Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung, Auflösung einer Einrichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die besondere Situation des öffentlichen Dienstes im Beitrittsgebiet rechtfertigt es nicht, an den Inhalt arbeitsgerichtlicher Befristungskontrolle geringere Anforderungen zu stellen.

2. Die Befristung von Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst des Beitrittsgebiets darf nicht zur Umgehung des im Einigungsvertrag gewährleisteten Bestandsschutzes führen.

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Entscheidung vom 14.04.1993; Aktenzeichen 3 Sa 78/92 L)

ArbG Leipzig (Entscheidung vom 30.07.1992; Aktenzeichen 16 A 5288/91)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin war seit 1964, zuletzt als Hochschuldozentin für "Allgemeine Theorie und Methodik des Trainings", an der Deutschen Hochschule für Körperkultur (DHfK) Leipzig tätig.

Am 11. Dezember 1990 beschloß die Sächsische Staatsregierung die Abwicklung der DHfK und "Gründung einer Struktureinheit innerhalb der Universität Leipzig zur Weiterführung der Studiengänge und zur Fortführung der sportpädagogischen und sportwissenschaftlichen Arbeiten". Unter Hinweis auf diesen Abwicklungsbeschluß teilte der Rektor der DHfK der Klägerin mit Schreiben vom 18. Dezember 1990 mit, daß das Arbeitsverhältnis aufgrund des Einigungsvertrages ab dem 1. Januar 1991 ruhe und mit Ablauf des 30. September 1991 ende.

Am 18. Januar 1991 schloß der Beklagte, vertreten durch die Karl-Marx-Universität Leipzig, als Arbeitgeber mit der Klägerin einen bis zum 30. Juni 1991 befristeten Arbeitsvertrag. Danach sollte die Klägerin eingesetzt werden "zur Aufrechterhaltung des für das Studienjahr vorgesehenen Lehrbetriebes (einschließlich Prüfungen) und gegebenenfalls Vorbereitung von Studienprogrammen und anderweitig erforderlicher Aufgaben". Im Anschluß daran vereinbarte die Universität Leipzig am 1. bzw. 4. Juli 1991 mit der Klägerin einen weiteren Arbeitsvertrag, der vom 1. Juli 1991 bis zum 31. März 1992 befristet war. Nach dem Vertrag waren der Klägerin an Aufgaben zugewiesen: "Ausschließlich Lehre in den neuen Studiengängen und Mitarbeit beim Aufbau der Fakultät Sportwissenschaft".

An der ab Januar 1991 überwiegend in den Räumen der früheren DHfK eingerichteten Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig wurde entgegen der vorherigen Studienordnung der DHfK neben einem sportwissenschaftlichen Studiengang auch ein solcher für Schulamtsbewerber eingerichtet. Während an der DHfK ca. 15 % der Studenten als Diplom-Sportlehrer für Freizeit- und Breitensport ausgebildet wurden, steht bei der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Leipziger Universität die Ausbildung von Sportlehrern für den Schul-, Breiten- und Behindertensport im Vordergrund. Die DHfK beschäftigte zuletzt 1040 Mitarbeiter, davon mehr als 500 wissenschaftliche Lehrkräfte.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die DHfK sei nicht aufgelöst worden. Sie sei mit verringerter Belegschaft als Fakultät für Sportwissenschaft der Universität Leipzig angegliedert und damit als Teileinrichtung fortgeführt worden. Die Befristung des Arbeitsvertrages habe nicht Abwicklungszwecken gedient, um den bereits immatrikulierten Studenten den Abschluß bzw. Übergang in neue Studiengänge zu ermöglichen. Sie habe die neu eingeschriebenen Studenten der Fachrichtung "Lehramt" und "Behindertensport" unterrichtet. Aus dem Wissenschaftsbereich "Allgemeine Theorie und Methodik des Trainings" seien die Lehrgebiete "Sportmotorik und Bewegungslehre" sowie "Allgemeine Methodik des Übens und Trainierens" entwickelt und Grundlage des in den ersten Semestern gelehrten Schul-, Behinderten- und Rehabilitationssports gewesen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der

