Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegezulagen nach Anlage 1b zum BAT

 

Orientierungssatz

Zum Anspruch auf Zahlung der Zulage für die Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen nach Nr 1 Abs 1 Buchstabe b der Protokollerklärungen der Anlage 1b zum BAT und der Zulage für die Pflege von Patienten in Einheiten der Intensivmedizin nach Nr 1 Abs 1a der Protokollerklärungen.

 

Normenkette

BAT § 33; BAT Anlage 1b

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 05.06.1992; Aktenzeichen 17 Sa 394/92)

ArbG Essen (Entscheidung vom 22.01.1992; Aktenzeichen 4 Ca 2945/91)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Pflegezulagen.

Der Kläger ist als Krankenpfleger in der Rheinischen Landes- und Hochschulklinik des Beklagten in E beschäftigt. Er ist seit 1985 auf der Intensivstation einer geschlossenen bzw. halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilung tätig.

Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft Organisationszugehörigkeit der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen ergänzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Der Kläger ist in VergGr. Kr. V a der Anlage 1 b zum BAT (Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst) eingruppiert.

Der Beklagte zahlte an den Kläger eine Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b zu Abschnitt A der Anlage 1 b zum BAT in Höhe von monatlich 90,-- DM brutto.

Die Protokollerklärungen zur Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst (Anlage 1 b zur Sonderregelung 2 a zum BAT) enthalten in ihrer ab dem 1. Januar 1991 geltenden Fassung zur Zulagenzahlung folgende Bestimmungen:

"Protokollerklärungen:

Nr. 1 (1) Pflegepersonen der Vergütungsgruppen

Kr. I bis Kr. VII, die die Grund- und

Behandlungspflege zeitlich überwiegend

bei

a) an schweren Infektionskrankheiten er-

krankten Patienten (z.B. Tuberkulose--

Patienten), die wegen der Ansteckungs-

gefahr in besonderen Infektionsabtei-

lungen oder Infektionsstationen unter-

gebracht sind,

b) Kranken in geschlossenen oder halbge-

schlossenen (Open-door-system) psychia-

trischen Abteilungen oder Stationen,

c) Kranken in geriatrischen Abteilungen

oder Stationen,

d) gelähmten oder an multipler Sklerose

erkrankten Patienten,

e) Patienten nach Transplantationen inne-

rer Organe oder von Knochenmark,

f) an AIDS (Vollbild) erkrankten Patien-

ten,

g) Patienten, bei denen Chemotherapien

durchgeführt oder die mit Strahlen oder

mit inkorporierten radioaktiven Stoffen

behandelt werden,

ausüben, erhalten für die Dauer dieser

Tätigkeit eine monatliche Zulage von

90,-- DM.

(1 a) Pflegepersonen der Vergütungsgruppe

Kr. I bis Kr. VII, die zeitlich über-

wiegend in Einheiten für Intensivmedi-

zin Patienten pflegen, erhalten für die

Dauer dieser Tätigkeit eine monatliche

Zulage von 90,-- DM1).

(2) Krankenschwestern/Altenpflegerinnen der

Vergütungsgruppen Kr. V a bis Kr. VIII,

die als

a) Stationsschwestern/Gruppenschwestern/-

Stationspflegerinnen oder

b) Krankenschwestern/Altenpflegerinnen in

anderen Tätigkeiten mit unterstellten

Pflegepersonen

eingesetzt sind, erhalten die Zulage

nach Absatz 1 oder 1 a1) ebenfalls,

wenn alle ihnen durch ausdrückliche

Anordnung ständig unterstellten

Pflegepersonen Anspruch auf eine Zulage

nach Absatz 1 oder 1 a1) haben. Die

Zulage steht auch Krankenschwestern/-

Altenpflegerinnen zu, die durch

ausdrückliche Anordnung als ständige

Vertreterinnen einer in Satz 1

genannten Anspruchsberechtigten

bestellt sind.

(3) Pflegepersonen der Vergütungsgruppen

Kr. I bis Kr. VII, welche die Grund-

und Behandlungspflege bei schwerbrand-

verletzten Patienten in Einheiten für

Schwerbrandverletzte, denen durch die

Zentralstelle für die Vermittlung

Schwerbrandverletzter in der Bundesre-

publik Deutschland bei der Behörde für

Arbeit, Gesundheit und Soziales der

Freien und Hansestadt Hamburg Schwer-

brandverletzte vermittelt werden, aus-

üben, erhalten eine Zulage von 10 v.H.

der Stundenvergütung (§ 35 Abs. 3) der

Vergütungsgruppe Kr. V für jede volle

Arbeitsstunde dieser Pflegetätigkeit.

