Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Meister

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Technische Angestellte mit besonders verantwortungsvoller Tätigkeit sind ua Leiter von großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereichen; liegen diese Voraussetzungen vor, ist die besondere Verantwortung gegeben und nicht noch zusätzlich zu prüfen.

2. Vielschichtig strukturierte Bereiche liegen vor, wenn die Arbeit von mindestens drei Gewerken zu koordinieren ist, denen jeweils ein Meister vorsteht. Dieser Leiter kann auch einer dieser drei Meister sein, der selbst einem Gewerk vorsteht.

3. Der vielschichtig strukturierte Bereich muß zusätzlich noch groß sein, was nicht mit der vielschichtigen Struktur begründet werden kann.

 

Orientierungssatz

Arbeitsvorgang bei Leitungstätigkeit; Begriff des technischen Angestellten.

 

Normenkette

BAT Anlage 1a; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Entscheidung vom 06.10.1988; Aktenzeichen 10 Sa 601/88)

ArbG Siegburg (Entscheidung vom 18.03.1988; Aktenzeichen 4 Ca 2387/87)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Elektromeister und steht seit 1972 in den Diensten des beklagten Landes. Beide Parteien gehören den tarifschließenden Verbänden des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) an. Der Kläger erhält Vergütung nach VergGr. V b BAT.

Der Kläger wird seit 1. Juli 1984 als Sachgebietsleiter des Sachgebietes 6.2 in der Fachhochschule Köln - Abteilung Gummersbach - beschäftigt. Das Sachgebiet 6.2 umfaßt eine Elektrowerkstatt, eine Maschinenbauwerkstatt und eine Schreinerei. Als Sachgebietsleiter ist der Kläger verantwortlich für die Betriebsführung und die Überwachung der Werkstätten. Nach der Geschäftsordnung der Fachhochschule Köln ist er der Vorgesetzte der Dienstkräfte seines Sachgebiets. Der Kläger leitet zugleich die Elektrowerkstatt. Die Maschinenbauwerkstatt und die Schreinerei werden jeweils von einem Meister geleitet. In den Werkstätten werden nicht nur Instandsetzungsarbeiten, sondern auch reine Fertigungsarbeiten ausgeführt und Auszubildende in den jeweiligen Handwerksberufen ausgebildet. Bis 31. August 1988 waren in den Werkstätten 17 Bedienstete, danach 19 Bedienstete aus acht verschiedenen Ausbildungsberufen beschäftigt.

Zu den Aufgaben des Klägers gehört auch die Leitung des Bereichs Zentrale Elektrowerkstatt für alle Fachbereiche, die Leitung der Elektroinstallateurausbildung und die Betreuung der Mediengeräte; ferner ist er für die Feuerlöscheinrichtung verantwortlich.

Mit der Klage begehrt er von dem beklagten Land Vergütung nach VergGr. IV b BAT. Die Vergütungsdifferenz zwischen der VergGr. V b BAT und der VergGr. IV b BAT für die Zeit vom 10. September 1985 bis 31. Oktober 1987 beträgt für den Kläger unstreitig DM 8.985,62 brutto.

Der Kläger hat vorgetragen, er sei Leiter eines großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereichs und erfülle damit die Voraussetzungen der VergGr. IV b Fallgruppe 1 des Teils II Abschnitt Q der Anlage 1 a zum BAT. Er habe koordinierend drei Gewerke zu leiten, die jeweils die Tätigkeit eines Meisters erforderten und tatsächlich von einem Meister geführt würden. Es sei unerheblich, daß er selbst einer dieser Meister sei.

