1.1 Zweck des Arbeitszeitgesetzes (§ 1 ArbZG)

Das mit Wirkung zum 1.7.1994 in Kraft getretene Arbeitszeitgesetz löste die aus dem Jahre 1938 stammende Arbeitszeitverordnung (AZO), Bestimmungen der Gewerbeordnung bezüglich des Sonn- und Feiertagsbeschäftigungsverbotes sowie Regelungen des Frauenarbeitsschutzes und mehrere andere Bestimmungen ab. Die Hauptzwecke des Gesetzes sind in § 1 ArbZG definiert:

  • Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer,
  • flexiblere Arbeitszeiten zur Verbesserung der Rahmenbedingungen des Industriestandorts Deutschland,
  • Schutz der Sonn- und Feiertage als Arbeitsruhetage.

Das Arbeitszeitgesetz konzentriert sich auf die Festlegung von Höchstarbeitszeiten, Mindestpausen und -ruhezeiten sowie Regelungen der Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszeit. Sie setzt insoweit den zeitlichen Höchstrahmen der Arbeitszeit fest. Innerhalb dieses Höchstrahmens muss sich die individuelle Arbeitszeit des einzelnen Arbeitnehmers bewegen, die sich aus dem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergibt.

Das Arbeitszeitgesetz gilt für alle Arbeitnehmer ohne Unterscheidung nach Männern oder Frauen. Die bisherigen Beschäftigungsverbote und Beschränkungen für Frauen in der AZO wurden aus Gründen der Gleichbehandlung von Frauen und Männern aufgehoben. Dies gilt auch für bestehende Hausarbeitsregelungen. Hiervon sind allerdings die besonderen Schutzbestimmungen des Mutterschutzgesetzes nicht betroffen.

Nicht anwendbar ist das Arbeitszeitgesetz für leitende Angestellte i. S. d. § 5 BetrVG, Chefärzte, Leiter von öffentlichen Dienststellen und deren Vertreter, Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, die zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugt sind, Jugendliche, den Bereich der Kirche und einige besonders geregelte Berufsgruppen (z.B. Bäcker).

1.2 Dauer der Arbeitszeit (§ 3 ArbZG)

Arbeitszeit ist gemäß § 2 ArbZG die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeitszeit ohne die Ruhepausen. Zur Arbeitszeit zählt auch die Arbeitsbereitschaft (vgl. Bereitschaft), die als Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung zu verstehen ist (z.B. die Tätigkeit eines Nachtportiers, der nur auf Klingelzeichen aktiv wird; Rettungsdienste während der Einsatzpausen). Der Bereitschaftsdienst, bei dem sich der Arbeitnehmer an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten muss, um unverzüglich einsatzfähig zu sein, wurde bis zum 31.12.2003 im ArbZG gleichfalls der Ruhezeit zugeordnet. Diese Zuordnung verstieß jedoch nach Feststellung des EuGH im Urteil Landeshauptstadt Kiel/Jäger vom 9.9.2003[1] gegen die EU – Arbeitszeitrichtlinie. Aufgrund dessen wurde zum 1.1.2004 das Arbeitszeitgesetz den Vorgaben der Richtlinie angepasst. Nunmehr ist der gesamte Bereitschaftsdienst – also auch die Zeit der Untätigkeit innerhalb des Bereitschaftsdienstes – arbeitszeitschutzrechtlich der Arbeitszeit zuzuordnen. Abzugrenzen ist die Arbeitszeit von der Rufbereitschaft (vgl. Bereitschaft (§ 15 BAT), Die Rufbereitschaft, bei der der Arbeitnehmer seinen selbstbestimmten Aufenthaltsort mitteilen und sich zur Arbeit abrufbereit halten muss, ist - mit Ausnahme der tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung - als Ruhezeiten zu werten.

Die werktägliche Arbeitszeit beträgt unverändert zur AZO 8 Stunden pro Tag (§ 3 ArbZG). Dies bedeutet unter Einbeziehung des Samstags als Werktag eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden. Als Neuerung zur AZO ist die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf 10 Stunden unter Berücksichtigung des Ausgleichszeitraums von 6 Monaten oder 24 Wochen ohne weitere Beschränkung möglich. Die wesentliche Neuerung des Arbeitszeitgesetzes zur Flexibilisierung der Arbeitszeit besteht in der Verlängerung des Ausgleichszeitraums von bisher 2 Wochen auf 6 Monate oder 24 Wochen. Innerhalb dieses Ausgleichszeitraums muss die tägliche Arbeitszeit durchschnittlich 8 Stunden betragen. Bei einem Ausgleichszeitraum von 24 Wochen beträgt sonach die maximal zu verteilende gesetzliche zulässige Gesamtarbeitszeit 1.152 Stunden (24 Wochen x 8 Stunden am Tag x 6 Wochenarbeitstage), wobei eine Obergrenze von 60 Wochenarbeitsstunden und 10 Tagesarbeitsstunden zu beachten ist. Ein Urlaubs- oder Krankheitstag wird bei der Berechnung des Ausgleichszeitraums mit 8 Stunden gerechnet (bei Anwendung des BAT-West mit 7,7 Stunden). Durch diese Flexibilisierung wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit gegeben, in dem Ausgleichszeitraum flexibler auf unterschiedliche Auftrags- und Arbeitsschwankungen zu reagieren.

 
Praxis-Beispiel

Bei einem Ausgleichszeitraum von 24 Wochen ergibt dies 1.152 Stunden, die auf 144 Arbeitstage (24 Wochen x 6 Wochenarbeitstage) verteilt werden.

Variante 1: Zur Fertigstellung eines Auftrags mit Terminabsprachen arbeitet ein Arbeitnehmer von Montag bis Freitag je 10 Stunden und am Samstag 6 Stunden. Nach Erledigung des Auftrages arbeitet er wöchentlich 40 Stunden, so dass ein entsprechender Ausgleich unter Berücksichtigung der Anzahl der Wochen stattfinden kann.

Variante 2: Im Extremfall könnte auch eine Beschäftigung von Montag bis Samstag an 115 Werktagen à 10...

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