Eine nach Absatz 1, 1 a oder 21) zu-

stehende Zulage vermindert sich um den

Betrag, der in demselben Kalendermonat

nach Satz 1 zusteht."

1)Fassung gem. ÄndTV vom 22.3.1991 mit Wirkung

vom 1.1.1991

Abs. (1 a) ist dabei erst mit Wirkung ab 1. Januar 1991 in die Protokollerklärungen aufgenommen worden.

Der Beklagte zahlte dem Kläger über den 1. Januar 1991 hinaus die monatliche Zulage von 90,-- DM brutto, die in den Gehaltsabrechnungen als "Zulage Anlage 1 b BAT" bezeichnet wurde.

Mit Schreiben vom 18. Mai 1991 forderte der Kläger den Beklagten vergeblich auf, auch für Januar bis Oktober 1991 die "Intensivzulage" zu zahlen.

Mit seiner Klage vom 28. Oktober 1991 macht der Kläger die Nachzahlung dieser Zulage gerichtlich geltend und begehrt die Feststellung, daß für seine Tätigkeit die Zulage für Grund- und Behandlungspflege sowie die Intensivzulage nebeneinander zu zahlen sind. Er ist der Auffassung, ihm stünde sowohl die Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b (Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen) als auch nach Abs. (1 a) (Pflege in Einheiten der Intensivmedizin) zu, da er die Grund- und Behandlungspflege auf der Intensivstation einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung ausübe. Zu den Erschwernissen der Tätigkeit in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung träten die Besonderheiten der Arbeit in einer Intensivstation hinzu. Aus dem Tariftext oder der Tarifsystematik folge nicht, daß nur eine dieser Zulagen zu zahlen sei.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet

ist, ihm monatlich für die Dauer seiner Be-

schäftigung auf der Intensivstation der Rhei-

nischen Landes- und Hochschulklinik sowohl

die Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1

Abs. 1 Unterabschnitt b als auch nach Abs.

(1 a) der Anlage 1 b zum BAT zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn

900,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem

5. November 1991 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er meint, der Kläger könne die Intensivpflegezulage nicht neben der Zulage für Grund- und Behandlungspflege verlangen, weil diese beiden Zulagen einander ausschlössen. Pflegepersonal könne zeitlich überwiegend nur entweder in der Grund- und Behandlungspflege oder in der Intensivpflege tätig sein.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der klagestattgebenden Entscheidung des Arbeitsgerichts, während der Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückweisung der Berufung des Beklagten. Dem Kläger stehen die mit der Klage begehrten Zulagen nebeneinander zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Klageabweisung ausgeführt, der Kläger könne neben der seit Januar 1991 gezahlten Intensivpflegezulage von monatlich 90,-- DM brutto die Zulage für Grund- und Behandlungspflege nicht beanspruchen, weil diese Zulage nach dem Sinn und Gesamtzusammenhang der tariflichen Bestimmungen die pflegerische Tätigkeit in einer "Allgemeinstation" voraussetze. Bei der Behandlung eines Patienten in einer Einheit der Intensivmedizin träten die erhöhten Belastungen des Pflegepersonals durch die in Nr. 1 Abs. 1 Buchst. a bis g bezeichneten Umstände zurück. Daß Allgemein- und Intensivpflege nach dem Willen der Tarifvertragsparteien ein Gegensatzpaar seien, folge auch daraus, daß die Regelung zur Intensivpflegezulage nicht als Unterfall in Abs. 1 der Protokollerklärung Nr. 1 aufgenommen, sondern als eigener Absatz (1 a) angefügt worden sei. Daß beide Zulagen nicht nebeneinander zu zahlen seien, werde auch dadurch deutlich, daß in Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 der Protokollerklärungen Nr. 1 die Zulagentatbestände der Abs. 1 und (1 a) jeweils durch das Wort "oder" verbunden seien.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

II. Der Kläger kann vom Beklagten sowohl die Zahlung der Zulage für die Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen nach Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b der Protokollerklärungen in Höhe von 90,-- DM brutto monatlich wie auch die Zulage für die Pflege von Patienten in Einheiten der Intensivmedizin nach Nr. 1 Abs. (1 a) der Protokollerklärungen in Höhe von 90,-- DM brutto monatlich verlangen. Er hat daher einen Anspruch auf Zahlung von 900,-- DM brutto für den Zeitraum von Januar bis Oktober 1991. Da der Kläger beide Zulagen beanspruchen kann, ist auch sein Feststellungsantrag (Klageantrag 1) begründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte bisher die Intensivpflegezulage (Nr. 1 Abs. (1 a) der Protokollerklärungen) oder die Zulage für die Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen (Nr. 1 Abs. 1 Buchstabe b der Protokollerklärungen) bezahlt hat.