Klägerin nicht seit dem 1. Januar 1991 ruht,

sondern über diesen Zeitpunkt hinaus zu unver-

änderten Arbeitsbedingungen fortbesteht,

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin bis

zur Rechtskraft der Entscheidung über den

Feststellungsantrag Ziff. 1) zu unveränderten

Arbeitsbedingungen als Hochschuldozentin wei-

terzubeschäftigen,

3. den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Ge-

haltsabrechnungen für den Zeitraum vom

1. April 1992 bis zum 28. Februar 1993 zu er-

teilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die DHfK sei aufgelöst worden. Sie sei systematisch darauf ausgerichtet gewesen, die wissenschaftlichen und persönlichen Voraussetzungen für die erfolgreiche Darstellung der ehemaligen DDR im Spitzensport zu schaffen. Schulsportlehrer seien dort nicht ausgebildet worden; der Breitensport sei von untergeordneter Bedeutung gewesen. Dagegen bilde die neu gegründete Sportwissenschaftliche Fakultät Diplomsportlehrer für den Schul-, Behinderten- und Breitensport aus. Das Arbeitsverhältnis sei befristet worden, um den an der DHfK noch immatrikulierten Studenten einen Studienabschluß zu ermöglichen. Eine zum 31. März 1993 ausgesprochene Kündigung sei nur vorsorglich erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 31. März 1992 hinaus fortbesteht. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Befristung des letzten Arbeitsverhältnisses der Parteien für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 31. März 1992 für unwirksam gehalten und sowohl einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung als auch einen solchen auf Erteilung einer Gehaltsabrechnung zuerkannt.

1. Nach der Auslegung des Klageantrags zu 1) durch das Landesarbeitsgericht hat sich das Klagebegehren der Klägerin nicht nur gegen den Eintritt der Rechtsfolgen des Einigungsvertrages (Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2) gerichtet, sondern auch die Feststellung erfaßt, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31. März 1992 hinaus besteht. Diese Auslegung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

2. Zutreffenderweise hat das Landesarbeitsgericht den Arbeitsvertrag vom 1./4. Juli 1991 der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle unterzogen. Bei der Auslegung der bei Vertragsabschluß abgegebenen Willenserklärungen ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Universität Leipzig diesen Vertrag nicht im eigenen Namen sondern kraft Auftrags für den beklagten Freistaat abgeschlossen hat. Die der rechtlichen Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachen sind von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden. Auch die rechtliche Würdigung ist nicht in Frage zu stellen. Dafür spricht letztlich auch die im Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetz vom 25. Juli 1991 (Sächs GVBl. S. 261) nachfolgend ergangene Regelung des § 95 Nr. 1, wonach die Personalverwaltung an Universitäten eine staatliche Aufgabe ist, die von der Universität im Auftrag des Freistaates wahrgenommen wird.

3. Das Landesarbeitsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen, daß die vereinbarte Befristung im letzten Arbeitsvertrag sachlich nicht begründet ist. Die Würdigung des Berufungsgerichts, ob ein sachlicher Befristungsgrund vorliegt (dazu grundlegend BAG GS Beschluß vom 12. Oktober 1960, BAGE 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Eine nachprüfbare Rechtsverletzung liegt nur vor, wenn der Rechtsbegriff selbst verkannt ist, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Bewertung übersehen worden sind (BAG Urteil vom 21. Januar 1987 - 7 AZR 265/85 - AP Nr. 4 zu § 620 BGB Hochschule, zu II 1 der Gründe, m.w.N.). Ein derartiger Rechtsfehler des Berufungsgerichts ist nicht erkennbar und wird auch von der Revision nicht aufgezeigt.

