Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe. Zur heilpädagogischen Gruppe grundlegend Urteile des Senats vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 358/92 –, – 4 AZR 382/92 – und – 4 AZR 383/92 – AP Nr. 2, 3 und 4 zu § 12 AVR Caritasverband sowie – 4 AZR 381/92 – ZTR 1993, 469; aus letzter Zeit Urteile des Senats vom 27. Juli 1994 – 4 AZR 527 bis 533/93 –, n.v. und vom 17. August 1994 – 4 AZR 634 bis 638/93 –, n.v.. Bestätigung der Rechtsprechung des Senats zur Aufnahme- (Beobachtungs-)gruppe; vgl. Urteile vom 6. Februar 1991 – 4 AZR 372/90 – AP Nr. 155 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 29. Januar 1992 – 4 AZR 217/91 – ZTR 1992, 200, 201 sowie vom 27. Juli 1994 – 4 AZR 528/93 –, n.v.

 

Leitsatz (amtlich)

  • Eine Gruppe von Behinderten im Arbeitstrainingsbereich einer Werkstatt für Behinderte, die das Eingangsverfahren nach § 3 SchwbWV bereits durchlaufen haben, ist keine Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe.
  • Dies gilt auch dann, wenn ihr zeitweise einzelne Behinderte angehören, die in dieser Gruppe ein sog. atypisches Eingangsverfahren durchlaufen.
 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; Anlage 1a VergGr. Vb, IVb, “Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe” Teil II (Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst) BAT/VKA i.d.F. vom 19. Juni 1970

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 29.07.1993; Aktenzeichen 14 Sa 369/92 E)

ArbG Göttingen (Urteil vom 16.01.1992; Aktenzeichen 1 Ca 261/91 E)

 

Tenor

  • Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 29. Juli 1993 – 14 Sa 369/92 (E) – aufgehoben.
  • Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Göttingen vom 16. Januar 1992 – 1 Ca 261/91 E – abgeändert:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Anschlußberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

  • Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Der Streit der Parteien geht um die tarifgerechte Eingruppierung der Klägerin.

Die am 22. Dezember 1938 geborene Klägerin ist von Beruf Wirtschafterin und staatlich anerkannte Erzieherin. Sie trat am 11. Dezember 1979 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Nach Ziff. 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12. Dezember 1979 wurde die Klägerin als Gruppenleiterin für die G… Werkstätten WfB eingestellt. Unter Ziff. 3 des Arbeitsvertrages ist bestimmt, daß “der Vergütungsberechnung … die Bestimmungen des BAT-VKA in der jeweils gültigen Fassung zugrunde liegen”. Bei Einstellung wurde die Klägerin in die Vergütungsgruppe VIb/7 “eingestuft”.

Die von der Beklagten betriebene Werkstatt für Behinderte verfolgt den Zweck, Behinderte (Jugendliche und Erwachsene) in das Arbeitsleben einzugliedern. Sie will es den Behinderten ermöglichen, ihre Leistungsfähigkeit zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und ein dem Leistungsvermögen angemessenes Arbeitsentgelt zu erreichen. Die Einrichtung der Beklagten ist gegliedert in den Arbeitsbereich mit den Werkstätten I (Holz), II (Metall/Verpackung) und III (Kunststoffrecycling/Verpackung/Elektromontage), den Arbeitstrainingsbereich und die Fördergruppe an der Werkstatt für Behinderte, die nach der Beurteilung des Fachausschusses nicht die Mindestkriterien des § 1 SchwbWV zur Aufnahme in der Werkstatt für Behinderte erfüllen. Die Personalkosten der Beklagten werden durch die Arbeitsverwaltung refinanziert. Dabei wird im Rahmenstellenplan des Landesarbeitsamtes Niedersachsen/Bremen auf die Tarifmerkmale für den handwerklichen Erziehungsdienst abgestellt.

Die Klägerin wird seit Beginn ihres Arbeitsverhältnisses mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Gruppenleiterin im Arbeitstrainingsbereich beschäftigt. In diesem Bereich sind bei der Beklagten sieben bis acht Gruppen gebildet, die aus sechs bis zehn Behinderten bestehen. Von den acht Gruppenleitern im Arbeitstrainingsbereich verfügen fünf über eine handwerkliche Ausbildung, während die übrigen drei Erzieher sind.