1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht zunächst festgestellt, daß der Kläger die Voraussetzungen für die Zahlung der Intensivpflegezulage nach Nr. 1 Abs. (1 a) der Protokollerklärungen erfüllt. Der Kläger, der in VergGr. Kr. V a eingruppiert ist, erbringt seine Arbeitsleistung als Krankenpfleger ausschließlich auf einer der zwei Intensivstationen der Abteilung Allgemeine Psychiatrie.

2. Dem Landesarbeitsgericht kann aber nicht gefolgt werden, soweit es feststellt, daß dem Kläger die Zulage nach der Protokollerklärung Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b (Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen) für den streitigen Zeitraum nicht zusteht.

a) Auch insoweit erfüllt der Kläger die tariflichen Voraussetzungen. Er leistet zeitlich überwiegend Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung. Dabei ist mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, daß die Pflege in der Intensivstation i.S. der Nr. 1 Abs. (1 a) der Protokollerklärungen die Grund- und Behandlungspflege der Patienten mitumfaßt.

Zutreffend stellt das Landesarbeitsgericht darauf ab, daß die Tarifbestimmung die besonderen Belastungen honorieren will, die mit der Pflegearbeit in einer geschlossenen oder halbgeschlossenen Abteilung in der Psychiatrie verbunden sind. Das Pflegepersonal ist in einer solchen Abteilung oder Station wegen der hier in der Regel schwierigen Patienten neben der erhöhten Belastung durch den ständigen Umgang mit psychisch kranken Menschen auch einer besonderen Gefährdung ausgesetzt (BAG Urteil vom 16. Februar 1989 - 6 AZR 129/87 - AP Nr. 13 zu § 33 BAT).

b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann den tariflichen Vorschriften nicht entnommen werden, daß die Zulage nach Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b der Protokollerklärungen nur für pflegerische Tätigkeiten in einer "Allgemeinstation" zu zahlen ist. Dies folgt insbesondere nicht aus einer am Sinn und Gesamtzusammenhang der Tarifbestimmungen orientierten Tarifauslegung.

Bei der Auslegung der tariflichen Bestimmungen ist dabei - entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung - zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist aber der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in der tariflichen Regelung ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist dabei auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 60, 219, 223 ff. = AP Nr. 127 zu § 611 BGB Gratifikation, zu II 1 a der Gründe).

Nach diesen Grundsätzen läßt sich der Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b der Protokollerklärungen nicht entnehmen, daß die pflegerische Tätigkeit auf einer "Allgemeinstation" ausgeübt werden muß. Diese Vorschrift stellt allein darauf ab, daß die Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen ausgeübt wird. Daß dies auf einer "Allgemeinstation" erfolgen muß, läßt sich weder dem Tarifwortlaut noch dem Sinn und Zweck oder dem Gesamtzusammenhang der tariflichen Bestimmungen entnehmen; insbesondere hat dies in den tariflichen Normen keinen Niederschlag gefunden. Aus den Bestimmungen in Nr. 1 Abs. 1 der Protokollerklärungen folgt im Gegenteil, daß die Buchstaben a bis g in Abs. 1 in der Regel Belastungen für das Pflegepersonal aufgrund der Besonderheiten der jeweiligen Patientengruppe erfassen, während Abs. (1 a) in Nr. 1 der Protokollerklärungen auf die Erbringung der Pflegetätigkeit insbesondere in Einheiten der Intensivpflege abstellt. Daß die Intensivpflege auch die Grund- und Behandlungspflege der anvertrauten Patienten mitumfaßt, hat das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt.

c) Mit dem Landesarbeitsgericht ist zugrunde zu legen, daß durch die Einfügung der Intensivpflegezulage als eigener Abs. (1 a) in Nr. 1 der Protokollerklärungen ein von den Buchstaben a bis g des Abs. 1 der Nr. 1 der Protokollerklärungen unterschiedlicher Zulagengrundtatbestand geschaffen worden ist, der - entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts - neben den Zulagen nach Abs. 1 der Nr. 1 der Protokollerklärungen steht.

