Kündigung nach „Zufallsfund“ bei verdeckter Videoüberwachung
Die heimliche Videoüberwachung von Arbeitnehmern stellt generell einen erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar und ist daher nur in Ausnahmefällen und als letztes Mittel zulässig.
Verdeckte Videoüberwachung nur unter strengen Voraussetzungen
Nach § 32 BDSG müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine solche Maßnahme zulässig ist:
- Die verdeckte Videoüberwachung darf nur über einen vorab bestimmten, nicht unverhältnismäßig langen Zeitraum erfolgen.
- Es muss ein konkreter Verdacht auf eine Straftat bestimmter Mitarbeiter bestehen.
- Mildere Maßnahmen zur Aufklärung sind ergebnislos verlaufen oder sind nicht einsetzbar.
Arbeitgeber vermutete erhebliche Diebstähle durch Mitarbeiter
In dem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheidenden Fall hatte ein Supermarktbetreiber eine solche verdeckte Videoüberwachung durchgeführt, nachdem es im Kassenbereich zu erheblichen Diebstählen gekommen war, die wohl nur durch Mitarbeiter verübt werden konnten. Andere Maßnahmen zur Überführung der Täter waren erfolglos geblieben, sodass in Abstimmung mit dem Betriebsrat eine auf 14 Tage befristete verdeckte Videoüberwachung durchgeführt wurde.
Statt Manipulation der Kasse wurde Betrug mit Pfandbons gefilmt
Ob die Diebe durch diese Maßnahme nun überführt wurden oder nicht, ist nicht bekannt. Wohl aber wurde eine Mitarbeiterin, die nicht zum Kreis der Verdächtigen gehörte, durch die Videoaufnahmen dabei gefilmt, wie sie eine sogenannte „Musterpfandflasche“ einscannte und sich den Pfandbon im Gegenwert von 3,25 Euro selbst auszahlte. Dies wertete der Arbeitgeber als Betrug und sprach eine außerordentliche Kündigung aus, gegen die sich die Mitarbeiterin mit einer Kündigungsklage wehrte.
BAG: Kein Beweisverwertungsverbot für Zufallsfunde
Beim Bundesarbeitsgericht musste man sich im Revisionsverfahren deshalb mit der Frage beschäftigen,
- ob die aus der verdeckten Videoüberwachung gewonnenen Beweise in diesem Fall überhaupt verwendet werden durften,
- da die Überwachung einen ganz anderen Sachverhalt aufklären sollte
- und auch die betroffene Mitarbeiterin gar nicht zum Kreis der Verdächtigen gehört hatte.
Das BAG folgte der Argumentation der Klägerin nicht, die vorgetragen hatte, dass die verdeckte Videoüberwachung in ihrem Fall gar nicht hätte zum Einsatz kommen dürfen, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt gewesen seien und die so gewonnenen Beweise nicht hätten verwendet werden dürfen.
Das BAG stellte klar, dass eine Videoüberwachung zwar, um rechtmäßig zu sein, auch in der Art ihrer Durchführung ultima ratio zur Aufklärung des ihr zugrunde liegenden Verdachts sein muss. Wenn dies aber der Fall ist, sind durch sie unvermeidbare Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte mitbetroffener Arbeitnehmer ebenfalls durch den Aufklärungszweck gerechtfertigt (BAG, Urteil v. 22.09.2016, 2 AZR 848/15).
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