Bereitschaftsdienst ist zusätzlich zur regelmäßigen Arbeitszeit zu leisten
Der Kläger war als Altenpfleger in einer Betreuungseinrichtung nach TVöD-B beschäftigt und dort in einem Schichtmodell eingesetzt, welches einen Schichtturnus von zwölf Arbeitstagen vorsieht mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 39 Stunden. In der zweiten Woche ging der Schichtdienst von 20:15 Uhr bis 08:05 Uhr des Folgetags. Während der Nachtschicht hing die zu erbringende Arbeitsleistung von den Bedürfnissen der zu betreuenden Bewohner ab.
Bereitschaftsdienst und regelmäßige Arbeitszeit
Der Arbeitgeber (Beklagter) betrachtete daraufhin die Zeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr als Bereitschaftsdienst i. S. d. § 7 Abs. 3 TVöD-B und bewertete sie zu 25 % als Arbeitszeit (sog. Faktorisierung). Der Kläger vertrat jedoch die Auffassung, dass es sich bei der Nachtschicht zwischen 23 Uhr und 6 Uhr nicht um Bereitschaftsdienst, sondern um regelmäßige Arbeitszeit handele, da die Einordnung als Bereitschaftsdienst nach § 7 Abs. 3 TVöD-B voraussetze, dass der Dienst "außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit", also zusätzlich, geleistet werde.
Bereitschaftsdienst kann regelmäßige Arbeitszeit unterbrechen
Zu der Frage des Vorliegens von Bereitschaftsdienst entschied das BAG, dass jedenfalls ein Teil der streitgegenständlichen Nachtarbeit im Rahmen von Bereitschaftsdienst nach § 7 Abs. 3 TVöD-B grundsätzlich geleistet werden könnte. Hinsichtlich der zeitlichen Lage des Bereitschaftsdienstes mache der TVöD-B keine Vorgaben. Der Bereitschaftsdienst kann die regelmäßige Arbeitszeit daher auch unterbrechen. Das BAG macht jedoch deutlich, dass der Bereitschaftsdienst i.S.d. § 7 Abs. 3 TvÖd-B unabhängig von der arbeitszeitrechtlichen Betrachtung von der regelmäßigen Arbeitszeit zu unterscheiden und zusätzlich dazu zu erbringen sei.
Leistung anstatt der regelmäßigen Arbeitszeit unzulässig
Somit sei der Bereitschaftsdienst eine zusätzliche Leistung, der nicht anstatt der regelmäßigen Arbeitszeit angeordnet werden könne. Im Schichtmodell des Beklagten wurde damit der Bereitschaftsdienst tarifwidrig statt der regelmäßigen Arbeitszeit geleistet. Dabei sei es ohne Belang, dass regelmäßige Arbeitszeit und Bereitschaftsdienst zunächst buchungstechnisch getrennt erfasst und dann saldiert worden waren. Für den Kläger hatte dies faktisch zur Konsequenz, dass er für die Anerkennung einer regelmäßigen Arbeitszeit von 39 Stunden wöchentlich in der 2. Woche des Schichtturnus 71 Stunden anwesend sein musste. Dies sei mit den tariflichen Vorgaben nicht vereinbar.
Von Arbeitgeber nicht einseitig anrechenbar
Zudem entschied das BAG, dass die vom Beklagten vorgenommene Anrechnung der von 23 Uhr bis 6 Uhr geleisteten Nachtarbeit auf die regelmäßige Arbeitszeit nach tariflichen Vorgaben grundsätzlich unzulässig sei. Der TVöD-B lasse nicht zu, dass der Arbeitgeber einseitig die regelmäßige Arbeitszeit durch faktorisierte Zeiten des Bereitschaftsdienstes auffüllt. Ihm kommt auch kein Wahlrecht zu, ob er Bereitschaftsdienst durch Freizeit ausgleichen will. Dafür ist gemäß § 8.1 Abs. 6 i.V.m. § 10 Abs. 3 TVöD-B eine Betriebs- bzw. Dienstvereinbarung erforderlich.
Umwandlung Bereitschaftsdienstentgelt in Freizeit
Jedoch könne auch bei Vorliegen einer Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung nur eine Regelung getroffen werden, wonach dieses Bereitschaftsdienstentgelt in Freizeit umgewandelt wird. Eine Vereinbarung, wonach Bereitschaftsdienst anstatt regelmäßiger Arbeitszeit angeordnet wird, sei auch hier nicht zulässig.
(BAG, Urteil v. 17.1.2019, 6 AZR 17/18)
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