Landesrechnungshof Schleswig-Holstein rügt Schulden

Schleswig-Holstein soll nach Forderungen des Landesrechnungshofs in den nächsten Jahren die Ausgabenbremse ziehen und nicht nur mit neuen Schulden gegen die Corona-Krise angehen. Auch zu teure Projekte und Organisationsmaßnahmen sollen auf den Prüfstand.

Die öffentlichen Haushalte seien stark von der Pandemie betroffen, heißt es in dem Jahresbericht des Landesrechnungshofes. «Sie geraten von zwei Seiten unter Druck: Durch das Wegbrechen der Steuereinnahmen und durch die Corona-bedingten Mehrausgaben.»

Im Landeshaushalt fehlen 1,2 Milliarden Euro

2020 fehlen in der Landeskasse voraussichtlich 1,2 Milliarden Euro, weil die Wirtschaft stark eingebrochen ist, wie der Rechnungshof schätzt. Den Prognosen zufolge sind bis 2024 rund 500 Millionen Euro jährlich an Steuermindereinnahmen zu erwarten. «Das ist ein Riesenproblem», sagte Rechnungshof-Präsidentin Gaby Schäfer. Diese fehlenden Einnahmen könne die Regierung nicht Jahr für Jahr nur mit neuen Schulden finanzieren. «Sie muss vielmehr ihre Ausgaben an die geringeren Einnahmen anpassen.» Dies sei kein Sparen in der Krise, sondern notwendig, um die finanzpolitische Handlungsfähigkeit zu erhalten.

Pro-Kopf-Verschuldung von 11.000 Euro

Die Regierung hatte beschlossen, den Investitionsstau in der Infrastruktur von noch sechs Milliarden Euro bis 2030 abzubauen. Die im Sondervermögen «Impuls» zurückgelegte Summe von einer Milliarde Euro reiche bei Weitem nicht, schreibt der Rechnungshof. Deshalb müsse das Land Schwerpunkte setzen. Ausgabenerhöhungen wie in den Vorjahren könne es sich nicht mehr leisten. Das Land liege bei der Pro-Kopf-Verschuldung mit rund 11.000 Euro um 80 Prozent über dem Schnitt der Flächenländer.

«Zu Recht weist der Landesrechnungshof darauf hin, dass angesichts der Corona-Pandemie große finanzielle Herausforderungen auf den Landeshaushalt zukommen», sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne). «Die klaren Worte des Rechnungshofs sind hilfreich, um für die schwierige Haushaltssituation zu sensibilisieren.»

Hilfsprogramme gegen Pandemiefolgen waren notwendig

Die von Bund und Ländern beschlossenen Hilfsprogramme gegen die Folgen der Pandemie seien anfangs weitgehend alternativlos gewesen, heißt es im Rechnungshofbericht. Das Land hat bisher eine Milliarde Euro an neuen Schulden beschlossen, eine weitere könnte Heinold zufolge in diesem Jahr noch folgen. Weitere Aufschlüsse wird eine Sonder-Steuerschätzung im September geben.

Inzwischen habe der Bund die Ausgaben auf ein gewaltiges Milliardenprogramm anschwellen lassen, erläuterte der Rechnungshof. Darunter könnte die Zielgenauigkeit der Maßnahmen leiden.

Rechnungshof rügt einzelne Projekte

Im Einzelnen rügte der Rechnungshof die Kostenexplosion beim Projekt «KoPers» zur Zentralisierung der Personalverwaltung: Zum Start seien 26,5 Millionen Euro angesetzt worden, nun würden bis 2024 rund 151 Millionen erwartet.

Für die Neubewertung von 1,2 Millionen Grundstücken und Gebäuden im Zuge der Grundsteuerreform seien die Finanzämter technisch und personell nicht vorbereitet. Bereits jetzt gebe es einen Berg von 56.000 unerledigten Fällen. 131 Vollzeitkräfte seien viel zu wenig. Eine Aufstockung um 114 Stellen bis 2023 habe das Kabinett bereits beschlossen, gab die Finanzministerin an.

Der Rechnungshof monierte auch, dass von 340 befristet eingestellten Vertretungslehrern ein Großteil keine pädagogische Ausbildung hat. Überdurchschnittlich hoch seien weiterhin die Kosten für die Eingliederung von Behinderten.

«Wehte bisher höchstens ein warmes Lüftchen in der Jamaika-Koalition, ist mittlerweile ein heftiger Sturm aufgekommen», kommentierte die SPD-Finanzpolitikerin Beate Raudies. Sie nahm Ministerpräsident Daniel Günther in die Pflicht: «Konnten zuvor Konflikte innerhalb seiner Koalition noch mit Geld zugeschüttet werden, müssen sich CDU, FDP und Grüne jetzt schnell auf eine gemeinsame Linie einigen.»

dpa
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