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, daß der Kläger in die VergGr. IV b

des Teils II Abschnitt Q der Anlage 1 a zum BAT

eingruppiert ist und dementsprechend ab 1. November

1987 zu vergüten ist,

2. das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger

DM 8.985,62 brutto nebst 4 % Zinsen zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, nach der vorliegend anwendbaren Protokollnotiz Nr. 1 sei das tarifliche Merkmal eines vielschichtig strukturierten Bereichs nur dann gegeben, wenn jedem der mindestens drei Gewerke dieses Bereichs außer dem Bereichsleiter jeweils ein Meister vorstehe. Es reiche insoweit nicht aus, daß der als Leiter tätige Angestellte selbst als einer der drei Meister tätig sei und lediglich zwei weiteren Gewerken je ein weiterer Meister vorstehe. Der Kläger trage im Vergleich zu den beiden anderen Meistern im Sachgebiet 6.2 keine doppelte Verantwortung und Belastung. Die vom Kläger neben seiner fachlichen Leistung als Meister erbrachte Verwaltungsfunktion nehme deutlich weniger als 50 % seiner Gesamtarbeitszeit in Anspruch.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, daß es Zinsen nur aus dem sich aus dem Bruttobetrag ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zugesprochen hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen.

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land sein Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Denn das Landesarbeitsgericht hat mit unzutreffender Begründung bejaht, daß der vom Kläger geleitete Instandsetzungsbereich als "groß" im tariflichen Sinne anzusehen ist.

Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag zu 1 ist zwar mißverständlich formuliert, da er nach seinem Wortlaut nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist. Nach dem gesamten Klagevorbringen ist der Klageantrag zu 1 jedoch dahingehend auszulegen, daß der Kläger die Feststellung der Verpflichtung des beklagten Landes begehrt, an ihn ab 1. November 1987 Vergütung nach VergGr. IV b BAT zu zahlen (vgl. BAGE 29, 416, 418 = AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Bei dem Klageantrag zu 2 handelt es sich um einen rechtlich unbedenklichen Leistungsantrag.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit die Vorschriften des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Klägers ausfüllende Arbeitsvorgänge den Tätigkeitsmerkmalen der von ihm in Anspruch genommenen VergGr. IV b BAT entsprechen (§ 22 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (BAGE 51, 356, 360 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 282, 287 = AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAGE 51, 59, 65 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Von diesem Rechtsbegriff geht auch das Landesarbeitsgericht aus. Hierbei sieht es die Tätigkeit des Klägers als Leiter des Sachgebiets 6.2 zutreffend als einen einzigen großen Arbeitsvorgang an. Das für den Kläger allein in Betracht kommende Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b BAT betrifft "Leiter von Instandsetzungsbereichen". Damit haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, daß sie die gesamte Tätigkeit eines solchen Leiters einheitlich tariflich bewerten wollen. Damit ist kraft rechtlichen Zwanges die gesamte Tätigkeit eines Leiters von Instandsetzungsbereichen als ein großer Arbeitsvorgang anzusehen (vgl. BAG Urteil vom 15. Februar 1984 - 4 AZR 264/82 - AP Nr. 86 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Alle Einzeltätigkeiten, die bei der Leitung von Instandsetzungsbereichen anfallen, sind diesem Tätigkeitsmerkmal zuzuordnen. Arbeitsergebnis der Tätigkeit des Klägers ist die Leitung eines Instandsetzungsbereichs. Die Zusammenhangstätigkeiten, d. h. alle Tätigkeiten, die mit dieser Leitung zusammenhängen, stehen fest. Die Verwaltungsübung steht aufgrund der Übertragung der Sachgebietsleitung auf den Kläger ebenfalls fest. Die Leitungsaufgabe des Klägers ist tatsächlich von anderen Aufgaben abgrenzbar und ist nach dem Willen der Tarifvertragsparteien einheitlich zu bewerten.