a) In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteile vom 14. Januar 1982, BAGE 37, 283 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; 26. März 1986 BAGE 51, 319 = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag und 12. Juni 1987 - 7 AZR 8/86 - AP Nr. 113 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften als sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses anzuerkennen ist. Dazu muß im Zeitpunkt der Befristung aufgrund greifbarer Tatsachen mit einiger Sicherheit der Wegfall des Mehrbedarfs mit dem Auslaufen des befristeten Arbeitsverhältnisses zu erwarten sein. Danach kann die Befristung des letzten Arbeitsvertrages mit der Klägerin sachlich gerechtfertigt sein, wenn sie erfolgt ist, um den im Zeitpunkt der Auflösung der DHfK dort noch immatrikulierten Studenten den Abschluß ihres Studiums oder den Übergang in die neu geschaffenen Studiengänge der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig zu ermöglichen. Hierbei handelt es sich um eine Aufgabe von begrenzter Dauer, die einen zeitweiligen (Mehr-) Bedarf an Hochschuldozenten während einer besonderen, durch den Beitritt bedingten und von vornherein begrenzten Übergangsphase zur Folge hat.

Abwicklungsaufgaben bieten vorübergehende Beschäftigungsmöglichkeiten, die den Abschluß befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen (BVerfGE 84, 133, 154). Die Voraussetzungen für eine solchermaßen wirksame Befristung hat das Landesarbeitsgericht jedoch nicht festgestellt. Es ist vielmehr davon ausgegangen, daß die Klägerin ausschließlich in der Lehre für die neuen Studiengänge und zur Mitarbeit beim Aufbau der Fakultät Sportwissenschaften eingesetzt worden ist. Die der Beurteilung des Landesarbeitsgerichts zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen sind von der Revision mit Verfahrensrügen nicht angegriffen worden und damit für den Senat bindend (§ 561 Abs. 1 ZPO). Auch die daran knüpfende rechtliche Würdigung ist nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, daß es sich um eine durch den Aufbau der Sportwissenschaftlichen Fakultät entstandene Daueraufgabe handelt, die in keinem Zusammenhang mit der DHfK steht und auch keinen nur vorübergehenden Sonderbedarf begründet. Eine darauf gestützte Befristung könnte nur dann wirksam sein, sofern im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erkennbar damit hätte gerechnet werden können, daß gerade die von der Klägerin übernommene Lehrverpflichtung zum Sommersemester 1992 entfällt. Sollten diese Aufgaben künftig nur auf andere Arbeitnehmer übertragen werden und nicht in Wegfall geraten, liegt eine Aufgabe von begrenzter Dauer jedoch nicht vor (BAG Urteil vom 11. Dezember 1991 - 7 AZR 170/91 - AP Nr. 145 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe).

b) Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß die Klägerin neben der Lehrverpflichtung in den neuen Studiengängen auch für den Aufbau der Sportwissenschaftlichen Fakultät eingesetzt worden ist. Das Bundesarbeitsgericht hat zwar schon mehrfach entschieden, daß es Beschäftigungsbereiche geben kann, die von der Natur der Sache her nicht auf Dauer angelegt sind (Urteil vom 2. Dezember 1984 - 7 AZR 204/83 - AP Nr. 85 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu III 5 b aa der Gründe, m.w.N.). Dazu kann auch die Mitarbeit beim Aufbau eines neuen Studiengangs zählen, sofern die Mitarbeit erkennbar dazu dienen soll, den Studiengang neu zu konzipieren und mit Abschluß dieser Aufbauphase auch beendet ist. Eine Befristung ist bei einer derart zeitlich begrenzten Aufgabenstellung nicht funktionswidrig, weil der von den Kündigungsschutzbestimmungen gewährleistete Bestandsschutz wegen Fehlens des Dauerelements in diesen Verträgen vom Grundsatz her nicht beeinträchtigt ist (BAG Urteil vom 2. August 1978, BAGE 31, 40 = AP Nr. 46 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Im Streitfall ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich, welche konkreten vorübergehenden Aufbautätigkeiten von der Klägerin verrichtet worden sind, und daß diese Aufgaben das Arbeitsverhältnis auf eine Weise geprägt hätten, daß es sich deutlich von anderen, auf Dauer angelegten Arbeitsverhältnissen unterschieden hätte.

