3.1 Anlass

 

Rz. 4

Die COVID-19-Pandemie schränkte auch den Wissenschafts- und Hochschulbetrieb ganz erheblich ein. Zahlreiche Forschungsvorhaben konnten aufgrund der coronabedingten Schließungen von Laboren, Bibliotheken und sonstigen Einrichtungen teilweise wochen- und monatelang nicht oder nur sehr eingeschränkt weitergeführt werden. Aufgrund der gesetzlichen Höchstbefristungsgrenzen waren und sind die nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG zur Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifikation befristet Beschäftigte besonders betroffen. Der Gesetzgeber wollte dafür mit dem Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz einen möglichen Ausgleich schaffen.[1]

Das Gesetz ist (rückwirkend) zum 1.3.2020 in Kraft gesetzt worden,[2] weil die Maßnahmen die negativen Folgen der COVID-19-Pandemie abmildern sollen, die seit Anfang März 2020 spürbar geworden sind.[3]

[1] Gesetz zur Unterstützung von Wissenschaft und Studierenden aufgrund der COVID-19-Pandemie v. 25.5.2020, BGBl. 2020 I, 1073; vgl. hierzu BR-Drs. 220/20 und BT-Drucks. 19/18699.
[2] Art. 3 des Gesetzes, BGBl. 2020 I, 1073, 1074.
[3] BT-Drucks. 19/18699 S. 8.

3.2 Umfang der möglichen Verlängerung

 

Rz. 5

Die Neuregelung des § 7 Abs. 3 erweitert die Höchstbefristungsgrenzen des § 2 Abs. 1 WissZeitVG für das wissenschaftliche und künstlerische Personal. Diese verlängern sich um 6 Monate. Bei dem Umfang der Verlängerung hat sich der Gesetzgeber an der Länge eines Hochschulsemesters orientiert.[1]

[1] Vgl. Gesetzesbegründung BT-Drucks. 19/18699 S. 7.

3.3 Voraussetzungen

3.3.1 Referenzzeitraum 1.3. bis 30.9.2020

 

Rz. 6

Voraussetzung für die Verlängerung der Höchstbefristungsgrenzen ist das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Sinne von § 2 Abs. 1 WissZeitVG im Zeitraum zwischen dem 1.3. und dem 30.9.2020. Die Bedeutung des im Gesetz genannten Referenzzeitraums ist aufgrund der handwerklich unzureichenden Umsetzung durch den Gesetzgeber unklar. Nach Sinn und Zweck der Regelung und unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters der bereits ohne die Verlängerung nicht engen Höchstbefristungsgrenzen wird man für die 6-monatige Verlängerung fordern müssen, dass das Arbeitsverhältnis während des gesamten Referenzzeitraums bestand. Soweit das BMBF davon ausgeht, dass es für die Verlängerung um 6 Monate genügen soll, dass der Arbeitsvertrag zu irgendeinem Zeitpunkt innerhalb des Referenzzeitraums besteht bzw. bestanden hat[1], ist es zweifelhaft, dass die Arbeitsgerichte dies ebenso sehen. Die Verlautbarungen eines Ministeriums sind für die Auslegung einer gesetzlichen Regelung nicht maßgebend. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Höchstbefristungsgrenzen ohnehin kritisch betrachtet werden, lässt es sich beispielsweise nur schwer rechtfertigen, die Höchstbefristungsdauer um 6 Monate auszudehnen, obwohl das Arbeitsverhältnis im Referenzzeitraum lediglich einen Monat bestand. Eine entsprechende Auslegung der Regelung erscheint mit dem Sinn und Zweck – angemessener Ausgleich für die aus Gründen des Infektionsschutzes gebotenen Einschränkungen bei der Nutzung von Laboren, Bibliotheken etc. – nicht vereinbar.

 
Praxis-Beispiel

1. Zwischen dem promovierten Dipl. Ing. A und der Universität B bestand vom 1.7.014 bis 30.6.2020 ein Arbeitsverhältnis als Postdoc nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG, nachdem bereits zuvor ein 6-jähriges Arbeitsverhältnis zur wissenschaftlichen Qualifizierung, § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, bestanden hatte. Die Höchstbefristungsdauer von 12 Jahren war am 30.6.2020 erfüllt. Sonstige Verlängerungsvoraussetzungen liegen nicht vor.

Eine Verlängerung der Höchstbefristungsdauer um 6 Monate nach § 7 Abs. 3 WissZeitVG scheidet aus, da das Arbeitsverhältnis nach § 2 Abs. 1 WissZeitVG nicht zwischen dem 1.3.2020 und dem 30.9.2020 bestand, sondern lediglich zwischen dem 1.3.2020 und dem 30.6.2020.

Auch eine (anteilige) Verlängerung der Höchstbefristungsdauer um (lediglich) 4 Monate – wegen des zwischen dem 1.3. und dem 30.6. bestandenen 4-monatigen Arbeitsverhältnisses – scheidet aus. § 7 Abs. 3 WissZeitVG sieht eine Verlängerungsmöglichkeit pro rata nicht vor, sondern geht vom Alles-oder-Nichts-Prinzip aus.

2. Rechtsassessor A wurde von der Universität F mit Arbeitsvertrag vom 15.7.2020 zum 1.9.2020 als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Qualifikationsziel Promotion befristet für 2 Jahre bis zum 31.8.2022 eingestellt. Die zulässige Höchstbefristungsdauer bis zur Promotion beträgt 6 Jahre (§ 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG). Eine Verlängerung um 6 Monate nach § 7 Abs. 3 Satz 1 WissZeitVG scheidet aus. Das Arbeitsverhältnis begann zwar am 1.9.2020 und damit im Referenzzeitraum, es bestand aber nicht im gesamten Referenzzeitraum, was für die Verlängerung der zulässigen Höchstbefristungsdauer erforderlich wäre.

 

Rz. 7

Die Verlängerung der zulässigen Höchstbefristungsdauer setzt keine Vereinbarung der Parteien voraus, die Befristung auf § 2 Abs. 3 WissZeitVG zu stützen. Sie tritt bei Bestehen eines sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses mit wissenschaftlichem oder künstlerischem Personal im Referenzzeitraum vielmehr automatisch ein, ohne dass die Parteien darauf Bezu...

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