Die Klägerin leitet im Arbeitstrainingsbereich die Gruppe Hauswirtschaft/Textiles Gestalten. Dieser gehören sechs, maximal sieben körperbehinderte, psychisch und geistig behinderte sowie lernbehinderte, teils mehrfachbehinderte Jugendliche und Erwachsene im Alter von 16 bis 22 Jahren an. Überwiegend verfügen sie über einen Sonderschulabschluß oder über Sonderschulerfahrung. Die Gruppenmitglieder haben weitaus überwiegend das Eingangsverfahren im Sinne von § 3 SchwbWV, welches vier Wochen bis drei Monate dauert, bereits durchlaufen und sind dem Arbeitstrainingsbereich im Sinne von § 4 SchwbWV zugeordnet. In seltenen Fällen sind dem Arbeitstrainingsbereich Gruppenmitglieder zugewiesen, die kein solches Eingangsverfahren durchlaufen haben und sich auch nicht im Arbeitstraining befinden, sondern dort ein sog. atypisches Eingangsverfahren durchlaufen. In der Zeit vom 1. Januar 1990 bis zum 30. Juni 1993 haben der Gruppe der Klägerin insgesamt 26 Personen angehört, von denen 23 dem Arbeitstrainingsbereich zugeordnet waren, die restlichen drei dem atypischen Eingangsverfahren. Im Fachbereich Hauswirtschaft werden z. B. Kochen, Backen, Saubermachen, Bügeln, im Fachbereich textiles Gestalten beispielsweise Näh- und Stickstiche, Herstellen von Batik- und Memorykarten, Seidenmalerei erprobt und gefördert.

Als Förderziele im Arbeitstrainingsbereich werden folgende Zielsetzungen verfolgt:

  • Einblick vermitteln in die Möglichkeit der beruflichen Förderung sowie in Arbeits- und Produktionsformen der Werkstatt,
  • Üben von Grundfertigkeiten im Umgang mit verschiedenen Werkstoffen, Werkstücken, Werkzeugen und Maschinen,
  • Ergänzung, Erhalten und Stabilisieren von Fähigkeiten im lebenspraktischen, motorischen, körperlichen und sprachlichen Bereich,
  • Erkennen sicherheitsgerechten Verhaltens,
  • Erhöhen und Ausdauer der Belastbarkeit,
  • Feststellen und Erkennen von Fähigkeiten und Interessenschwerpunkten,
  • Fördern eines sozial- und arbeitsgerechten Verhaltens (Gruppenfähigkeit),
  • Erweitern der Selbständigkeit und Verantwortlichkeit,
  • Entwickeln des Selbstwertgefühles.

Der Klägerin obliegt es in ihrer Arbeitszeit zwischen 7.30 Uhr und 15.30 Uhr bzw. freitags bis 13.30 Uhr, die Gruppenmitglieder im Rahmen ihrer Fähigkeiten an Arbeitsabläufe des hauswirtschaftlichen Bereichs sowie des Bereichs textiles Gestalten heranzuführen. Dabei werden Inhalt und Umfang der Tätigkeit des einzelnen Gruppenmitglieds vom Grad seiner Behinderung bestimmt. Hiervon hängt es auch ab, in welchem oft erheblichen Umfang einfache Tätigkeiten nur mit dauernder Hilfe möglich sind. Das betrifft einmal die jeweils angebotene und angestrebte Arbeitsaufgabe wie auch das allgemeine Verhalten etwa bei der Einnahme der Mahlzeiten oder hinsichtlich der allgemeinen Hygiene sowie das Verhalten der Gruppenmitglieder untereinander. Über die Mitglieder der Gruppe erstellt die Klägerin detaillierte Berichte, die der späteren Entscheidung über die Zuweisung zu einzelnen Produktionsgruppen oder im Falle des sog. atypischen Eingangsverfahrens generell der Entscheidung über den Verbleib in der Einrichtung und im künftigen Tätigkeitsbereich des Gruppenmitglieds dienen.

90 % der Tätigkeit der Klägerin entfallen auf die Betreuungsarbeit in ihrer Gruppe, die restlichen 10 % auf Hausbesuche, die Zusammenarbeit mit den Angehörigen und den Fachdiensten sowie die Dokumentation.

Die Dauer der Grundkurse, wie ihn die Klägerin leitet, beläuft sich auf zwölf Monate; daran schließt sich ein ebenfalls zwölfmonatiger Aufbaukurs an.

