifikation bei Gesangs- oder Instrumentalunterricht gleich, unterschiedlich sei die nach generellem Maßstab zu erwartende Qualität des Unterrichts. Gerade im Bereich der Lehrkräfte werde deshalb im allgemeinen die Eingruppierung nach erworbener Qualifikation vorgenommen, nicht nach dem Inhalt der unterrichtlichen Tätigkeit. Daraus sei als allgemeiner Grundsatz zu folgern, daß die Abgrenzung zwischen gehobenem Dienst und höherem Dienst für Lehrkräfte entsprechend der Qualifikation vorzunehmen sei, folglich bei abgeschlossenem Hochschulstudium und einer dem Studium entsprechenden Lehrtätigkeit ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. II a BAT bestehe.

bb) Dem Landesarbeitsgericht kann in diesem Ergebnis und der Begründung nicht gefolgt werden.

Das Landesarbeitsgericht hat den Senat mißverstanden. Es hat zwar gesehen, daß die Ausführungen des Senats im Zusammenhang mit der Berechnung der Arbeitszeit einer teilzeitbeschäftigten Lehrkraft auf der Grundlage der Lehrveranstaltungsstunden für eine vollzeitbeschäftigte Lehrkraft stehen. Es hat aber daraus zu Unrecht abgeleitet, daß für die Art der Lehrtätigkeit nur die Qualifikation der Lehrkraft entscheidend ist. Bei wissenschaftlicher Ausbildung ist nicht gesagt, daß mit ihr auch eine entsprechende Lehrtätigkeit einhergeht. Vielmehr hat es dabei zu verbleiben, daß die übertragene Aufgabe einem Hochschulstudium in einem wissenschaftlichen Studiengang oder an einer künstlerisch-wissenschaftlichen Hochschule entsprechen muß. Das ist dann der Fall, wenn die aus der Ausbildung resultierenden Kenntnisse für die Tätigkeit nicht nur nützlich oder erwünscht sind, sondern zur Ausübung dieser Tätigkeit erforderlich oder notwendig sind, die Tätigkeit also einen akademischen Zuschnitt hat (Senatsurteil vom 23. Mai 1979 – 4 AZR 576/77 – AP Nr. 24 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteil vom 24. Oktober 1984 – 4 AZR 518/82 – AP Nr. 97 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

Ob das der Fall ist, kann der Senat nicht entscheiden. Es fehlt insoweit an den tatsächlichen Feststellungen. Dazu, daß die Lehrtätigkeit des Klägers dem von ihm abgeschlossenen Hochschulstudium entspricht, hat das Landesarbeitsgericht – von seinem Rechts Standpunkt aus folgerichtig – keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Fest steht nur, daß der Kläger als Hilfslehrkraft mit den Aufgaben einer Lehrkraft für besondere Aufgaben im gehobenen Dienst mit dem Fach Klavier eingestellt ist und ihr sonst keine Aufgaben übertragen sind. Vor- und Nacharbeiten sind nicht festgestellt. Seine Prüfungstätigkeit bezieht sich nur auf praktisch-methodische Prüfungen. Dagegen besteht durchaus die Möglichkeit, daß die Lehrtätigkeit des Klägers seiner Ausbildung entspricht. Hierzu wird das Landesarbeitsgericht weitere Feststellungen zu treffen haben. Dabei wird es davon auszugehen haben, daß nur dann Vergütung nach VergGr. II a BAT zu zahlen ist, wenn – nach ergänzendem Vortrag der Parteien unter Berücksichtigung der bereits vorgelegten Studienordnung und des Merkblattes für die Prüfung im Unterrichtsfach Musik sowie der Stellungnahme des Prof. Dr. H. vom 8. Mai 1992 – hinreichende Tatsachen dafür gegeben sind, daß der von dem Kläger erteilte Klavierunterricht in Vorbereitung auf die praktisch-methodische Prüfung akademischen Zuschnitt hat und es sich nicht nur um die Vermittlung praktischer Fertigkeiten und Kenntnisse zum Klavierspiel handelt.

3. Der Senat kann auch nicht entscheiden, ob der Kläger Anspruch auf Bezahlung nach der VergGr. II a BAT als übliche Vergütung hat, die über den Erlaß vom 11. April 1986 (Nds MBl S. 424) hinausgeht. Zwar ist im Regelfall die tarifliche Vergütung als übliche Vergütung anzusehen (BAGE 66, 76 = AP Nr. 9 zu § 2 BeschFG 1985; BAG Urteil vom 29. Januar 1992 – 5 AZR 518/90 – AP Nr. 18 zu § 2 BeschFG 1985). Dieser Grundsatz kann aber jedenfalls dann nicht ausnahmslos gelten, wenn Anspruch auf die übliche Vergütung deshalb besteht, weil die ursprüngliche Vergütungsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nichtig ist. Hier kann, wie im vorliegenden Fall, der Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des BeschFG gerade darin bestehen, daß der Arbeitgeber Vollzeitarbeitnehmer übertariflich. Teilzeitarbeitnehmer dagegen tarifgerecht vergütet. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 liefe leer, wenn auch in diesem Fall Rechtsfolge des Verstoßes nach § 612 Abs. 2 BGB nur ein Anspruch auf die tarifliche Vergütung wäre, deren Gewährung gerade gegen das Benachteiligungsverbot verstößt. In solchen Fällen muß, soll nicht § 612 Abs. 2 BGB in Widerspruch zu § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 treten, Richtschnur für die Ermittlung der „üblichen Vergütung” die Vergütung sein, die der Arbeitgeber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten zahlt. Dabei kann es auf die möglicherweise geringe Zahl der vom Arbeitgeber Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht ankommen (Urteil des Senats vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 461/92 – AP Nr. 2 zu § 612 BGB Diskriminierung, zu III 2 b der Gründe). Entsprechendes gilt, wenn eine Vergütung bezahlt wird, die über denjenigen liegt, die in einem einschlägigen Erlaß vorgesehen ist.

