Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewährungsaufstieg eines Berufsberaters beim Arbeitsamt

 

Leitsatz (amtlich)

Die in VergGr. Ib Fallgr. 2 MTA geforderte “zweite Staatsprüfung”, damit der Angestellte bereits nach elfjähriger (statt: fünfzehnjähriger) Bewährung höhergruppiert werden kann, setzt kein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium voraus.

 

Normenkette

Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) VergO VergGr. Ib Fallgr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 14.05.1991; Aktenzeichen 18 Sa 1201/90)

ArbG Münster (Urteil vom 01.08.1990; Aktenzeichen 4 Ca 354/90)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. Mai 1991 – 18 Sa 1201/90 – aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 1. August 1990 – 4 Ca 354/90 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten der Rechtsmittelinstanzen zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers.

Der am 20. September 1945 geborene Kläger hat von 1967 bis 1969 an der philosophischen sowie wirtschafts- und sozialwissen-schaftlichen Fakultät der Universität Göttingen studiert. Von 1969 bis 1971 hat der Kläger die pädagogische Hochschule Westfalen-Lippe, Abteilung Bielefeld, besucht und dort am 5. November 1971 die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen und Hauptschulen bestanden. Vom 1. Dezember 1971 bis 30. November 1972 hat der Kläger den Vorbereitungsdienst für das Lehramt an Grundschulen und Hauptschulen abgeleistet. Am 16. Dezember 1972 bestand er die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grundschulen und Hauptschulen.

Von 1970 bis 1971 sowie von 1973 bis 1977 studierte der Kläger an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Am 22. April 1977 bestand er die Diplomprüfung für Soziologen.

Am 25. März 1977 verlieh ihm die pädagogische Hochschule Westfalen-Lippe den akademischen Grad des Doktors in den Erziehungswissenschaften.

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1978 bei der Beklagten als Berufsberater für Abiturienten und Hochschüler beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) Anwendung. Der Kläger erhält seit seiner Einstellung Vergütung nach VergGr. II MTA. Er hat sich den in der Tätigkeit als Berufsberater für Abiturienten und Hochschüler auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt.

Hinsichtlich der tariflichen Bewährungszeit schrieb die Beklagte dem Kläger unter dem 8. Februar 1980 u.a.

“…

Unter der Voraussetzung, daß die tariflichen Bestimmungen sich nicht ändern und Sie weiterhin ständig eine in der Vergütungsordnung mit einem Hinweiszeichen gekennzeichnete Tätigkeit ausüben und sich den Anforderungen, die bei der Ihnen übertragenen Tätigkeit auftreten, gewachsen zeigen, haben Sie Anspruch auf Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe Ib MTA ab 1.1.94.”

Demgegenüber teilte sie ihm mit Schreiben vom 12. Mai 1980 mit:

“…

Unter der Voraussetzung, daß die tariflichen Bestimmungen sich nicht ändern und Sie weiterhin ständig eine in der Vergütungsordnung mit einem Hinweiszeichen gekennzeichnete Tätigkeit ausüben und sich den Anforderungen, die bei der Ihnen übertragenen Tätigkeit auftreten, gewachsen zeigen, haben Sie Anspruch auf Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe Ib MTA ab 1.1.90.”

Mit Schreiben vom 11. Dezember 1989 lehnte die Beklagte jedoch die Höhergruppierung des Klägers in die VergGr. Ib MTA ab 1. Januar 1990 ab.

Der Kläger hat gemeint, für ihn gelte die elfjährige und nicht die fünfzehnjährige Bewährungszeit der VergGr. Ib MTA, da er eine zweite Staatsprüfung abgelegt habe. Der Anspruch ergebe sich auch aus dem Schreiben der Beklagten vom 12. Mai 1980, welches eine bindende Zusage enthalte. Er habe daher darauf vertrauen dürfen, ab dem in der Zusage genannten Zeitpunkt höhergruppiert zu werden.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm mit Wirkung ab 01.01.1990 eine Vergütung nach der VergGr. Ib MTA zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe die maßgebliche Bewährungszeit von fünfzehn Jahren nicht erfüllt. Die elfjährige Bewährungszeit verlange eine zweite Staatsprüfung, die den Zugang zum höheren Dienst, d. h. zu Tätigkeiten der VergGr. II MTA, eröffnet. Dieses sei bei der zweiten Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen nicht der Fall. In den höheren Dienst bei der Beklagten sei der Kläger wegen seiner Ausbildung als Diplomsoziologe eingestellt worden.