Mit Schreiben vom 1. November 1990 hat die seinerzeit seit einem von den Parteien nicht vorgetragenen Zeitpunkt an nach der Vergütungsgruppe Vc BAT vergütete Klägerin “den Antrag auf tarifgerechte Eingruppierung” gestellt. Die Beklagte hat es mit Schreiben vom 4. März 1991 abgelehnt, “an der Eingruppierung etwas zu ändern”. Seit dem 1. Januar 1992 erhält die Klägerin von der Beklagten – aus deren Sicht übertariflich – Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Feststellung erstrebt, daß ihr ab 1. Mai 1990 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT zusteht und die Beklagte die Nettodifferenz zwischen gewährter und geforderter Vergütung mit 4 % seit Rechtshängigkeit verzinsen muß.

Sie hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit als Gruppenleiterin stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang dar und sei als Tätigkeit in einer Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe sowie auch in einer heilpädagogischen Gruppe anzusehen.

Die Klägerin hat beantragt,

  • festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab 1. Mai 1990 nach Vergütungsgruppe Vb BAT-VKA zu vergüten;
  • festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, bei der Erfüllung ihrer Verpflichtung aus Ziffer 1 die monatlichen Nettodifferenzbeträge zwischen Vergütungsgruppe Vc und Vb BAT-VKA mit 4 % seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit der Klägerin als Gruppenleiterin im Arbeitstrainingsbereich könne weder als Tätigkeit in einer Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe noch in einer heilpädagogischen Gruppe angesehen werden, da sie auf die Vermittlung von berufspraktischen und arbeitsprozeßbezogenen Kenntnissen ausgerichtet sei.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und auf die Anschlußberufung der Klägerin unter Neufassung des Tenors festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1992 eine Vergütung nach den Sätzen der Vergütungsgruppe Vb BAT-VKA und ab 1. Januar 1993 nach der Vergütungsgruppe IVb BAT-VKA nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, und die Revision zugelassen. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die von ihr geforderte Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT bis zum 31. Dezember 1992 hat die Klägerin ab 1. Januar 1992 erhalten. Für die Zeit vom 1. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1991 steht ihr bereits nach ihrem eigenen Vorbringen die geforderte Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT ebensowenig zu wie diejenige nach der Vergütungsgruppe IVb BAT für die Zeit ab 1. Januar 1993. Die Klage war daher insgesamt abzuweisen, und zwar hinsichtlich ihrer Erweiterung im Wege der Anschlußberufung durch deren Zurückweisung.

I. Die Klägerin hat eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben, die unbedenklich zulässig ist (BAGE 51, 59; 282, 287; 356, 360 = AP Nr. 115, 116 und 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dies gilt auch für den Feststellungsantrag, soweit er Zinsforderungen zum Gegenstand hat (BAGE 22, 247, 249 = AP Nr. 30 zu §§ 22, 23 BAT).

II. Die Klage ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht begründet.

1. Für die Zeit vom 1. Januar 1992 erhält die Klägerin vertragsgemäß Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT, die sie bis zum 31. Dezember 1992 mit ihrer Klage erstrebt. Dieser Anspruch ist somit insoweit durch Erfüllung erloschen (§ 362 Abs. 1 BGB).

2. Im übrigen steht ihr die geforderte Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT – für die Zeit vom 1. Mai 1990 bis zum 31. Dezember 1991 – sowie nach der Vergütungsgruppe IVb – für die Zeit ab 1. Januar 1993 – bereits nach ihrem eigenen Vorbringen nicht zu, denn die Klägerin ist weder in einer “Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe” noch in einer “heilpädagogischen Gruppe” tätig.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der BAT/VKA in seiner jeweiligen Fassung Anwendung. In Ziff. 3 des Arbeitsvertrages ist vereinbart, daß die Bestimmungen des BAT/VKA in ihrer jeweils gültigen Fassung “der Vergütungsberechnung” zugrunde liegen. Die Berechnung der Vergütung hängt ganz wesentlich von der Eingruppierung der Klägerin ab. Damit ist zwischen den Parteien auch die Geltung des § 22 BAT vereinbart.