c) Nach den tatsächlich nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und seiner rechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung liegt keine wirksame Zeitbefristung vor. Der vorliegende Fall weist auch keine Besonderheiten auf, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung Anlaß geben könnten. Bei den von der Rechtsprechung angenommenen Typenbildungen sachlich gerechtfertigter Befristungen handelt es sich nicht um eine abschließende Aufzählung der Voraussetzungen für eine rechtswirksame Befristung. Eine eigenständige rechtliche Bewertung einer Fallgestaltung ist aber erst dann vorzunehmen, wenn sie gewichtige rechtserhebliche Besonderheiten aufweist, die eine nahtlose Einordnung in die bisher anerkannten Befristungstypen unmöglich macht (BAG Urteil vom 28. Mai 1986, BAGE 52, 122, 128 = AP Nr. 101 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 b aa der Gründe, m.w.N.). Allein die Unwirksamkeit der Befristung bei anerkannten Fallgestaltungen zwingt nicht zur Entwicklung eines neuen Befristungstatbestands.

TEXTAuch die besondere Situation des öffentlichen Dienstes im Beitrittsgebiet rechtfertigt es nicht, an den Inhalt arbeitsgerichtlicher Befristungskontrolle geringere Anforderungen zu stellen. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte unter Angabe konkreter Zahlen und unter Hinweis auf eine Kabinettsentscheidung vom 11. Dezember 1990 darauf hin, daß die Befristung einem stufenweisen Personalabbau unter Berücksichtigung der Grundsätze der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG gedient habe. Auch diesem Vortrag ist ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nicht zu entnehmen. Der nicht im einzelnen vorhersehbare quantitative und qualitative Bedarf an bestimmten Arbeitskräften stellt für sich gesehen keinen sachlichen Grund für eine Befristung dar. Auch im öffentlichen Dienst gibt es Arbeitsplätze, die in ihrem Fortbestand von der Nachfrage nach öffentlichen Dienstleistungen, aber auch von der jeweiligen Haushaltslage abhängig sind. Soweit solche Faktoren zu einem Personalüberhang führen, ist der Arbeitgeber berechtigt, das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen ordentlich zu kündigen. Dabei muß er in der Regel auch dem Erfordernis einer sozialen Auswahl Rechnung tragen. Allerdings erweitert der Einigungsvertrag im Bereich des öffentlichen Dienstes (BAG Urteil vom 18. März 1993 - 8 AZR 331/92 - AP Nr. 20 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt) die Kündigungsmöglichkeiten. Nach Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 4 kann eine Kündigung nicht nur auf eine mangelnde fachliche oder persönliche Qualifikation, sondern auch darauf gestützt werden, daß der Arbeitnehmer wegen fehlenden Bedarfs nicht mehr verwendbar ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, kann eine Kündigung wirksam ausgesprochen werden, ohne daß zusätzlich der Tatbestand des § 1 KSchG beachtet werden müßte (BAG Urteil vom 24. September 1992 - 8 AZR 557/91 - AP Nr. 3 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, zu I 3 der Gründe). Jedoch hat der Arbeitgeber die Voraussetzungen dieser Sonderkündigungstatbestände darzulegen. Die Kündigung wegen mangelnden Bedarfs setzt einen Überhang an Arbeitskräften voraus, der zur Folge hat, daß gerade der Arbeitsbereich des zu kündigenden Arbeitnehmers entfallen ist. Bei nur mangelndem, aber nicht völlig fehlendem Bedarf hat der öffentliche Arbeitgeber zusätzlich zwischen den vergleichbaren Arbeitnehmern eine Auswahlentscheidung zu treffen, aufgrund derer dann feststeht, welchem Arbeitnehmer gekündigt wird. Diese Auswahlentscheidung muß nach vernünftigen, sachlichen Gesichtspunkten erfolgen (Rechtsgedanke §§ 242, 315 BGB). Hierbei sind dienstliche Belange des Arbeitgebers und soziale Belange des Arbeitnehmers gegeneinander abzuwägen, ohne daß dienstliche Interessen vorrangig zu berücksichtigen sind (BAG Urteil vom 19. Januar 1995 - 8 AZR 914/93 -, zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Abschluß von Zeitverträgen mit Arbeitnehmern, deren Beschäftigungsverhältnisse zuvor kraft Gesetzes geendet hatten, an deren Weiterbeschäftigung der Arbeitgeber, ohne daß soziale Gründe im Sinne der Senatsrechtsprechung (BAG Urteil vom 3. Oktober 1984, BAGE 47, 44, 48 = AP Nr.88 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 der Gründe, m.w.N.) hierfür ersichtlich sind, ein unmittelbares Interesse hat, führt zu einer objektiven Umgehung des im Einigungsvertrag gewährleisteten Bestandschutzes für diejenigen Arbeitnehmer, deren Arbeitskraft trotz Abwicklung der Einrichtung zur Wahrnehmung einer öffentlichen Daueraufgabe weiterhin benötigt wird.