d) Die Zulagen nach Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b der Protokollerklärungen und Nr. 1 Abs. (1 a) der Protokollerklärungen können auch im Hinblick auf das jeweils geforderte zeitliche Überwiegen der Pflegetätigkeit nebeneinander stehen. Zwar ist es grundsätzlich nicht denkbar, zwei unterschiedliche Tätigkeiten jeweils in zeitlich überwiegendem Umfang nebeneinander auszuüben. Pflegt der Kläger jedoch ausschließlich Kranke auf der Intensivstation einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung, so übt er sowohl die Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung (Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b der Protokollerklärungen) wie auch die Pflege in einer Einheit der Intensivmedizin (Nr. 1 Abs. (1 a) der Protokollerklärungen) zeitlich überwiegend aus. Aufgrund der Anknüpfung einmal an das Merkmal der "Kranken in geschlossenen psychiatrischen Abteilungen" und andererseits an das der Pflege "in Einheiten für Intensivmedizin" kann jeweils das zeitliche Überwiegen der entsprechenden Tätigkeiten festgestellt werden.

3. Erfüllt der Kläger damit die Voraussetzungen für die Zahlung der Zulagen nach Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b und nach Nr. 1 Abs. (1 a) der Protokollerklärungen nebeneinander, so läßt sich den tariflichen Bestimmungen ein gegenseitiger Ausschluß bzw. eine gegenseitige Anrechnung der Zulagenzahlung nicht entnehmen. Der entgegenstehenden Auffassung von Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese (BAT, Teil II BL Anm. 437 II a) und Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr (Kommentar zum BAT, Teil II, Anlage 1 b, Protokollerkl. Nr. 1 zu Abschnitt A Rz 8) kann für den vorliegenden Fall nicht gefolgt werden. Eine solche Anrechnung bzw. der Ausschluß einer Zulage ergibt sich insbesondere nicht aus der Auslegung der tariflichen Bestimmungen nach ihrem Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Gesamtzusammenhang. Aus Abs. (3) der Nr. 1 Protokollerklärungen folgt vielmehr, daß die Tarifvertragsparteien dann, wenn sie die Anrechnung einer Zulage auf eine andere gewollt haben, dies auch ausdrücklich bestimmt haben. Mit der Einfügung der Intensivpflegezulage in die Protokollerklärungen Abs. (1 a) ist eine Anrechnungsbestimmung aber nicht aufgenommen worden. Daß in Abs. 2 der Protokollerklärungen die Zulagentatbestände des Abs. 1 und des Abs. (1 a) mit dem Wort "oder" verbunden sind, führt zu keiner anderen Beurteilung. Das Wort "oder" dient ersichtlich nicht dazu, Aussagen über das Verhältnis der Zulage für Grund- und Behandlungspflege zu der Zulage für die Intensivpflege zu treffen, sondern dazu, sicherzustellen, daß die in Abs. 2 der Protokollerklärungen bezeichneten Krankenschwestern/Altenpflegerinnen immer schon dann einen Anspruch auf die jeweilige Zulage haben, wenn die unterstellten Pflegepersonen eine der Zulagen nach Abs. 1 oder Abs. (1 a) beanspruchen können.

4. Steht dem Kläger somit die mit der Klage begehrte Zulage aus den tariflichen Bestimmungen der Protokollerklärungen Nr. 1 zu, kommt es auf das Vorliegen einer einzelvertraglichen Vereinbarung oder einer betrieblichen Übung nicht mehr an.

5. Da der Kläger bei der pflegerischen Tätigkeit auf der Intensivstation der geschlossenen psychiatrischen Abteilung sowohl die Zulage nach Nr. 1 Abs. 1 Buchst. b der Protokollerklärungen wie auch die Zulage nach Abs. (1 a) der Nr. 1 Protokollerklärungen verlangen kann, ist sein Feststellungsantrag begründet. Das nach § 46 Abs. 2 ArbGG, § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben, da der Beklagte die Zahlung der beiden Zulagen nebeneinander ablehnt.

Damit ist auf die Revision des Klägers die klagestattgebende Entscheidung des Arbeitsgerichts durch Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und Zurückweisung der Berufung des Beklagten wieder herzustellen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO.

Matthes Böck Hauck

Kähler Harnack

 

Fundstellen

Haufe-Index 436633

ZTR 1994, 380-381 (ST1)

EzBAT § 33 BAT, Nr 6 (ST1)

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