a) Die Parteien haben im Arbeitsvertrag unter Ziff. 3 weiter vereinbart, die Klägerin werde in die Vergütungsgruppe VIb “eingestuft”. Daraus ist aber nicht zu schließen, daß diese unabhängig von den Eingruppierungsregelungen des BAT Vergütung nach der Vergütungsgruppe VIb BAT/VKA erhalten soll. Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um einen formularmäßigen Vertrag, so daß der Senat ihn selbständig auslegen kann (BAGE 24, 198, 202 = AP Nr. 2 zu § 111 BBiG, zu 2a der Gründe; BAG Urteil vom 20. Februar 1991 – 4 AZR 377/90 –, n. v.). Wird – wie vorliegend – in einem Arbeitsvertrag für die Vergütung des Arbeitnehmers ein Tarifvertrag in Bezug genommen, ist davon auszugehen, daß die Eingruppierung des Arbeitnehmers sich nach der zutreffenden Vergütungsgruppe richten soll. Dies gilt auch dann, wenn in einer nachfolgenden Bestimmung des Arbeitsvertrages auf eine bestimmte Vergütungsgruppe verwiesen wird. Dieser Verweisung kommt nur die Bedeutung zu, festzulegen, welche Vergütungsgruppe die Parteien einmal als zutreffend angesehen haben (vgl. statt vieler: BAG Urteil vom 12. Dezember 1990 – 4 AZR 306/90 – EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 4 = ZTR 1991, 199). Dem entspricht es auch, daß die Beklagte die Klägerin seit einem von den Parteien nicht vorgetragenen Zeitpunkt an nach Vergütungsgruppe Vc BAT bezahlt hat und ihr zwischenzeitlich ab 1. Januar 1992 trotz Verweisung auf die Vergütungsgruppe VIb im Arbeitsvertrag Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb gewährt. Für die Vergütung der Klägerin sind daher die durch den Dienstvertrag vereinbarten Eingruppierungsregelungen des BAT/VKA maßgebend.

b) Für die Eingruppierung der Klägerin kommt es nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT mithin darauf an, ob in deren Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der von ihr in Anspruch genommenen Vergütungsgruppe Vb (1. Mai 1990 bis 31. Dezember 1991) und IVb (ab 1. Januar 1993) erfüllen.

aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, die gesamte Tätigkeit der Klägerin stelle einen einheitlichen Arbeitsvorgang im Sinne des § 22 Abs. 2 BAT dar. Arbeitsergebnis sei die gesamte Tätigkeit der Klägerin als Leiterin der Gruppe in ihrer jeweiligen Zusammensetzung. Eine Aufspaltung etwa dahingehend, die gesamte sich auf das einzelne Gruppenmitglied beziehende Tätigkeit als einen Arbeitsvorgang anzusehen, sei nicht möglich. Abgesehen davon, daß dies praktisch zu kaum überwindlichen Schwierigkeiten führen würde, da viele Tätigkeiten der Klägerin sich gleichzeitig auf mehrere oder auf alle Gruppenmitglieder bezögen, würde dadurch ein wesentliches Element der Betreuung in der Gruppe mit allen auf das soziale Gefüge der Gruppe ausgerichteten Gesichtspunkten außer Betracht bleiben.

bb) Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Es ist von dem in der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs ausgegangen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (statt vieler: BAGE 51, 356, 360 = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).

Die Tätigkeit der Klägerin als Gruppenleiterin im Arbeitstrainingsbereich einer Werkstatt für Behinderte läßt sich nicht in einzelne Arbeitsvorgänge aufspalten, sondern stellt einen einzigen großen Arbeitsvorgang dar. Auch die Hausbesuche, die Zusammenarbeit mit den Angehörigen, den Fachdiensten sowie die Dokumentation sind keine selbständigen Arbeitsvorgänge, sondern Zusammenhangstätigkeiten in dem einzigen großen Arbeitsvorgang der Leitung einer Gruppe von Behinderten im Arbeitstrainingsbereich. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats zu Leitungstätigkeiten, z. B. bei Gruppenleitern in einer Werkstatt für Behinderte (Urteil des Senats vom 4. Mai 1994 – 4 AZR 438/93 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen; jüngst Urteil vom 30. November 1994 – 4 AZR 888/93 –, n.v.) oder im Arbeitstrainingsbereich (z. B. Urteil des Senats vom 17. August 1994 – 4 AZR 634/93 –, n.v.).

c) Für die Eingruppierung der Klägerin kommen nur die Tätigkeitsmerkmale des BAT für Angestellte im Erziehungsdienst in Betracht. Damit sind die folgenden Tätigkeitsmerkmale des Teils II des § 2 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anl. 1a zum BAT vom 19. Juni 1970 in der bis zum 31. Dezember 1990 geltenden Fassung, auf welche die Klägerin ihren Vergütungsanspruch stützt, für ihre Eingruppierung maßgeblich:

VergGr. IVb

  • Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1 nach vierjähriger Berufsausübung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe Vb.

