Corona-Pandemie: Finanzielle Folgen für Kommunen

Die Folgen der Pandemie sind derzeit weder endgültig greifbar noch irgendwie annähernd errechenbar. Die Autorin greift jedoch einige Aspekte aus Sicht der Kommune auf und benennt erste Gegenmaßnahmen.

Kommunale Einzahlungsausfälle: Schlüsselzuweisungen und Steuereinnahmen

Bei Betrachtung der Einzahlungsseite der Kommune, sind die Haupteinzahlungsquellen schnell zu ermitteln. Dies sind zuvorderst die Schlüsselzuweisungen vom Land und die eigenen Steuereinnahmen im Ergebnishaushalt. Im Finanzhaushalt sind es die Zuwendungen über entsprechende Förderprogramme. Ausgehend von den Regelungen zum Finanzausgleich partizipieren die Kommunen an den Ergebnissen des Bundes und der Länder. Sind weniger Einzahlungen aus den ihnen zustehenden Einzahlungen aus Steuern wie Körperschaft-, Einkommen-, Umsatzsteuer usw. zu verzeichnen, können sie naturgemäß weniger über den Finanzausgleich bzw. die Gemeindeanteile oder der Bewilligung von Zuwendungen für Fördermittel zeitversetzt oder sofort weiterreichen.

Der Stillstand der Arbeitswelt und des öffentlichen Lebens führt und wird über einen längeren Zeitraum zu gravierenden Einzahlungsausfällen sowohl beim Bund, den Ländern als auch den Kommunen führen.

Eigene Einzahlungen brechen weg: Gewerbesteuer, Einkommensteuer, Umsatzsteuer

Die behördlich veranlasste Schließung diverser Geschäfte führt zu weniger Einzahlungen aus der Gewerbesteuer, die direkt in die kommunalen Kassen fließen. Geschlossene Unternehmen bzw. Betriebe, die keine Aufträge mehr erhalten oder keinen Absatzmarkt für ihre Waren mehr haben, bedeuten, dass eine Vielzahl von Mitarbeitern nicht beschäftigt werden können und bestenfalls in Kurzarbeit geschickt werden. Somit reduziert sich der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Da das Kurzarbeitergeld lediglich 60 % bzw. 67 % bei Arbeitnehmern mit mindestens einem Kind des ausgefallenen Nettolohns und somit nicht dem vollen Arbeitsentgelt entspricht, wird im Ergebnis weniger konsumiert. Dies wiederum wird künftig weniger Umsatz bei den Unternehmen, Händlern und Dienstleistern nach sich ziehen. Parallel fließt weniger Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer. Es ist ein Kreislauf.

Gebühren, Veranstaltungen, Gästetaxe

Haben die kommunalen Einrichtungen nicht geöffnet, so fehlen Veranstaltungs- und Eintrittsgelder. Auch Benutzungsgebühren, weil beispielsweise die öffentlichen Parkplätze nicht mehr genutzt werden, fallen weg. Kann die Verwaltung nicht wie gewohnt arbeiten, so fehlen die entsprechenden Verwaltungsgebühren. Das Ausbleiben von Übernachtungsgästen führt zu weniger Erträgen aus der Gästetaxe. Die Beispiele ließen sich beliebig fortführen.

Fazit: Den Kommunen geht es nur so gut wie es ihren Bürgern und der Wirtschaft gut geht.

Mehrauszahlungen durch die Corona-Pandemie

Durch die Pandemie fallen in der Kommune bisher nicht geplante und nicht vorhersehbare Auszahlungen an. Bei den Auszahlungen handelt es sich um unabweisbare Auszahlungen. Auch ohne Einhaltung bestimmter Regularien sind sie haushaltsrechtlich zulässig. Unabweisbare Auszahlungen sind beispielsweise

  • die Anschaffung der erforderlichen Technik für die Telearbeit,
  • die zusätzliche Reinigung der Räumlichkeiten sowie
  • die Beschaffung von Desinfektionsmittel einschließlich der erforderlichen Spender.