Zur Leitungstätigkeit des Klägers gehört jedoch nicht nur die Arbeitszeit, während der er unmittelbar mit Koordinations- und Leitungsaufgaben befaßt war. Vielmehr zählt hierzu auch seine Tätigkeit als Leiter der Elektrowerkstatt. Die Elektrowerkstatt gehört zu den drei Gewerken, deren Arbeit der Kläger zu koordinieren hat. Wenn er Leitungsaufgaben in der Elektrowerkstatt wahrnimmt, muß er diese notwendigerweise mit den Arbeiten der anderen Gewerke (Maschinenbauwerkstatt und Schreinerei) koordinieren oder zumindest prüfen, inwieweit eine Koordination möglich und sinnvoll ist. Auch die letztere Überlegung gehört zum Aufgabengebiet des Leiters von Instandsetzungsbereichen. Darüber hinaus muß der Kläger auch bei seiner Leitungstätigkeit in der Elektrowerkstatt jederzeit und sofort in der Lage sein, aktiv durch Erteilung der erforderlichen Anordnungen und fachlichen Weisungen Leitungsaufgaben für die Instandsetzungsbereiche insgesamt, also insbesondere die Koordination der Arbeiten außerhalb der Elektrowerkstatt, wahrzunehmen. Umfang und Effektivität der Leitungsaufgabe bezüglich der Werkstätten insgesamt können daher nicht daran gemessen werden, wann und wie oft der Kläger auf diesem Aufgabengebiet tatsächlich tätig wird. Insoweit ist die Tätigkeit des Klägers mit der Tätigkeit einer Kindergartenleiterin vergleichbar, die - wie die anderen Erzieherinnen des Kindergartens auch - jeweils eine Gruppe zu betreuen hat, gleichwohl aber während ihrer gesamten Arbeitszeit Leitungsaufgaben des Kindergartens wahrzunehmen hat, sofern sie anfallen (vgl. BAG Urteil vom 27. Mai 1981 - 4 AZR 1079/78 - AP Nr. 44 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Demgemäß gehört die gesamte Tätigkeit des Klägers im Bereich der Elektrowerkstatt und übergreifend für die Bereiche Maschinenbauwerkstatt und Schreinerei zum Arbeitsvorgang "Leitung von Instandsetzungsbereichen". Diese Tätigkeit nimmt den überwiegenden Teil der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch.

Dem Kläger obliegen zwar außerhalb der Sachgebiete Elektrowerkstatt, Maschinenbauwerkstatt und Schreinerei unstreitig noch folgende Aufgaben:

"a) Leitung des Bereiches Zentrale Elektro-

werkstatt für alle Fachbereiche in der

Abteilung Gummersbach,

b) Leitung der Ausbildung der Elektroin-

stallateure,

c) Aufgaben der Mediengerätebetreuung in

der Abteilung Gummersbach,

d) Verantwortung über die Feuerlöschein-

richtung der Abteilung Gummersbach."

Diese Aufgaben können jedoch bei der tariflichen Bewertung außer Betracht bleiben, da sie während der Arbeitszeit des Klägers nicht überwiegend anfallen. Soweit die vorgenannten Aufgaben mit dem vom Kläger zu bearbeitenden Sachgebiet (Elektrowerkstatt, Maschinenbauwerkstatt und Schreinerei) in Zusammenhang stehen und der Leitung des Sachgebietes zugeordnet werden können, liegt kein weiterer Arbeitsvorgang vor, der gesondert zu bewerten wäre. Wenn die vorgenannten Aufgaben mit dem vom Kläger zu bearbeitenden Sachgebiet jedoch nichts zu tun haben, können sie zwar nicht dem Arbeitsvorgang "Leitung von Instandsetzungsbereichen" zugeordnet werden, bleiben aber bei der tariflichen Bewertung außer Betracht, weil sie nicht die Hälfte der Arbeitszeit des Klägers in Anspruch nehmen. Dies ergibt sich aus dem gesamten Klagevorbringen beider Parteien. So entfällt nach der Behauptung des beklagten Landes allein auf die fachliche Leitung der Elektrowerkstatt der überwiegende Teil der Arbeitszeit des Klägers. Der Kläger seinerseits sieht seine vorstehend aufgeführten weiteren Tätigkeiten nur als eine zusätzliche Aufgabe an. Da somit die Leitungstätigkeit des Klägers mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit in Anspruch nimmt, ist dieser Arbeitsvorgang für die Eingruppierung des Klägers maßgebend.