    (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1, 2, 3 u. 15)

VergGr. Vb

  • Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung

    • in geschlossenen (gesicherten) Gruppen oder in Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppen oder in heilpädagogischen Gruppen,
    • (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 14 und 15)

  • Erzieher (innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen

    sowie Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern (Erzieherinnen) mit verwaltungseigener Prüfung nach einer mindestens zweijährigen Ausbildung, die sich mindestens zwei Jahre im Erziehungsdienst in der Vergütungsgruppe VIb bewährt haben,

    • in geschlossenen (gesicherten) Gruppen oder in Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppen

      nach einjähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 2.

      (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 14 und 15)

VergGr. Vc

  • Erzieher (innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen

    • in Gruppen von körperlich, seelisch oder geistig gestörten oder gefährdeten oder schwer erziehbaren Kindern und Jugendlichen nach einjähriger Berufsausübung in einer
    • Tätigkeit der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 2 der nach mehrjähriger Berufsausübung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe VIb Fallgruppe 1.
    • (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 5, 6, 10, 11, 13, 14 und 15)
  • Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen

    sowie

    Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern (Erzieherinnen) mit verwaltungseigener Prüfungnach einer mindestens zweijährigen Ausbildung, die sich mindestens zwei Jahre im Erziehungsdienst in der Vergütungsgruppe VIb bewährt haben,

    • in geschlossenen (gesicherten) Gruppen oder in Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppen,
  • Handwerksmeister, Industriemeister oder Gärtnermeister im handwerklichen Erziehungsdienst

    • als Leiter von Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder beschützenden Werkstätten,
    • als ausdrücklich bestellte ständige Vertreter der in Vergütungsgruppe IVb eingruppierten Leiter von Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder beschützenden Werkstätten.

VergGr. VIb

  • Erzieher (innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen

    • in Gruppen von körperlich, seelisch oder geistig gestörten oder gefährdeten oder schwer erziehbaren Kindern oder Jugendlichen.

      (Hierzu Protokollerklärungen Nr. 5, 6, 10, 11, 12, 13, 14 und 15)

  • Angestellte im handwerklichen Erziehungsdienst mit abgeschlossener Berufsausbildung

    • als Leiter von Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder beschützenden Werkstätten nach mehrjähriger Tätigkeit als solche,
    • als ausdrücklich bestellte ständige Vertreter der in Vergütungsgruppe Vb eingruppierten Leiter von Ausbildungs- oder Berufsförderungswerkstätten oder beschützenden Werkstätten.

Protokollerklärungen

Nr. 3

Erzieher(innen), Kindergärtnerinnen, Hortnerinnen,

mit staatlicher Anerkennung als Erzieher

oder Kindergärtnerin

oder

mit staatlicher Prüfung als Kindergärtnerin/Hortnerin

oder

mit staatlicher Erlaubnis als Krankenschwester/Krankenpfleger/Kinderkrankenschwester

sowie

Angestellte in der Tätigkeit von Erziehern (Erzieherinnen), Kindergärtnerinnen oder Hortnerinnen mit abgeschlossener mindestens gleichwertiger Fachausbildung

werden nach diesem Tätigkeitsmerkmal eingruppiert, wenn sie am 01. April 1970 die in dem Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit ausüben oder ihnen bis zum 31. Dezember 1990 diese Tätigkeit übertragen wird.

d) Die Klägerin erfüllt weder die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe Vb in der Zeit vom 1. Mai 1990 bis 31. Dezember 1991 noch diejenigen der Vergütungsgruppe IVb in der Zeit ab 1. Januar 1993.

