§ 52 Abs. 2 BAT ist kein Arbeitsbefreiungstatbestand. Er setzt vielmehr eine gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsbefreiung voraus, für die er lediglich die Bezahlung regelt.

Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht

Der Begriff "allgemeine staatsbürgerliche Pflichten" ist abzugrenzen gegenüber den "speziellen staatsbürgerlichen Pflichten". Allgemeine Pflichten können nur solche sein, die jeden Staatsbürger ohne Weiteres treffen können und nach allgemeiner Erfahrung auch treffen.[1] Als Beispiele solch allgemeiner staatsbürgerlichen Pflichten hat das BAG in einer älteren Entscheidung angeführt die Wahrnehmung amtlicher, gerichtlicher oder polizeilicher Termine.[2] Im Gegensatz hierzu stehen besondere oder spezielle staatsbürgerliche Pflichten. Das sind Pflichten, die nicht jeder Staatsbürger gleichermaßen erfüllen kann oder erfüllen muss.

Diese Differenzierung hatte allerdings bis zum 30.6.1996 keine entscheidende Bedeutung. Bis zu diesem Zeitpunkt lautete die entsprechende Regelung in § 52 Abs. 1 Nr. 1:

..... wird freigestellt

1. zur Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten

a....

b. zur Ausübung öffentlicher Ehrenämter

c....

d....

e. bei Heranziehung zum Feuerlöschdienst, Wasserwehr- oder Deichdienst....

Das Merkmal Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten war damit enumerativ ausgefüllt und abschließend konkretisiert. Es musste nicht mehr geprüft werden, ob die Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht gesetzlich vorgeschrieben war oder nicht. Diese enumerative Ausfüllung ist seit dem 1.7.1996 entfallen. Nunmehr muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine allgemeine oder eine spezielle staatsbürgerliche Pflicht vorliegt. Die vorherige enumerative Aufzählung hat hierbei keinerlei Bedeutung mehr, weil sie auch spezielle staatsbürgerliche Pflichten enthielt.[3]

Beispiele hierfür sind z.B. Pflichten wie die des Wasserwehrdienstes, des Deichdienstes, des Bergwachtdienstes oder aber auch die Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes als Mitglied des Prüfungsausschusses bei der Industrie- und Handelskammer[4]

Der Begriff des öffentlichen Ehrenamtes hat im Rahmen des § 52 BAT keinerlei Bedeutung mehr. Denn manche öffentliche Ehrenämter werden in Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten ausgeübt, manche aber auch in Erfüllung spezieller staatsbürgerlicher Pflichten. Manche aber auch, ohne dass überhaupt eine staatsbürgerliche Pflicht dem zugrunde liegt.

Deutsches Recht ist innerstaatlich gesetztes Recht, wobei Gesetze und Rechtsverordnungen gleichwertig nebeneinander stehen. Nicht gemeint ist damit, dass nur deutsche Staatsbürger von der zu erfüllenden Pflicht betroffen sein dürfen. So ist z.B. die Pflicht als Zeuge vor Gericht zu erscheinen durchaus eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht nach deutschem Recht.[5]

Wohl aber scheidet eine bezahlte Arbeitsbefreiung aus, wenn es sich um eine staatsbürgerliche Pflicht gegenüber einem anderen Staat handelt, auch wenn es der Heimatstaat eines ausländischen Arbeitnehmers ist.

Gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsbefreiung

Nicht erforderlich ist eine im Gesetz ausdrücklich angeordnete Freistellung des Arbeitnehmers. Eine derartige ausdrückliche Freistellung von der Arbeit zur Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten ist z.B. in § 11 ArbPlSchG enthalten, wonach ein Arbeitnehmer bei Einberufung zu Wehrübungen von nicht länger als 3 Tagen unter Weitergewährung des Arbeitsentgelts "von der Arbeit freigestellt ist". Soweit eine entsprechende Regelung fehlt, ist es nach Sinn und Zweck ausreichend, wenn dem Gesetz ein allgemeines Behinderungsverbot bei der Erfüllung dieser angeordneten allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten zu entnehmen ist.

4.1 Einzelfälle, in denen die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 erfüllt sind

Einzelfälle, in denen die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 BAT erfüllt sind:

- Beisitzer der Wahlausschüsse und die Mitglieder der Wahlvorstände nach dem Bundeswahlgesetz (§ 11 BWahlG).

Das gilt auch für die Mitglieder entsprechender Wahlorgane nach den Landes- und Kommunalwahlgesetzen, sofern diese Gesetze eine ähnlich ausgestaltete Verpflichtung enthalten (Verpflichtung für jeden Wahlberechtigten, Ablehnung nur aus wichtigem Grund).

- Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter.

Ein Freistellungsanspruch ergibt sich hier mittelbar aus dem Gesetz (für die Wahl und Heranziehung der Schöffen aus §§ 31-56 des GVG; für die ehrenamtlichen Richter in der Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgerichtsbarkeit aus den §§ 1, 20 ff., 35, 43 des ArbGG, den §§ 9, 30, 38 des SGG und den §§ 19 ff. der VwGO). In diesen Vorschriften wird die Arbeitsbefreiung für die Heranziehung als ehrenamtlicher Richter vorausgesetzt. Trotz der Tatsache, dass die ehrenamtlichen Richter bei Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichten besondere Qualifikationen vorweisen, is...

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