Für die Eingruppierung des Klägers kommen allein die Tätigkeitsmerkmale des Teils II Abschnitt Q (Meister, Grubenkontrolleure, technische Angestellte mit besonderen Aufgaben) der Anlage 1 a zum BAT in Betracht. Danach sind zu vergüten:

VergGr. IV b BAT

1. Technische Angestellte mit besonders ver-

antwortungsvoller Tätigkeit

a) als Schichtführer in großen thermischen

Kraftwerken, großen Heizkraftwerken oder

großen Müllverbrennungsanlagen, die au-

ßerhalb der regulären Tagesarbeitszeit

für den gesamten Betrieb allein verant-

wortlich sind,

b) in großen E-Lastverteileranlagen, die in

der Schicht für die Netzbetriebsführung

allein verantwortlich sind,

c) als Leiter von großen und vielschichtig

strukturierten Instandsetzungsbereichen

sowie sonstige technische Angestellte mit

vergleichbarer Tätigkeit, die wegen der

Schwierigkeit der Aufgaben und der Größe der

Verantwortung ebenso zu bewerten ist, wie

die Tätigkeiten nach Buchstaben a bis c.

(Hierzu Protokollnotizen Nr. 1 und 2)

Protokollnotizen:

Nr. 1

Ein vielschichtig strukturierter Bereich liegt

vor, wenn in diesem Bereich die Arbeit von min-

destens drei Gewerken zu koordinieren ist und

mindestens drei Gewerken jeweils Meister vor-

stehen. Gewerke sind Fachrichtungen im Sinne

anerkannter Ausbildungsberufe, in denen die

Meisterprüfung abgelegt werden kann.

Im Mehrschichtbetrieb ist es unschädlich, wenn

in den mindestens drei Gewerken nicht in allen

Schichten jeweils Meister im Sinne des Satzes

1 eingesetzt sind.

Nr. 2

Dieses Tätigkeitsmerkmal gilt nicht für den Be-

reich des Bundesministers der Verteidigung.

Der Kläger ist technischer Angestellter im tariflichen Sinne. Im Gegensatz zu anderen tariflichen Tätigkeitsmerkmalen für technische Angestellte fordern die Tarifvertragsparteien für das vorliegend in Betracht kommende Tätigkeitsmerkmal keine bestimmte technische Ausbildung oder gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen. Demgemäß genügt es für die Erfüllung des Merkmals des technischen Angestellten im vorliegenden Fall, daß die Tätigkeit des Angestellten technischen Charakter hat (vgl. BAG Urteil vom 23. April 1986 - 4 AZR 90/85 - AP Nr. 118 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies ist für den Kläger zu bejahen. Er hat als Sachgebietsleiter des Sachgebiets 6.2 drei Gewerke, d. h. die Arbeiten von drei verschiedenen Handwerksberufen, in denen die Meisterprüfung abgelegt werden kann, zu koordinieren. Dies setzt technische Fachkenntnisse voraus. Als Elektromeister ist er auch verantwortlich für die Arbeiten in der Elektrowerkstatt und übt insoweit eine gehobene Meistertätigkeit aus. Gerade eine herausgehobene Meistertätigkeit soll nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang von der VergGr. IV b des Teils II Abschnitt Q der Anlage 1 a zum BAT erfaßt werden (vgl. BAG Urteil vom 23. April 1986, aaO). Damit ist der Kläger technischer Angestellter.

