Unsicherheit über Schulbetrieb im neuen Schuljahr

Kurz vor dem Ende der Sommerferien in einigen Bundesländern bleibt die Skepsis groß, ob es mitten in der Corona-Pandemie mit der geplanten Rückkehr in den Regelbetrieb an den Schulen klappt. Viele Lehrer könnten aus gesundheitlichen Gründen für den Schulbetrieb nicht zur Verfügung stehen.

Nach Ansicht des Deutschen Lehrerverbandes sind die Schulen für eine Rückkehr zum Regelbetrieb nicht ausreichend vorbereitet. Er befürchte ein «großes Durcheinander», sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger. Der Bundeselternrat rechnet wegen Corona mit erneuten Schulschließungen und geht davon aus, dass das Schuljahr «keineswegs planmäßig verläuft», wie der Vorsitzende Stephan Wassmuth sagte.

Regelbetrieb ist für Kinder und Jugendliche wichtig

Unterstützung bekommen die Bundesländer mit ihren Planungen für eine Rückkehr in den Regelbetrieb von der obersten deutschen Ärztevertretung. Ohne ausreichend Unterricht über einen längeren Zeitraum drohten Kindern «enorme Folgeprobleme, etwa in Bezug auf die körperliche und psychische Entwicklung», sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. «Der Anspruch muss sein, einen weitestgehenden Regelbetrieb an den Schulen zu sichern - im Sinne der Kinder.»

Im neuen Schuljahr kein Abstand in den Klassenzimmern

Baden-Württemberg geht an diesem Donnerstag als letztes Bundesland in die Sommerferien, während in Mecklenburg-Vorpommern am nächsten Montag bereits das neue Schuljahr beginnt. Mehrere andere Bundesländer starten kurze Zeit später. Die Kultusminister der Länder hatten vor dem Sommer vereinbart, den Regelbetrieb an den Schulen wiederaufzunehmen und dabei auch auf die Abstandsregel zu verzichten - mit der Einschränkung: «sofern es das Infektionsgeschehen zulässt». Mitte Juli hatten sie dafür ein neues Hygiene-Rahmenkonzept vorgelegt.

Bis zu 20 Prozent der Lehrer könnten ausfallen

Meidinger bemängelte, für einen Vollbetrieb ohne Abstandsregeln fehlten die Lehrkräfte. Bildungsgewerkschaften schätzen, dass bis zu 20 Prozent der Lehrer zur Risikogruppe gehören und für den Präsenzunterricht ausfallen könnten. Auch die Hygieneregeln der Kultusminister der Länder für die Schulen werden als wenig praktikabel kritisiert, beispielsweise die Vorgabe, regelmäßig «intensiv» stoßzulüften.

«An vielen Schulen lassen sich die Fenster in höher gelegenen Klassenräumen aus Sicherheitsgründen nicht oder nur einen Spalt öffnen», sagte Meidinger. Zudem sei die Idee fester Lerngruppen vielleicht an Grundschulen umsetzbar, aber kaum an einer gymnasialen Oberstufe mit Kurssystem, wo die Schüler ständig mit anderen Mitschülern zusammen seien.

Elternvertreter sind skeptisch

Zu den Skeptikern zählt auch der Bundeselternrat, die Dachorganisation der Landeselternvertretungen in Deutschland. Zwar wünschten sich Eltern sicheren und flächendeckenden Präsenzunterricht, sagte der Vorsitzende Wassmuth. Er rechnet pandemiebedingt regional dennoch wieder mit Schulschließungen und fordert von den Ländern konkrete Planungen auch für ein «Szenario B» mit einer Mischung aus Präsenz- und Fernunterricht. «Wer das nicht vorbereitet hat, handelt höchst fahrlässig und gegen die Schülerinnen und Schüler.»

Die dem Verband bekannten Planungen seien nicht abschließend zu Ende gedacht. «Oftmals hat man das Gefühl, man agiert nach dem Prinzip Hoffnung (es wird schon klappen und wir werden nicht vom Virus ereilt)», sagte Wassmuth.

Abstriche beim Unterrichtsstoff?

Der Elternvertreter rechnet nicht damit, dass unter den gegebenen Bedingungen der Lehrplan zu schaffen ist, und fordert eine «Entrümpelung». Auch Lehrerverbandspräsident Meidinger hält es für sinnvoll, wenn die Bundesländer sicherheitshalber Listen mit Stoffgebieten erstellen, «deren Vermittlung im nächsten Schuljahr verzichtbar ist». «Man muss sich ehrlich machen. Ideale Unterrichtsbedingungen wird es noch lange nicht geben», sagte er.

Digitalisierung voranbringen

Zur Vorbereitung auf weitere mögliche Schulschließungen müssten Meidingers Ansicht nach die für die Schuldigitalisierung vorgesehen Milliarden-Fördergelder jetzt «mit Hochdruck in die Schulen gepumpt werden». Bislang tröpfelten diese nur.

dpa
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