Zur Vergleichbarkeit des Klägers mit den von dem beklagten Land möglicherweise über den Erlaß vom 11. April 1986 hinaus vergüteten Vollzeitbeschäftigten hat das Landesarbeitsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen getroffen. Fest steht lediglich, daß die Universität O. über zwei Vollzeitstellen für Instrumentallehrer nach VergGr. II a BAT verfügt, die mit dem Angestellten T. und der Angestellten B. besetzt sind. Ob sie und/oder andere vollzeitbeschäftigte Gesangs- oder Instrumentallehrer, die nach Vortrag des Klägers nach VergGr. II a BAT bezahlt werden, diese Vergütung erlaßgerecht oder als höhere Vergütung beziehen, ist offen. Sonach besteht durchaus die Möglichkeit, daß die Klägerin nach ihrer Tätigkeit und ihren Qualifikationen den Vollzeitbeschäftigten Gesangs- oder Instrumentallehrern vergleichbar ist und daß es keine sachlichen Gründe dafür gibt, diese im Unterschied zur Klägerin über den Erlaß hinaus zu bezahlen.

Hierzu wird das Landesarbeitsgericht weitere Feststellungen treffen müssen. Dabei wird es davon auszugehen haben, daß als sachlicher Grund für eine Besserstellung der Vollzeitbeschäftigten durch höhere Bezahlung nur außerhalb des Bewertungssystems der Erlasse liegende Gesichtspunkte in Betracht kommen können. Dagegen läßt sich eine Bevorzugung von Vollzeitarbeitnehmern gegenüber Teilzeitbeschäftigten durch höhere Vergütung nicht durch Umstände rechtfertigen, die Gegenstand der Regelung durch Erlasse sind und vom Erlaß als nicht ausreichend für eine Eingruppierung nach VergGr. II a BAT angesehen worden sind. So kann es hier keine Bedeutung haben, ob den Vollzeitkräften, die nach VergGr. II a BAT vergütet werden, neben dem Gesangs- oder Instrumentalunterricht weitere Tätigkeiten übertragen wurden, z.B. die Erarbeitung von didaktischen Konzeptionen, künstlerische und wissenschaftliche Begleitung des gesamten instrumentalen und vokalen Unterrichts einschließlich Beratung von Hilfslehrkräften und Studenten, Organisationsaufgaben, wenn diese weiteren Tätigkeiten nicht für das Arbeitsverhältnis prägend sind und damit eine Eingruppierung in VergGr. II a rechtfertigen.

III. Soweit der Kläger sein Klagebegehren auf eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes stützt, kann es hierauf nach dem Vorstehenden nicht mehr ankommen, unabhängig davon, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz im Bereich der Vergütung nur beschränkt anwendbar ist. Wenn nämlich der Kläger mit den Instrumentallehrern Teeling und Beckmann und/oder mit anderen vollzeitbeschäftigten Gesangs- oder Instrumentallehrern vergleichbar ist und sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung nicht bestehen, so ergibt sich der Anspruch schon aus § 612 Abs. 2 BGB. Fehlt es aber an der Vergleichbarkeit, so scheidet ein Rückgriff auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus; liegt ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vor, so verstößt diese nicht gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Urteil des Senats vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 461/92 – AP Nr. 2 zu § 612 BGB Diskriminierung, zu IV der Gründe; vgl. BAG Urteil vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).

IV. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß der – anteilige – Vergütungsanspruch des Klägers auf der Grundlage eines Wochenstundensolls vollzeitbeschäftigter Gesangs- oder Instrumentallehrer von 24 Stunden und nicht, wie der Kläger meint, von 16 Stunden zu berechnen ist.

Das ist unzutreffend.

1. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, der Kläger übe nur eine Tätigkeit im gehobenen Dienst aus, ist die Klage ohnehin unbegründet.

2. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, der Kläger übe eine Tätigkeit im höheren Dienst aus, dann ergibt sich aus § 612 Abs. 2 BGB, daß der Kläger – anteiligen – Vergütungsanspruch auf der Grundlage eines Wochenstundensolls vollzeitbeschäftigter Gesangs- oder Instrumentallehrer von 16 Stunden hat. Denn dann erfüllt er die Voraussetzung der der wissenschaftlichen Ausbildung entsprechenden Tätigkeit. Dann aber muß er auch auf der Grundlage der dieser Tätigkeit entsprechenden Arbeitszeit vergütet werden. Insoweit ist die nach dem Erlaß vom 29. Juni 1990 oder die übertarifliche Vergütung, die auf der Grundlage von 16 Unterrichtsstunden pro Woche zu berechnen ist, als die hier übliche Vergütung anzusehen, die an die Stelle der unter Verstoß gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ursprünglich vereinbarten Vergütung tritt (siehe oben B II 1 und 2).

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Friedrich, Knapp, Wax

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1083546

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