Soweit das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. IV b BAT erfordert, daß der Angestellte "mit besonders verantwortungsvoller Tätigkeit" betraut ist, ist diese Anforderung nicht gesondert zu prüfen. Die Tarifvertragsparteien haben nämlich unter den Buchstaben a bis c näher umschrieben, welche Tätigkeiten sie der VergGr. IV b BAT zuordnen. Es sind dies im einzelnen allein verantwortliche Schichtführer in großen Kraftwerken und in großen E-Lastverteileranlagen sowie Leiter von großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereichen. Diese Tätigkeiten bringen eine große Verantwortung für die betreffenden Angestellten mit sich, da sie dafür einstehen müssen, daß in dem ihnen übertragenen Arbeitsbereich die dort - auch von anderen Bediensteten - zu erledigenden Aufgaben sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. BAGE 51, 59 = AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Daraus ist zu schließen, daß die unter den Buchstaben a bis c umschriebenen Tätigkeiten die "besonders verantwortungsvolle Tätigkeit" umschreiben sollen. Wer eine der unter den Buchstaben a bis c aufgeführten Tätigkeiten ausführt, übt damit eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit aus (a.A. Uttlinger/Breier/Kiefer, BAT, Stand: 1. Januar 1989, S. B/111.11). Es ist auch nicht einsichtig, inwiefern derjenige, der eine der unter a bis c aufgeführten Tätigkeiten ausübt, noch darüber hinaus eine besondere Verantwortung tragen soll. So ist etwa das Merkmal "für den gesamten Betrieb allein verantwortlich" (Buchst. a) kaum noch steigerbar. Gerade weil auch die Verantwortung in den Buchstaben a und b ausdrücklich von den Tarifvertragsparteien als Merkmal normiert wurde, ist kein Raum mehr für eine weitere Prüfung einer darüber hinausgehenden besonderen Verantwortung. Davon ist der Senat auch in seiner bisherigen Rechtsprechung ausgegangen, wenn er in seinem Urteil vom 11. März 1987 - 4 AZR 229/86 - (AP Nr. 134 zu §§ 22, 23 BAT 1975) ausführt, daß unter die VergGr. IV b BAT diejenigen Angestellten fallen, "die die von den Tarifvertragsparteien als besonders verantwortungsvoll angesehenen, in den Buchstaben a bis c genannten Tätigkeiten leitender und beaufsichtigender Art verrichten". Danach kommt es auf die weiteren Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zur besonders verantwortungsvollen Tätigkeit als einer tariflichen Anforderung nicht mehr entscheidend an.

Daher ist es nur noch maßgeblich, ob der Kläger das Merkmal des Buchst. c "Leiter von großen und vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereichen" erfüllt. Als Sachgebietsleiter des Sachgebietes 6.2 ist er verantwortlich für die Betriebsführung und Überwachung der Werkstätten (Elektrowerkstatt, Maschinenbauwerkstatt, Schreinerei) sowie Dienstvorgesetzter der Mitarbeiter seines Sachgebietes. Damit erfüllt er das Merkmal "Leiter". In den angeführten drei Werkstätten werden zwar nicht nur Instandsetzungsarbeiten, sondern auch reine Fertigungsarbeiten ausgeführt. Die Parteien gehen jedoch übereinstimmend davon aus, daß es sich gleichwohl bei dem Sachgebiet 6.2 um einen Instandsetzungsbereich handelt, was zutrifft, wenn dort Instandsetzungsarbeiten überwiegend anfallen. An diesen übereinstimmenden Vortrag der Parteien ist der Senat gebunden.