Eine bindende Zusage über die Dauer der Bewährungszeit liege nicht vor. Das Schreiben vom 12. Mai 1980 sei eine unverbindliche Mitteilung über die Berechnung der tariflichen Bewährungszeit. Ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes könne eine irrtümliche Abweichung von den tariflichen Vorschriften jederzeit berichtigen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Dem Kläger steht ab 1. Januar 1990 Vergütung nach VergGr. Ib MTA zu.

I. Der Kläger hat eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben, die unbedenklich zulässig ist (BAGE 51, 59, 65; 282, 287; 356, 360 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).

II. 1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Angestellten der Bundesanstalt für Arbeit (MTA) Anwendung. Die Parteien gehen ersichtlich von einer einzelvertraglichen Vereinbarung des MTA aus.

2. Der Kläger stützt sein Klagebegehren auf die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. Ib Fallgr. 2 der Vergütungsordnung MTA. Hiernach sind zu vergüten

Angestellte, die nach den mit dem Hinweiszeichen * Tätigkeitsmerkmalen in der VergGr. II eingruppiert sind, nach elfjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der VergGr. II, wenn sie eine zweite Staatsprüfung abgelegt haben, im übrigen nach fünfzehnjähriger Bewährung in einer Tätigkeit der VergGr. II.

Hierbei handelt es sich um einen Fall des Bewährungsaufstiegs gemäß § 23a MTA (vgl. Tabelle der Durchführungsanweisung 1 zu § 23a MTA).

Demgemäß ist zunächst erforderlich, daß die vom Angestellten im Zeitpunkt des möglichen Aufstiegs auszuübende Tätigkeit ein in der Vergütungsordnung mit dem Hinweiszeichen * gekennzeichnetes Tätigkeitsmerkmal der VergGr. II erfüllt. Außerdem wird von den Tarifvertragsparteien verlangt, daß der Angestellte während der tariflichen Bewährungszeit eine Tätigkeit ausgeübt hat, deren tarifliche Mindestvergütung sich nach der VergGr. II bestimmte.

Der Kläger übt die ihm auf Dauer übertragene Tätigkeit eines “Berufsberaters für Abiturienten und Hochschüler” aus. Dies entspricht wörtlich den Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. II … Fallgr. 24 MTA. Diese Tätigkeitsmerkmale sind mit dem Hinweiszeichen * versehen. Der Kläger erfüllt damit die erste Voraussetzung für den Bewährungsaufstieg.

3. Der Kläger hat, jedenfalls bei Beginn des Klagezeitraums (01.01.1990), die tariflich verkürzte Bewährungszeit von elf Jahren zurückgelegt. Er hat eine zweite Staatsprüfung abgelegt. Da der Kläger diese für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen abgelegt hat, hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen eine zweite Staatsprüfung im Sinne der Fallgr. 2 VergGr. Ib MTA darstellt. Das ist zu bejahen.

a) Die Tarifvertragsparteien haben nicht im einzelnen erläutert, was sie unter dem Begriff der zweiten Staatsprüfung verstehen. Der Inhalt dieses Tarifbegriffs ist daher durch Auslegung zu ermitteln.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (BAGE 42, 86, 89 = AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 46, 308, 313 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung; BAGE 60, 220, 223 f. = AP Nr. 127 zu § 611 BGB Gratifikation). Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann (vgl. BAGE 42, 86, 89 = AP, aaO; BAGE 42, 244, 254 = AP Nr. 2 zu § 21 TVAL II; BAGE 46, 308, 316 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung).

b) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, eine zweite Staatsprüfung im Tarifsinne sei nicht jede zweite Staatsprüfung, sondern nur eine zweite Staatsprüfung nach einem abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulstudium und anschließendem Referendariat. Die zweite Staatsprüfung des Klägers sei daher keine zweite Staatsprüfung im Tarifsinne. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr erfaßt der Tarifbegriff der zweiten Staatsprüfung jede zweite Staatsprüfung und damit auch die des Klägers.

c) Schon der Wortlaut der Tarifnorm enthält keinerlei Einschränkungen dahingehend, daß nur eine bestimmte Art einer zweiten Staatsprüfung als ausreichend anzusehen ist. Es kommt danach weder darauf an, in welcher Fachrichtung die zweite Staatsprüfung abgelegt wurde, noch wie lange der regelmäßig zwischen der ersten und zweiten Staatsprüfung abzuleistende Vorbereitungsdienst gedauert hat. Nach dem Wortlaut führt vielmehr jede zweite Staatsprüfung zur Anwendung der verkürzten Bewährungszeit.

d) Auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß die zweite Staatsprüfung im Tarifsinne weitere Voraussetzungen erfüllen müßte. Insbesondere ergibt sich aus der Systematik des Tarifvertrages nicht, daß neben der zweiten Staatsprüfung noch eine abgeschlossene wissenschaftiche Hochschulbildung vorliegen muß. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß es kein besonderes Berufsbild des Berufsberaters gibt, die geforderte zweite Staatsprüfung also auch nicht auf ein bestimmtes Fach, z. B. “Berufsberatung”, bezogen werden kann. Der Tarifzusammenhang läßt insbesondere nicht erkennen, daß der geforderten zweiten Staatsprüfung eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung im Sinne der Protokollnotiz Nr. 1 zum allgemeinen Teil der Vergütungsordnung MTA vorangegangen sein muß. Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts folgt dieses nicht aus einem Vergleich der vom Kläger herangezogenen Fallgruppe 2 der VergGr. Ib MTA mit den übrigen Fallgruppen dieser Vergütungsgruppe bzw. den Fallgruppen 1a bis 1c der VergGr. II MTA.

Zutreffend ist zwar, daß in den Fallgruppen 1a bis 1c der VergGr. II MTA ausdrücklich eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung im Tarifsinne verlangt wird. Der Kläger ist jedoch nicht nach diesen Tätigkeitsmerkmalen der VergGr. II MTA zu vergüten, sondern ist tarifgerecht in Fallgr. 24 VergGr. II MTA eingruppiert. Diese erfordert aber nicht, daß der Angestellte eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung im Tarifsinne aufweisen muß. In Fallgr. 24 ist vielmehr allein die Tätigkeit des Angestellten als Berufsberater für Abiturienten und Hochschüler gefordert. Hiernach ist es tariflich unbeachtlich, ob dem Kläger diese Tätigkeit wegen seiner Ausbildung als Diplomsoziologe oder wegen seiner Ausbildung als Lehrer übertragen wurde.

e) Ebenso ist der Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf die “übrigen Fallgruppen der VergGr. Ib” nicht weiterführend. Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts wird in den übrigen Fallgruppen der VergGr. Ib MTA nicht grundsätzlich eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung verlangt. Wie die schlichte Gegenüberstellung der einzelnen Fallgruppen erweist, enthält die VergGr. Ib MTA sowohl Fallgruppen, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung ausdrücklich voraussetzen (z. B. Fallgr. 1a bis 1e, 3, 4) als auch Fallgruppen, die eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung nicht ausdrücklich verlangen (z. B. Fallgr. 5, 6 bis 34). Ein Wille der Tarifvertragsparteien, in sämtlichen Fallgruppen der VergGr. Ib MTA eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung zu fordern, ist daher nicht erkennbar. Angesichts der nach einigen Fallgruppen der VergGr. Ib MTA ausdrücklich erforderlichen “abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulbildung” kann vielmehr nur der Umkehrschluß gezogen werden, daß die Tarifvertragsparteien für die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale der Fallgr. 2 eine abgeschlossene wissenschaftliche Hochschulbildung gerade nicht voraussetzen. Im übrigen ist davon auszugehen, daß den Tarifvertragsparteien bekannt war, in welchen Bereichen nach welcher Ausbildung eine zweite Staatsprüfung abgelegt wird und daß es sowohl zweite Staatsprüfungen mit vorangegangener wissenschaftlicher Hochschulbildung im Tarifsinne als auch zweite Staatsprüfungen ohne vorangegangene wissenschaftliche Hochschulbildung gibt. Da die Fallgr. 2 VergGr. Ib MTA keine Einschränkung enthält, führen beide Arten der zweiten Staatsprüfung zur verkürzten Bewährungszeit.

4. Auch aus der weitgehend wortgleichen Regelung der Fallgr. 2 der VergGr. Ib BAT ergibt sich nichts anderes. Zum einen stellen die Regelungen des BAT schon kein geeignetes Mittel zur Auslegung des MTA dar. Zwar haben die Tarifvertragsparteien des MTA die Regelungen des BAT weitgehend übernommen (vgl. BAG Urteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 449/88 – AP Nr. 7 zu § 1 BeschFG 1985). Gleichwohl handelt es sich um eigenständige Tarifverträge, die überdies von unterschiedlichen Tarifvertragsparteien abgeschlossen wurden. Der Regelungsinhalt eines anderen Tarifvertrages ist aber bei der Auslegung des in Rede stehenden Tarifvertrages grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (vgl. BAG Urteil vom 29. August 1991 – 6 AZR 272/89 – NZA 1992, 119, 120).

