Polizeidiensttauglich: Lactose- und Fructoseunverträglichkeit

Eine Lactose- und Fructoseunverträglichkeit führt nicht grundsätzlich zur Dienstuntauglichkeit und zum Ausschluss in einem Bewerbungsverfahren für den Polizeivollzugsdienst. Dies entschied das Verwaltungsgericht Koblenz am 23.8.2019 in einem Eilverfahren.

Der Antragsteller des Eilverfahrens hatte sich für eine Beamtenstelle im mittleren Polizeidienst bei der Bundespolizei beworben. Aus einem beigelegten ärztlichen Entlassungsbrief ging eine Laktose- und Fructoseunverträglichkeit hervor. Der Polizeiarzt schloss daraufhin die Polizeidiensttauglichkeit des Antragstellers aus und lehnte die Zulassung zum Bewerbungsverfahren ab. Dabei berief sich dieser auf die Regelung einer Polizeidienstvorschrift, die schwerwiegende, chronische oder zu Rückfällen neigende Krankheiten der Verdauungsorgane als die Polizeidiensttauglichkeit ausschließende Merkmale festlegt. Hierunter falle nach Ansicht des Polizeiarztes die Unverträglichkeit des Antragstellers.

Keine ausreichende Prognoseentscheidung 

Das Verwaltungsgericht Koblenz entschied, dass der Ausschluss des Antragstellers zu Unrecht geschah. Nach Ansicht des Gerichts habe die Antragsgegnerin keine ausreichende Prognoseentscheidung der gesundheitlichen Eignung des Antragsstellers getroffen. 

Die Antrags­gegnerin habe zwar im Rahmen ihres ihr zustehenden Einschätzungsspielraums die körperlichen Anforderungen für die Bewerber des Polizeivollzugsdienstes festzulegen. Die Beurteilung der Eignung eines Bewerbers für das von ihm angestrebte öffentliche Amt enthalte jedoch eine Prognose, die eine konkrete und einzelfallbezogene Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Bewerbers verlangt. Diese Prognose erfasse dabei den Zeitraum bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. 

Konkrete Situation ist zu berücksichtigen

Die Unverträg­lichkeiten des Antragstellers seien zum einen nicht ausdrücklich in der zugrunde gelegten Polizeidienstvorschrift geregelt. Auch sei in der Prognoseentscheidung die konkrete Situation des Antragstellers zu berücksichtigen. Dem ärztlichen Befund nach sei der Antragsteller aktuell uneingeschränkt dienstfähig. Auch habe der Antragsteller seine persönliche Toleranzschwelle für Fructose und Lactose gefunden. Es bestehe aus medizinischer Sicht keinerlei Notwendigkeit einer medikamentösen Therapie. Zudem befinde er sich in einem sehr gutem Allgemein- und Ernährungszustand. 

Damit sei der Befundbericht geeignet, die Ausführungen des Polizeiarztes zu erschüttern, so die Ansicht des Gerichts. Bestehen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Lactose- und Fructoseunverträglichkeit in der konkreten Ausprägung die Polizeidiensttauglichkeit nicht ausschließen und fehle es an der zu treffenden Prognoseentscheidung, dürfe die Antragsgegnerin ihn vorläufig nicht mit dem Argument, ihm fehle die gesundheitliche Eignung, aus dem Bewerbungsverfahren ausschließen.

Da das Gericht die fehlerhafte Prognoseentscheidung mangels hinreichender Entscheidungsgrundlagen nicht ersetzen könne, sei der Antrag­steller vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren zum Auswahlverfahren für den mittleren Polizeivollzugsdienst der Bundespolizei zuzulassen.

(Verwaltungsgericht Koblenz, Beschluss v. 23.8.2019, 2 L 802/19.KO)


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