Ferner erfordert das Merkmal des Buchst. c, daß es sich um "große und vielschichtig strukturierte" Instandsetzungsbereiche handeln muß. Was die Tarifvertragsparteien unter einem "vielschichtig strukturierten Bereich" verstehen, haben sie in der Protokollnotiz Nr. 1 zum Teil II Abschnitt Q der Anlage 1 a zum BAT, die damit tariflichen Charakter hat, näher erläutert. Der vielschichtig strukturierte Bereich setzt nach der Protokollnotiz Nr. 1 voraus, daß in diesem Bereich die Arbeit von mindestens drei Gewerken zu koordinieren ist und mindestens drei Gewerken jeweils Meister vorstehen. Danach sind kumulativ zwei Anforderungen zu erfüllen. Einmal muß die Arbeit von mindestens drei Gewerken zu koordinieren sein. Im Sinne einer zweiten Anforderung muß mindestens drei Gewerken jeweils ein Meister vorstehen. Daraus folgt, daß die Koordinationsaufgabe des Angestellten sich nicht zwingend auf die Gewerke beziehen muß, denen Meister vorstehen. Die tariflichen Anforderungen sind vielmehr auch dann erfüllt, wenn der Angestellte die Arbeit von drei Gewerken zu koordinieren hat, denen keine Meister vorstehen, und außerdem drei Gewerke zu leiten hat, denen jeweils Meister vorstehen, bei denen aber keine Koordinierungsarbeiten anfallen. Die Koordination der Arbeit von mindestens drei Gewerken und die Führung von drei Gewerken durch Meister stehen als selbständige Merkmale nebeneinander. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß der Leiter des Instandsetzungsbereichs nicht zugleich ein Gewerk im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 als Meister führen kann und zu den zu koordinierenden Gewerken nicht auch das Gewerk gehören kann, dem er vorsteht.

Mit der Koordination von drei Gewerken honorieren die Tarifvertragsparteien die Kompliziertheit der Arbeit, wenn drei verschiedene Handwerkstätigkeiten aufeinander abzustimmen sind. Insoweit kann es keine Rolle spielen, ob derjenige, der mit der Koordination betraut ist, selbst in einem der drei Gewerke als Meister oder an anderer Stelle mitarbeitet. Die Protokollnotiz enthält insoweit keine Einschränkung.

Mit dem weiteren Merkmal, daß mindestens drei Gewerken jeweils Meister vorstehen, ist die Gewichtigkeit und Schwierigkeit des Aufgabenbereichs angesprochen. Wenn der Dienstherr in einem handwerklichen Aufgabenbereich es als erforderlich ansieht, einen Meister zu beschäftigen, ist davon auszugehen, daß die Tätigkeit auch den Einsatz von Kenntnissen eines Meisters erfordert. Dies bedeutet insbesondere, daß eine erhebliche Personalausstattung vorhanden ist und der Meister Handwerker seines Berufszweigs zu beaufsichtigen hat, was die Bedeutung und Schwierigkeit des einzelnen Gewerkes kennzeichnet (vgl. auch Uttlinger/Breier/Kiefer, aaO, S. B/111.12).

Auch insoweit ist es nach dem Sinn der tariflichen Regelung unerheblich, ob der Leiter zugleich einem der Gewerke als Meister vorsteht. Entscheidend ist, daß drei Gewerke vorhanden sind, deren Tätigkeit so bedeutungsvoll und schwierig ist, daß sie von einem Meister geführt werden.

Entgegen der Auffassung des beklagten Landes läßt sich aus der Protokollnotiz Nr. 1 kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß der Leiter des Instandsetzungsbereichs nicht zugleich auch einem Gewerk als Meister vorstehen kann. Insbesondere ist es nicht erforderlich, daß dem Leiter des Instandsetzungsbereichs das Gewerk führende Meister von mindestens drei Gewerken unterstellt sind. Eine Unterstellung wird von den Tarifvertragsparteien in der Fallgruppe 2 der VergGr. IV b des Teils II Abschnitt Q der Anlage 1 a zum BAT gefordert. Für die hier zu beurteilende Fallgruppe 1 c ist eine Unterstellung der Meister von mindestens drei Gewerken nicht erforderlich, so daß der Kläger selbst als Meister eines Gewerks im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 berücksichtigt werden kann.

Gewerke sind nach der Protokollnotiz Nr. 1 Fachrichtungen im Sinne anerkannter Ausbildungsberufe, in denen die Meisterprüfung abgelegt werden kann. Insoweit ist unstreitig, daß das Sachgebiet des Klägers drei Gewerke (Elektrowerkstatt, Maschinenbauwerkstatt, Schreinerei) umfaßt, weil in den entsprechenden Ausbildungsberufen die Meisterprüfung abgelegt werden kann. Damit ist das Merkmal des vielschichtig strukturierten Instandsetzungsbereichs für den Kläger erfüllt.