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die von der Klägerin geleitete Gruppe sei als Beobachtungsgruppe im Sinne der Fallgruppe 1k der Vergütungsgruppe Vb BAT/VKA anzusehen. Dies ergebe sich bereits aus dem Gesichtspunkt der begleitenden Beobachtung im Arbeitstrainingsbereich. Zwar sei am Ende des Eingangsverfahrens vor der Aufnahme in eine bestimmte Gruppe des Arbeitstrainingsbereichs seitens des Fachausschusses über die Werkstattfähigkeit des Behinderten und über die Fachrichtung entschieden worden, die für ihn im Arbeitstrainingsbereich in Betracht komme. Dies ändere jedoch nichts daran, daß der Behinderte während seiner Zugehörigkeit zum Arbeitstrainingsbereich darauf zu beobachten sei, ob und gegebenenfalls in welchem Arbeitsbereich künftig sein Einsatz möglich sei. Hieraus ergebe sich, daß die Gruppe eines Arbeitstrainingsbereichs generell als Beobachtungsgruppe anzusehen sei. Darüber hinaus umfasse die Gruppe teilweise auch den Bereich des sog. atypischen Eingangsverfahrens. Da die Gruppenleitung insgesamt als ein Arbeitsvorgang anzusehen sei, der als solcher zu bewerten sei und hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden dürfe, komme dem Umstand keine Bedeutung zu, daß sich von den Mitgliedern der Gruppe der Klägerin jeweils nur eine sehr geringe Anzahl in dem atypischen Eingangsverfahren befunden habe. Die von ihr geleitete Gruppe sei auch als heilpädagogische Gruppe im tariflichen Sinne anzusehen. Es gelte bereits allgemein für die Gruppenleitung im Arbeitstrainingsbereich, daß diese eine heilpädagogische Tätigkeit sei. Für den Arbeitstrainingsbereich sei festzustellen, daß es sich in diesem Bereich um eine, wenn auch dem Schwerpunkt nach auf die Entwicklung beruflicher Fertigkeiten gerichtete, insgesamt die ganze Persönlichkeit des Behinderten erfassende Förderung handele. Darüber hinaus befänden sich in der Gruppe der Klägerin – wenn auch in geringem Unfang – Behinderte, die dem sog. atypischen Eingangsverfahren zuzuordnen seien. Für diese stehe die allgemeine Förderung der Persönlichkeit des Behinderten in noch weitergehender Weise im Vordergrund der Betreuung als im echten Arbeitstrainingsbereich. Darauf, welcher Tätigkeitsbereich in dem einheitlichen Arbeitsvorgang schwerpunktmäßig anfalle oder ihm das Gepräge gebe, komme es nicht an.

bb) Obwohl die Klägerin die persönlichen Voraussetzungen der Vergütungsgruppe Vb BAT/VKA Fallgruppe 1k a. F. (Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung oder Jugendleiterinnen mit staatlicher Prüfung) nicht erfüllt, kann sie grundsätzlich nach dieser Fallgruppe eingruppiert werden, weil aufgrund der Protokollerklärung Nr. 3 auch Erzieher/Erzieherinnen nach Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1k eingruppiert werden können, wenn ihnen bis zum 31. Dezember 1990 diese Tätigkeit übertragen wurde. Dies trifft für die Klägerin zu, weil sie seit dem 11. Dezember 1979 als Erzieherin in einer Gruppe bei dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger beschäftigt ist.

cc) Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht jedoch angenommen, die Klägerin sei in einer Gruppe tätig, die sowohl eine Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe als auch eine heilpädagogische Gruppe im Sinne der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1k BAT/VKA sei.

Die von der Klägerin betreute Gruppe kann nicht als Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe angesehen werden. Die Klägerin ist daher weder nach einjähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 2g noch in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 2g noch in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1k eingruppiert.

Bei der Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe muß es sich nach der Senatsrechtsprechung um eine Gruppe handeln, in der Feststellungen über die Klärung weiterer Hilfestellung oder Hilfeleistungen getroffen werden. Die Aufgabe des Erziehers oder Sozialpädagogen/Sozialarbeiters in der Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe ist die Aufstellung eines Therapieplans. Dann ist eine Entscheidung über weiterführende Hilfen, insbesondere über die Aufnahme in eine andere Gruppe (Verweilgruppe) zu treffen (vgl. Urteil des Senats vom 6. Februar 1991 – 4 AZR 372/90 – AP Nr. 155 zu §§ 22, 23 BAT 1975 zum Begriff der Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe in einer sozialtherapeutischen Einrichtung der Erwachsenenbildung; vgl. auch Urteil des Senats vom 29. Januar 1992 – 4 AZR 217/91 – ZTR 1992, 200, 201; aus jüngster Zeit Urteil vom 27. Juli 1994 – 4 AZR 528/93 –, n.v.). Es muß sich danach um eine mehr oder weniger kurzfristige Unterbringung handeln, bis über den weiteren Therapieplan entschieden ist. Dies trifft für die Gruppe, in der die Klägerin tätig ist, nicht zu.

Als Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe können danach diejenigen Gruppen gelten, in denen das Eingangsverfahren nach § 3 SchwbWV stattfindet. Dessen Aufgabe ist es, in Zweifelsfällen festzustellen, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung für die Eingliederung des Behinderten in das Arbeitsleben im Sinne des § 54 des SchwbG ist, sowie welche Bereiche der Werkstatt und welche berufsfördernden und ergänzenden Maßnahmen zur Rehabilitation für den Behinderten in Betracht kommen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 SchwbWV).