Zum andern resultiert die vom Landesarbeitsgericht gezogene Schlußfolgerung nicht aus der Tarifnorm selbst. Das Landesarbeitsgericht hat gemeint, als zweite Staatsprüfung im Sinne der Fallgr. 2 VergGr. Ib BAT komme die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen nicht in Betracht. Dies ist zwar richtig und gilt überdies nicht nur für die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen, sondern für die zweite Staatsprüfung in sämtlichen Lehrämtern. Allerdings folgt dieses Ergebnis nicht aus der Tarifnorm der Fallgr. 2 VergGr. Ib BAT selbst, sondern aus der Regelung der Nr. 5 der Vorbemerkungen zu allen Vergütungsgruppen, wonach die Vergütungsordnung auf Lehrkräfte grundsätzlich keine Anwendung findet. Die Vorbemerkung Nr. 5 wurde aber weder in die Vergütungsordnung MTA “übernommen”, noch findet sich eine vergleichbare Regelung im MTA. Demgemäß sind Angestellte mit der zweiten Staatsprüfung für ein Lehramt nicht von der Anwendung der Vergütungsordnung MTA ausgenommen.

5. Schließlich gebietet es der mit der Tarifnorm verfolgte Sinn und Zweck, beim Vorliegen jedweder zweiten Staatsprüfung die verkürzte Bewährungszeit eintreten zu lassen. Die verkürzte Bewährungszeit soll nämlich den zeitlichen Vorsprung ausgleichen, den die Angestellten ohne zweite Staatsprüfung gegenüber Angestellten mit zweiter Staatsprüfung beim Eintritt in das Berufsleben haben (vgl. Claus, Lexikon der Eingruppierung, Stichwort: Staatsprüfung). Darüberhinaus erfolgt die Verkürzung der Bewährungszeit im Hinblick darauf, daß Angestellte mit zweiter Staatsprüfung in dem zwischen der ersten und zweiten Staatsprüfung regelmäßig abzuleistenden Vorbereitungsdienst bzw. Referendariat bereits eine gewisse praktische Erfahrung in der beruflichen Tätigkeit gesammelt haben. Dies ist aber nicht nur bei zweiten Staatsprüfungen nach vorangegangenem wissenschaftlichem Hochschulstudium der Fall, sondern bei sämtlichen zweiten Staatsprüfungen. Die Tarifvertragsparteien haben die Verkürzung der Bewährungszeit gerade nicht an die jeweilige Dauer des Vorbereitungsdienstes oder die Qualifikation der zweiten Staatsprüfung angeknüpft, sondern aus Gründen der praktischen Handhabbarkeit und auch pauschalierend für sämtliche zweiten Staatsprüfungen die Bewährungszeit um vier Jahre verkürzt.

Die zweite Staatsprüfung für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen ist damit eine zweite Staatsprüfung im Sinne der Fallgr. 2 VergGr. Ib MTA (ebenso LAG Köln Urteil vom 10. August 1990 – 12 Sa 370/90 –). Der Kläger hat daher eine zweite Staatsprüfung im Tarifsinne. Die mithin anwendbare elfjährige Bewährungszeit hat der Kläger zurückgelegt. Nach Beginn seiner Tätigkeit am 1. Januar 1978 waren bei Beginn des Klagezeitraums (1. Januar 1990) elf Jahre vergangen.

6. Nachdem der Kläger sich während der Bewährungszeit unstreitig den in seiner Tätigkeit als Berufsberater für Abiturienten und Hochschüler auftretenden Anforderungen gewachsen gezeigt hat, erfüllt er damit die Tätigkeitsmerkmale der Fallgr. 2 VergGr. Ib MTA und hat einen Anspruch auf diese Vergütung. Es kommt daher nicht darauf an, ob er seinen Anspruch auch auf das Schreiben der Beklagten vom 12. Mai 1990 stützen könnte.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Dr. Etzel, Müller-Tessmann, E. Wehner

für den Richter am Bundesarbeitsgericht Schneider, der sich in Urlaub befindet

Schaub

 

Fundstellen

Haufe-Index 846746

NZA 1993, 42

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