Die Auffassung des beklagten Landes, wenn es ausreiche, daß neben dem Leiter, der zugleich Meister sei, nur zwei weitere Meister in verschiedenen Gewerken beschäftigt sein müßten, dann würde dem Leiter eine Vergütung nach VergGr. IV b BAT selbst dann zustehen, falls die Koordinierungsfunktion für die drei Bereiche nur 1 % oder einen noch kleineren Bruchteil seiner Gesamttätigkeit ausmachen würde, geht fehl. Denn auch nach Auffassung des beklagten Landes ist die Eingruppierung in VergGr. IV b BAT dann gerechtfertigt, wenn drei Gewerken jeweils ein Meister, zu denen der Leiter nicht gehört, vorsteht. Dies gilt auch dann, wenn die Koordinierungsfunktion für die drei Bereiche ebenfalls nur 1 % der Gesamttätigkeit des Leiters ausmachen würde, weil dieser etwa als Meister in einem vierten Gewerk überwiegend tätig ist.

Schließlich ist zu bedenken, daß mit dem Buchst. c der VergGr. IV b Fallgruppe 1 BAT die "besonders verantwortungsvolle Tätigkeit" eines Angestellten umschrieben wird. Für die besondere Verantwortung ist nach der Protokollnotiz Nr. 1 entscheidend, daß für drei Gewerke Koordinierungsarbeiten anfallen und mindestens drei Gewerke, die dem Leiter unterstehen, von Meistern geführt werden. Für die damit verbundene Verantwortung erscheint es unerheblich, ob der Leiter zugleich ein Gewerk als Meister führt.

Damit kommt es nur noch darauf an, ob der Kläger auch einen "großen" Instandsetzungsbereich leitet. Dies hat das Landesarbeitsgericht mit unzutreffender Begründung bejaht. Das Landesarbeitsgericht meint, der vom Kläger geleitete Instandsetzungsbereich sei im tariflichen Sinne groß zu nennen, weil er unstreitig mindestens drei Gewerke umfaßt. Dies ist unzutreffend, weil nach der Protokollnotiz Nr. 1 das Vorhandensein von drei Gewerken zum Merkmal des "vielschichtig strukturierten Bereichs" gehört, nach dem Tarifwortlaut aber darüber hinaus auch noch ein "großer" Instandsetzungsbereich vorliegen muß. Das beklagte Land zieht zwar selbst in Zweifel, ob dem Merkmal "groß" in der Fallgruppe 1 c der VergGr. IV b BAT eine eigenständige Bedeutung zukommt. Aus dem Tarifwortlaut ist jedoch kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, daß etwa die Protokollnotiz Nr. 1 entgegen ihrem Wortlaut nicht nur einen vielschichtig strukturierten Bereich, sondern auch einen großen Bereich umschreiben will. Es ist ferner rechtsfehlerhaft, wenn das Landesarbeitsgericht meint, ein großer Arbeitsbereich könne schon dann bejaht werden, wenn die Bezeichnung "kleinerer Arbeitsbereich" im Sinne der VergGrn. VI b und VII BAT offensichtlich unangebracht erscheine. Abgesehen davon, daß das Landesarbeitsgericht nicht näher begründet, weshalb vorliegend ein kleinerer Arbeitsbereich im tariflichen Sinne offensichtlich nicht in Betracht komme, kann aus der Feststellung im Einzelfall, daß ein Arbeitsbereich über einen "kleineren Arbeitsbereich" hinausgehe, allenfalls geschlossen werden, daß eine höhere Vergütungsgruppe als VergGr. VI b BAT in Betracht kommt; ein Schluß auf die VergGr. IV b BAT und einen großen Arbeitsbereich ist jedoch nicht möglich. Zwischen einem kleineren Arbeitsbereich und einem großen Arbeitsbereich steht zumindest der durchschnittliche Arbeitsbereich. Zutreffend ist der Hinweis des Landesarbeitsgerichts, daß die räumliche Größe der Arbeitsstätte den Ausschlag dafür geben könne, diese als "groß" im tariflichen Sinne zu bezeichnen. Zur räumlichen Größe der Arbeitsstätte haben jedoch die Parteien nichts vorgetragen, und vom Landesarbeitsgericht sind insoweit keine Feststellungen getroffen worden.

