Jugendsünde kein Grund für Ausschluss von Polizeibewerbung

Ein einmaliges Fehlverhalten in Form des Erwerbs einer geringen Menge von Marihuana im Alter von 14 Jahren führt nicht zum Ausschluss aus der Bewerbung für den Polizei­vollzugs­dienst. Dies hat der Ver­waltungs­gerichts­hof (VGH) Baden-Württemberg entschieden.

Zweifel an der charakterlichen Eignung können sich gerade bei einer Bewerbung für den Polizeivollzugsdienst auch aus einem früheren einmaligen Fehlverhalten ergeben. Dabei sind jedoch das Alter bei Tatbegehung, der zeitliche Abstand und die seitdem erfolgte Persönlichkeitsentwicklung zu berücksichtigen, so der VHG.

Bewerber erwarb mit 14 Jahren eine geringe Menge Marihuana

Ein Bewerber für den Polizeivollzugsdienst hatte im Alter von 14 Jahren einmalig durch Erwerb einer geringen Menge Marihuana gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen. Wegen fehlender charakterlicher Eignung wurde er deshalb vom Bewerbungsverfahren ausgeschlossen. Gegen den Ausschluss klagte der Bewerber. Er argumentierte, dass es sich um ein einmaliges Fehlverhalten gehandelt habe, er seitdem straflos sei und sich klar von der Straftat distanziert habe.

Das Verwaltungsgericht gab der Klage statt. Das beklagte Land habe oberflächlich und schematisch den Bewerber aufgrund des wegen eines einmaligen und geringfügigen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz durchgeführten Ermittlungsverfahrens für charakterlich ungeeignet gehalten, ohne die konkreten Tatumstände und die in der Folgezeit erfolgte persönliche Entwicklung des Bewerbers ordnungsgemäß und vollständig zu würdigen. Das Land habe es damit versäumt, hinreichende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen.

Das beklagte Land wollte die Zulassung der Berufung erreichen, um diese Entscheidung anzufechten.

VHG: Einmaliges Fehlverhalten führt nicht zwingend zum Ausschluss von Bewerbungsverfahren

Der VGH Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Zwar stehe dem Dienstherrn ein Spielraum zu, soweit es um die Wertung und Gewichtung der Umstände geht, die zu den Auswahlkriterien Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu rechnen sind. Jede Auswahlentscheidung müsse allerdings auf einer tragfähigen Sachverhaltsermittlung, einer ausreichenden Tatsachengrundlage und einer sorgfältigen Abwägung beruhen; dies gelte auch und insbesondere, wenn die Auswahl auf einer Beurteilung der persönlichen, charakterlichen Eignung beruht.

Der VHG wies darauf hin, dass stets die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden müssen.

Jugendsünde begründet keine Zweifel an charakterlicher Eignung

Im vorliegenden Fall handele es sich um eine einmalige und wenig strafrechtlich relevante Tat, die das Gepräge einer Jugendsünde hat und zeitlich lange zurückliegt. Eine solche rechtfertige nach Auffassung des VGH keine Zweifel an der charakterlichen Eignung, wenn der Bewerber reflektiert mit dem Fehlverhalten umgeht und sich seine Persönlichkeitsentwicklung seitdem stabil entwickelte.

Im vorliegenden Fall sei der Bewerber seit dem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz nicht noch einmal straffällig in Erscheinung getreten und habe sich glaubhaft von dem Verstoß distanziert. Er habe zudem das Abitur und die Befähigung zur Offizierslaufbahn sowie zum Medizinstudium erworben.

Jedenfalls in einem solchen Fall rechtfertige allein der geringe BtmG-Verstoß als solcher, hinsichtlich dessen die Staatsanwaltschaft gemäß § 45 Abs. 2 JGG von der Verfolgung abgesehen hat, sechs Jahre später nicht die Ablehnung der Bewerbung für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst unter Verweis auf Zweifel an der charakterlichen Eignung (VHG Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.3.2022, 4 S 3920/21).

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