Zwar ist nicht zu verkennen, daß die von dem beklagten Land geübte Vertragspraxis das Auswahlverfahren für die tatsächlich noch benötigten Lehrkräfte der DHfK wesentlich erleichtert hat. Jedoch wird auch bei Bestehen unbefristeter und nur durch Kündigung lösbarer Arbeitsverträge die Auflösung dieser Arbeitsverhältnisse gerade aufgrund der im Einigungsvertrag enthaltenen besonderen Kündigungstatbestände für den öffentlichen Dienst weder unmöglich gemacht noch unzumutbar erschwert. Der Beklagte wollte offenbar durch die Befristung greifbare Darlegungs- und Nachweisschwierigkeiten zur mangelnden fachlichen oder persönlichen Eignung bzw. der Bedarfslage vermeiden. Das führt aber zur Umgehung des im Einigungsvertrag gewährleisteten Kündigungsschutzes. Dem soll durch das Erfordernis eines sachlichen Grundes entgegengewirkt werden.

d) Der von dem Beklagten geplante Personalabbau ist auch keineswegs einer Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers gleichzustellen, eine Stelle nur befristet einzurichten und auf sie nach einem festgesetzten Zeitpunkt zu verzichten. Eine haushaltsrechtliche Entscheidung über den nur zeitlich begrenzten Bestand einer Stelle hat das Bundesarbeitsgericht nur respektiert, sofern sich der Haushaltsgesetzgeber selbst mit den Verhältnissen dieser Stelle befaßt und aus sachlichen Gründen festgelegt hat, daß sie in Wegfall geraten soll (BAG Urteil vom 16. Januar 1987, BAGE 55, 1, 6 = AP Nr. 111 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.). Ein allgemeiner Hinweis auf nicht näher dargelegte Stellenreduzierungen läßt aber eine sachliche Berechtigung für eine Befristung von vornherein nicht erkennen.

4. Die Revision ist auch hinsichtlich des vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruchs (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht; BAGE 60, 1, 14 = AP Nr. 125 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu V der Gründe) und des Abrechnungsbegehrens unbegründet. Beide Ansprüche haben ihre Grundlage in dem über den vereinbarten Befristungszeitpunkt hinaus bestehenden unbefristeten Arbeitsverhältnis. Die Klägerin hat zudem ihr Abrechnungsbegehren aufgrund einer zum 31. März 1993 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung entsprechend beschränkt. Die Voraussetzungen für das Vorliegen des Annahmeverzugs hat das Landesarbeitsgericht unwidersprochen festgestellt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Weller Schmidt

zugleich für den wegen

eines Kuraufenthalts

verhinderten Richter

Steckhan

Meyer Kleinke

 

Fundstellen

Haufe-Index 441421

DB 1995, 2483-2484 (LT1-2)

EBE/BAG 1995, 126-128 (LT1-2)

JR 1996, 44

NZA 1995, 1038

NZA 1995, 1038-1040 (LT1-2)

ZTR 1995, 422-423 (LT1-2)

AP 00, (demnächst)

AR-Blattei, ES 1010.13 Nr 36 (LT1-2)

EzA § 620 BGB, Nr 131 (LT1-2)

EzBAT, SR 2y BAT Nr 46 (LT1-2)

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