Was unter "groß" im Sinne der VergGr. IV b Fallgruppe 1 c des Teils II Abschnitt Q der Anlage 1 a zum BAT zu verstehen ist, ist von den Tarifvertragsparteien nicht näher erläutert worden. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang läßt sich nur entnehmen, daß im Hinblick auf den Oberbegriff der Fallgruppe 1 zur VergGr. IV b BAT die Größe des Instandsetzungsbereichs ein Kennzeichen der besonders verantwortungsvollen Tätigkeit des Angestellten ist. Sie ist abzugrenzen zu der kleineren Arbeitsstätte der VergGr. VII und der normalen Arbeitsstätte in VergGr. VI b. Im übrigen muß mangels weiterer Anhaltspunkte im Tarifvertrag auf den allgemeinen Sprachgebrauch zurückgegriffen werden. Danach kann unter "groß" verstanden werden: "1. räumlich ausgedehnt, ein (verhältnismäßig) beträchtliches Ausmaß aufweisend; 2. zeitlich ausgedehnt; 3. zahlenmäßig, mengenmäßig ein beträchtliches Ausmaß aufweisend; 4. stark, heftig, in hohem Grad; 5. erwachsen, älter; 6. bedeutend, herausragend, wichtig, bemerkenswert; 7. vornehm, edel; 8. wesentlich, hauptsächlich, allgemein; 9. besonders, sonderlich, viel" (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, 1981, S. 308 f.). Für die vorliegende Tarifauslegung kommt insoweit insbesondere die räumliche Ausdehnung, das mengenmäßige Ausmaß (Zahl der Mitarbeiter) und die Bedeutung in Betracht, wozu z. B. auch die Zahl und Unterschiedlichkeit der Ausbildungsberufe der im Sachgebiet 6.2 beschäftigten Mitarbeiter gehören, die Zahl der Ausbildungsberufe, in denen Mitarbeiter ausgebildet werden sowie der Umstand, inwiefern der vorliegende Instandsetzungsbereich des Sachgebiets 6.2 sich aus anderen Instandsetzungsbereichen im öffentlichen Dienst heraushebt. Wegen der Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs ist den Tatsacheninstanzen insoweit ein sehr weiter Beurteilungsspielraum einzuräumen, in den das Revisionsgericht nicht eingreifen darf. Das Landesarbeitsgericht wird daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Verhältnisses zu kleineren und durchschnittlichen Instandsetzungsbereichen sowie unter Zugrundelegung des vorstehend umschriebenen Rechtsbegriffs "groß" zu beurteilen haben, ob der vom Kläger geleitete Instandsetzungsbereich als "groß" im tariflichen Sinne anzusehen ist.

Das Landesarbeitsgericht wird auch über die in der Revisionsinstanz entstandenen Kosten zu entscheiden haben.

Dr. Neumann Dr. Freitag Dr. Etzel

Fieberg Pahle

 

Fundstellen

Haufe-Index 439284

RdA 1989, 311

ZTR 1989, 398-400 (LT1-3)

AP Nr 146 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (LT1-3)

AR-Blattei, Öffentlicher Dienst IIIA Entsch 328 (LT1-3)

EzBAT §§ 22, 23 BAT J, VergGr IVb Nr 1 (LT1-3)

VR 1990, 217 (K)

VR 1990, 359 (K)

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