Bis auf wenige Ausnahmefälle haben die zur Gruppe der Klägerin im Arbeitstrainingsbereich gehörenden Behinderten bei der Beklagten das Eingangsverfahren entweder im Zusammenhang mit dem Arbeitstrainingsbereich oder der Fördergruppe an der Werkstatt für Behinderte durchlaufen. Aufgabenstellung der Klägerin ist für diesen Personenkreis nicht dessen Beobachtung, sondern das Arbeitstraining mit ihm, wie die Zuordnung ihrer Gruppe zum Arbeitstrainingsbereich zeigt. Daß dazu auch die Beobachtung der Behinderten gehört, macht die von der Klägerin geleitete Gruppe im Gegensatz zur Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht zu einer Beobachtungsgruppe. Teilnehmende Beobachtung ist Teil jeder Erziehungsarbeit. Gilt diese Erziehungsarbeit einer Gruppe von Personen, wäre diese zwangsläufig eine Beobachtungsgruppe. Daß dies nicht gemeint ist, zeigt die Nebeneinanderstellung der Begriffe Aufnahme- und Beobachtungsgruppe im Eingruppierungsmerkmal.

Bei der organisatorischen Gliederung der Förderung in der Einrichtung der Beklagten ist der sich an das Eingangsverfahren anschließende Grundkurs im Arbeitstrainingsbereich, wie ihn die Klägerin leitet, keine Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Klägerin in seltenen Fällen – nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in 3 von 26 Fällen während eines Zeitraums von 3 1/2 Jahren – bei Personen ihrer Gruppe ein sog. atypisches Eingangsverfahren durchführt. Die Eingruppierungsmerkmale der Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 2g und Vb Fallgruppe 1k setzen die Tätigkeit von Erziehern in Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppen voraus. Eine Gruppe ist eine Mehrzahl von Menschen, die nach gleichen Merkmalen zusammengefaßt werden können (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1986, Stichwort: Gruppe, S. 591 und Mackensen, Deutsches Wörterbuch, 12. Aufl., Stichwort: Gruppe, S. 462). Auf die Größe der Gruppe kommt es nicht an. Vom Wortsinn kann eine Gruppe auch aus zwei Menschen bestehen (Urteil des Senats vom 23. Februar 1994 – 4 AZR 224/93 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Kirchen). Die Durchführung des sog. atypischen Eingangsverfahrens durch die Klägerin gilt nur dann einer Aufnahme- (Beobachtungs-) gruppe, wenn ihr zwei Behinderte gleichzeitig zu diesem Zweck anvertraut waren. Dies ist nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts bei der Dauer des Eingangsverfahrens nach § 3 Abs. 1 SchwbWV – vier Wochen bis drei Monate – und der Zahl dieser Fälle in der Zuständigkeit der Klägerin – drei atypische Eingangsverfahren in 3 1/2 Jahren – eher unwahrscheinlich, von der Klägerin auch nicht behauptet und vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden.

Die Klägerin ist auch nicht in einer heilpädagogischen Gruppe im Sinne der Fallgruppe 1k der Vergütungsgruppe Vb BAT/VKA tätig.

Der Senat hat sich bereits in einer Reihe von Fällen mit dem Begriff der heilpädagogischen Gruppe befaßt, der im BAT nicht definiert ist. Zu seiner Bestimmung ist in erster Linie auf den Wortsinn zurückzugreifen. Dieser richtet sich nach dem Begriff der Heilpädagogik, wie er sich aus dem Sprachgebrauch der beteiligten Fachkreise ergibt. Danach ist, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, unter einer heilpädagogischen Tätigkeit eine solche zu verstehen, die mit besonderen, spezifischen Erziehungsformen die Förderung und Betreuung behinderter Menschen umfaßt (BAG Beschluß vom 3. Dezember 1985, BAGE 50, 241 = AP Nr. 31 zu § 99 BetrVG 1972; BAG Urteil vom 6. Dezember 1989 – 4 AZR 450/89 – AP Nr. 148 zu §§ 22, 23 BAT 1975; BAG Urteil vom 4. April 1990 – 4 AZR 20/90 – ZTR 1990, 380, 381; BAG Urteil vom 26. Mai 1993 – 4 AZR 383/92 – AP Nr. 4 zu § 12 AVR Caritasverband; BAG Urteil vom 23. Februar 1994 – 4 AZR 203/93 –, n.v.). Dabei kann sich die heilpädagogische Förderung nicht auf einzelne Lebensbereiche des Behinderten beschränken, sondern muß in einem umfassenden Sinn seine gesamte Persönlichkeit zum Gegenstand haben (vgl. Senatsurteil vom 4. April 1990 – 4 AZR 20/90 – ZTR, aaO).

