Aus Gründen der Personalgewinnung kann der Arbeitgeber gem. § 16 [VKA] Abs. 2 Satz 3 bzw. [Bund] Abs. 2 Satz 3 TVöD bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeiten für die in der Bundesverwaltung vorgesehene Tätigkeit förderlich sind und die Anrechnung zur Deckung des Personalbedarfs im begründeten Einzelfall notwendig ist.[1]

Inhaltlich kommen als förderliche Zeiten in erster Linie gleichartige und gleichwertige Tätigkeiten, die der Beschäftigte bei einem anderen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber ausgeübt hat, in Betracht. Sie können insbesondere vorliegen, wenn die frühere Tätigkeit mit der auszuübenden Tätigkeit in sachlichem Zusammenhang steht und Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen für die Erfüllung der auszuübenden Tätigkeit offenkundig von Nutzen sind.

Der Ermessensspielraum, ob eine Vortätigkeit förderlich ist, ist damit weiter als der bei der Beurteilung, ob eine Vortätigkeit als einschlägige Berufserfahrung anzusehen ist.

Die Anerkennung förderlicher Zeiten muss entsprechend der tariflichen Regelung bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs dienen. Dies bedeutet, dass die Besetzung eines freien Arbeitsplatzes ansonsten nicht entsprechend erfolgen könnte. Derartige Schwierigkeiten können arbeitsmarktbedingt in bestimmten Tätigkeitsbereichen oder Fachrichtungen, aber auch bei örtlich besonders schwieriger Bewerberlage für bestimmte Aufgaben auftreten. Der Arbeitgeber entscheidet einzelfallbezogen darüber, ob ein Personalengpass vorliegt. Für vorhandene Beschäftigte, welche "abwanderungswillig" sind, findet diese Regelung keine Anwendung, hierfür kommt allenfalls die Verkürzung der Stufenlaufzeit gem. § 17 Abs. 2 TVöD (s. Ziff. 4.1.1) oder die Zahlung einer Arbeitsmarktzulage (s. Ziff. 3.6.1) oder Fahckräftezulage (siehe Ziff. 3.6.2) in Betracht.

Der Arbeitgeber entscheidet, ob und wie er förderliche Zeiten anerkennen will und welche Kenntnisse er für die auszuübende Tätigkeit für förderlich erachtet. Die Berücksichtigung sonstiger förderlicher Zeiten für die Stufenzuordnung aus Gründen der Personalgewinnung (§ 16 [VKA] Abs. 2 Satz 3 bzw. [Bund] Abs. 3 Satz 4 TVöD liegt im freien Ermessen des Arbeitgebers. Aufgrund des Ermessens des Arbeitgebers hat der potenzielle Bewerber auch keinen Anspruch auf die Berücksichtigung förderlicher Zeiten, er hat nur einen Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung. Hat der Arbeitgeber allgemeine Regelungen zur Anerkennung förderlicher Zeiten festgelegt, ist auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.

Der Ermessensspielraum des Arbeitgebers erstreckt sich auch darauf, in welchem Umfang er die Vortätigkeit für die Stufenzuordnung berücksichtigt, d. h der Arbeitgeber kann die Zeiten aus der Vortätigkeit ganz oder teilweise berücksichtigen, je nachdem, in welchem Umfang er sie als förderlich ansieht und ihre Berücksichtigung zur Deckung des Personalbedarfs für erforderlich hält.

Verbleiben aus den anerkannten förderlichen Zeiten einer Vortätigkeit aufgrund der Stufenlaufzeiten nach § 16 (VKA) Abs. 3 bzw. (Bund) Abs. 4 TVöD Restzeiten, bleiben diese unberücksichtigt, sie führen also nicht zu einer Verkürzung der Stufenlaufzeit in der zugeordneten Stufe.

 
Praxis-Beispiel

Der Arbeitgeber hat eine Stelle als Sachbearbeiter Personal in Entgeltgruppe 8 ausgeschrieben. Darauf bewirbt sich ein Verwaltungsfachangestellter. Weitere geeignete Bewerber sind nicht vorhanden. Der Bewerber hat in der Verwaltung bereits 7 Jahre gearbeitet. Eine einschlägige Be­rufserfahrung in Personalangelegenheiten von mehr als 2 Jahren ist nicht vorhanden. Daher wäre er in EG 8 Stufe 2 (3.049,92 EUR; Stand: 1.4.2021) einzustellen. Der Bewerber hat in seinen Gehaltsvorstellungen 3.200,00 EUR gefordert. Eine Einstellung in Stufe 2 deckt diese Gehaltsvorstellungen nicht ab. Da der Arbeitgeber die Stelle zeitnah besetzen muss und keine erneute Stellenausschreibung vornehmen möchte, kann er die Erfahrungen aus der Vortätigkeit unter Umständen als förderliche Zeiten berücksichtigen. Würde der Arbeitgeber die vollen 7 Jahre als förderlich anerkennen, könnte der Bewerber der Stufe 4 (nach 6-jähriger Tätigkeit ist gem. § 16 [VKA] Abs. 3 bzw. [Bund] Abs. 4 TVöD die Stufe 4 erreicht – 1 Jahr in Stufe 1, 2 Jahre in Stufe 2 und 3 Jahre in Stufe 3) mit einem Bruttogehalt i. H. v. 3.314,31 EUR (Stand: 1.4.2021) zugeordnet werden. Mit der Zuordnung in Stufe 4 ist aber keine Verkürzung der Stufenlaufzeit in Stufe 4 um 1 Jahr (Rest aus der 7-jährigen Berufserfahrung) verbunden; Restzeiten bleiben also unberücksichtigt. Will der Arbeitgeber nicht in Stufe 4, sondern nach Verhandlungen über das Gehalt in Stufe 3 (Bruttogehalt von 3.183,23 EUR; Stand: 1.4.2021) zuordnen, bliebe eine Restzeit von 4 Jahren unberücksichtigt.

[1] BMI, Rundschreiben v. 6.9.2006, D II 2 – 220 210 – 2/16.

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