Sind Beamtenstatus und Parteimitgliedschaft vereinbar?

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lässt die Vereinbarkeit der Pflichten von Beamten und einer Parteimitgliedschaft prüfen. Beamte müssen sich bei einer parteipolitischen Betätigung verfassungstreu verhalten. Ansonsten droht die Entfernung aus dem Dienst.

«Die Prüfung gilt ganz generell, für Rechts- wie für Linksradikale, unabhängig von der jüngsten AfD-Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz», sagte Seehofer (CSU). Lob bekam der Innenminister dafür von der AfD. Der Beamtenbund dbb wies darauf hin, dass die Rechtslage bereits eindeutig sei.

Hintergrund ist Prüffall bei der AfD

Der Verfassungsschutz hatte Mitte Januar die AfD insgesamt zum «Prüffall» erklärt. Genauer hinschauen will die Behörde beim rechtsnationalen «Flügel» der AfD und bei der Jungen Alternative. Beide wurden als «Verdachtsfall» eingestuft. Vor diesem Hintergrund war Seehofer nach der Vereinbarkeit einer Parteimitgliedschaft mit dem Beamtenstatus oder der Beschäftigung im öffentlichen Dienst gefragt worden.

«Das ist eine Frage, die wir derzeit noch sehr genau prüfen», antwortete Seehofer. Sie werde öfters an sein Ministerium herangetragen. «Deshalb habe ich mein Haus gebeten, diese Frage der Mitgliedschaft und welche Verpflichtungen für einen Beamten entstehen hinsichtlich der politischen Zurückhaltung noch mal sehr genau für mich zu prüfen – in vier bis acht Wochen.»

Beamte dürfen sich parteipolitisch engagieren

Beamten müssen laut Gesetz neutral und von politischen und wirtschaftlichen Einflüssen unabhängig sein. Politische Betätigung ist Beamten aber nicht verboten. Im Bundestag sitzen aktuell sogar 173 Beamtinnen und Beamte. Außerhalb des Dienstes können Beamte sich in einer nicht verfassungswidrigen Partei engagieren. Auch außerhalb des Dienstes dürfen sie sich aber nicht in den Widerspruch zur verfassungsmäßigen Ordnung stellen. Beamten können auch ein Abgeordnetenmandat wahrnehmen - während dieser Zeit müssen sie aber aus dem Dienst ausscheiden. Ein vertragliches Arbeitsverhältnis, das gekündigt werden könnte, haben Beamte nicht. Sie sind in der Regel auf Lebenszeit ernannt und können nur aus dem Dienst entfernt werden, wenn das Vertrauen in sie verloren gegangen ist.

Das Bundesinnenministerium verwies auf Nachfrage auf Rechtsprechung von Bundesgerichten. Zu vermeiden sei bereits der «Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Bestrebungen (...), die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen». Wo so etwas disziplinarrechtliche Folgen habe, sei Gegenstand der geplanten Prüfung.

Fälle der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

Für Schlagzeilen sorgte im September die Entfernung des AfD-Bundestagsabgeordneten und früheren Staatsanwalts Thomas Seitz aus dem Beamtenverhältnis. Das Richterdienstgericht in Karlsruhe war zu dem Schluss gekommen, dass Seitz die Vorschriften zum Beamtenstatus verletzt hatte. Seitz hatte im Zuge von Wahlkämpfen zwischen 2015 und 2017 im Internet unter anderem Begriffe wie «Quotenneger» und «Gesinnungsjustiz» gepostet. Er hatte angekündigt, den Rechtsstreit durch alle weiteren Instanzen zu tragen. Im Mai war bekannt geworden, dass das Bundesverkehrsministerium gegen einen mutmaßlichen «Reichsbürger» vorging, der als Beamter beim Bundeseisenbahnvermögen arbeitete. Ende 2017 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass ein rechtsextremer Berliner Polizist aus dem Beamtenverhältnis entfernt wird. «Die Treuepflicht eines Beamten kann auch durch das Tragen von Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt verletzt werden», so das Gericht.

Beamtenbund: Beamte müssen sich verfassungstreu verhalten

«Für Verfassungsfeinde ist kein Platz im öffentlichen Dienst», stellt der Vorsitzende des dbb Beamtenbund und Tarifunion, Ulrich Silberbach, fest. «Wer für diesen Staat arbeitet, muss auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Beamtinnen und Beamte werden sogar direkt auf das Grundgesetz vereidigt.» Sollten sie sich verfassungsfeindlich äußern oder betätigen, werde das individuell geprüft. Es gebe Disziplinarverfahren - und gegebenenfalls sogar eine Entfernung aus dem Dienst.

Politiker begrüßen die Prüfung

AfD-Chef Jörg Meuthen begrüßte Seehofers Initiative: «Insbesondere Beamte und Angestellte des Öffentlichen Diensts, die Mitglieder der SPD, der Grünen und der Linken sind, sollten auf mögliche Kontakte zum linksextremen und gewaltbereiten Antifa-Milieu überprüft werden.»

Der FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser sagte: «Diese Prüfung ist sinnvoll, längst überfällig und dass sie nun auch noch Wochen dauern soll, ist mal wieder typisch Seehofer.» Die Bürger hätten ein Anrecht darauf, «dass unsere Staatsdiener nicht nur auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, sondern auch nach seinen Grundsätzen handeln und sich klar und eindeutig zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen».

dpa

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