In mehreren Entscheidungen vom 27. Juli 1994 hat der Senat für Wohngruppen, Außenwohngruppen und landwirtschaftliche Außenwohngruppen, in denen Kinder und Jugendliche aus Familien in Krisen, mit Erziehungsproblemen, Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu kinder- und jugendpsychiatrischen Störungsbildern, u. a. nach sexuellem Mißbrauch, und mit Schulproblemen betreut werden, verneint, daß diese heilpädagogische Gruppen sind (Urteile vom 27. Juli 1994 – 4 AZR 527 bis 533/93 –, n.v.).

Der Senat hat wiederum in mehreren Urteilen am 17. August 1994 für Gruppen von körperlich und/oder geistig behinderten, meist schwerstbehinderten und überwiegend mehrfachbehinderten Menschen im Arbeitstrainingsbereich deren Bewertung als heilpädagogische Gruppe verneint (Urteile vom 17. August 1994 – 4 AZR 634 bis 638/93 –, n.v.). An dieser Auffassung ist festzuhalten.

Die Tätigkeit der Gruppenleiter in den Gruppen des Arbeitstrainingsbereichs bei der Beklagten ist, wie sich aus der eigenen Darstellung der Klägerin ergibt, weit überwiegend dadurch geprägt, daß sie die Behinderten an die Arbeit heranführen und es ihnen ermöglichen soll, ihre Leistungsfähigkeit zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen. Die Förderziele im Arbeitstrainingsbereich haben ihrem Schwergewicht nach zum Inhalt, die Behinderten auf ihre (Wieder-) Eingliederung in das Arbeitsleben vorzubereiten oder doch mit diesem Ziel zu fördern.

Zwar hat die Klägerin auch die Aufgabe, Hilfestellung bei der Weiterentwicklung von individuellen Fähigkeiten der Behinderten zu geben, damit sie die personenbezogenen allgemeinen Anforderungen der Erwachsenenwelt erfüllen können. Auch dabei handelt es sich aber nicht um heilpädagogische Tätigkeiten, sondern um erzieherische Tätigkeiten, die sonst von Elternhaus, Schule und Ausbildungsbetrieb geleistet werden.

Der Senat verkennt nicht, daß in der Arbeitstrainingsgruppe das pädagogische Element eine größere Bedeutung haben dürfte als in einer üblichen Werkstattgruppe, in der das Ziel einer wirtschaftlich verwertbaren Arbeit der Behinderten deutlicher spürbar sein wird. Dies reicht aber nicht aus, um die Arbeitstrainingsgruppe zu einer heilpädagogischen Gruppe im Sinne des BAT zu machen. Auch in ihr ist nämlich die Betreuungstätigkeit der “Arbeitstrainer” in erster Linie darauf gerichtet, die Behinderten auf die Arbeitsleistung vorzubereiten und ihnen die hierfür erforderliche Förderung angedeihen zu lassen. Dagegen wird auch in der Traininsgruppe keine Betreuungsarbeit geleistet, die über die angestrebte Befähigung zur Arbeitsleistung hinausgehen würde und auf eine umfassende Förderung der gesamten Persönlichkeit des Behinderten auf der Grundlage seiner individuellen Bedürfnisse gerichtet wäre (Urteil vom 17. August 1994 – 4 AZR 634/93 –, n.v.).

e) Da die Klägerin keine heilpädagogische Gruppe im Sinne der Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1k betreut, kann sie nicht nach vierjähriger Berufsausübung daraus in die Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 3 BAT aufgestiegen sein.

3. Auf die Eingruppierungsmerkmale für Angestellte im Sozialund Erziehungsdienst in der Fassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 24. April 1991, in Kraft seit dem 1. Januar 1991, stützt die Klägerin ihre Vergütungsansprüche nicht. Auf diese Merkmale einzugehen ist daher entbehrlich. Ebenso bedarf der Anspruch der Klägerin auf die ihr von der Beklagten ab 1. Januar 1992 vertragsgemäß gewährte Vergütung nach der Vergütungsgruppe Vb BAT hier keiner Erörterung. Dies gilt auch für die Frage, ob die Klägerin daraus am 1. Januar 1996 in die Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 3 BAT aufrückt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 ZPO.

 

Unterschriften

Schaub, Schneider, Bott, Wiese, E. Wehner

 

Fundstellen

Haufe-Index 870900

NZA 1995, 1009

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