Zur Erfassung der direkten Mehrauszahlungen wurden für die Verbuchung die Produktbereiche 71 ff. durch das Sächsische Staatsministerium des Innern festgelegt. Die Produktbereiche für das außergewöhnliche Schadensereignis finden ihren Niederschlag im Sonderergebnis.

Vermehrt Wohngeld

Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie wird sich die persönliche finanzielle Situation der Bürgerinnen und Bürger verschlechtern. Es ist deshalb bereits jetzt absehbar, dass zukünftig mehr Wohngeldanträge gestellt werden. Zur zeitnahen Bearbeitung der Anträge ist eine personelle Aufstockung der Wohngeldstelle sodann unvermeidbar.

Mittragung der allgemeinen Lasten z.B. Sozialhilfeleistungen

Neben den direkt bei der Kommune anfallenden Kosten sind besonders die Lasten der sozialen Folgen von allen staatlichen Ebenen mitzutragen. Bei den Landkreisen wird speziell ein Anstieg der Sozialhilfeleistungen zu verzeichnen sein. Darüber hinaus haben die Landkreise selbst zusätzliche Kosten in der Folge der Pandemie. Der Landkreis verfügt aber nur begrenzt über eigene Ertragsmöglichkeiten. Sind diese ausgeschöpft, ist der Ausgleich über die Kreisumlage zulässig. In der Konsequenz ist eine höhere Kreisumlage für die kreisangehörigen Gemeinden damit unvermeidbar.

Corona-Pandemie: Erste Gegenmaßnahmen durch die Kommunen

Gutscheinaktion für Händler

Die Große Kreisstadt Pirna hat gemeinsam mit dem Citymanagement, Stadtmarketing und aktiven Einzelhändlern einen Gutschein-Shop entwickelt. Die Bürger können online Gutscheine für künftige Erwerbungen und Dienstleistungen kaufen. Die Bezahlung erfolgt sofort bei Erwerb der Gutscheine. So erwirtschaften die Händler Umsätze, auch wenn auf einem niedrigen Niveau. Mithin werden liquide Mittel für die Begleichung ihrer laufenden Fixkosten generiert.

Vorgänger: «KiP-Lädchen» als Gutschein-Shop

Im Bereich der Pirnaer Innenstadt wurde bereits vor der Corona-Krise versucht, die Händler aufgrund des bestehenden Leerstands für die zusätzliche Online-Vermarktung zu gewinnen. Die Aktion lautete: «KiP – Kauf in Pirna». Ein extra KiP-Laden wurde dafür zeitlich befristet eingerichtet. Dort konnten Pirnaer Unikate erworben werden. Auch eine Ecke mit Sitzgelegenheit für den Dialog war eingerichtet. Leider waren die Aktivitäten vor der Pandemie wenig erfolgreich. Doch nun eröffnet sich mit dem oben genannten Gutschein-Shop eine neue Chance. Sie beginnt zaghaft zu greifen. Denn für die Zukunft gilt: Zum Überleben der Gewerbetreibenden muss neben dem stationären Verkauf als 2. Standbein ein Online-Angebot geschaffen werden.

Kommune gewährt Zahlungserleichterungen für Unternehmen

Zum Erhalt der unternehmerischen und privaten Liquidität sowie zur Vermeidung von Insolvenzen hat die Stadt Pirna für die ihr zustehenden Zahlungen von Dritten Zahlungserleichterungen eingeräumt. Ausgangspunkt waren hierbei die Regelungen des Finanzamts. Unternehmen können die vom Finanzamt festgelegten Vorauszahlungen der Gewerbesteuer auf mögliche laufende Gewinne herabsetzen lassen sowie zinslose Stundungen und Vollstreckungsaufschübe für andere Steuerarten beantragen (Steuererleichterungen).

In Ausübung des eingeräumten Ermessens entsprechend der Hauptsatzung der Stadt Pirna werden Stundungen und Vollstreckungsaufschübe auf Forderungen der Stadt gewährt. Den Betroffenen wurde ein Online-Formular zur Verfügung gestellt. Sowohl in der örtlichen Presse als auch auf der Homepage der Stadt wurde auf dieses Formular und das erforderliche Vorgehen hingewiesen. Allerdings handelt es sich nur um ein befristetes Aussetzen der Verbindlichkeiten gegenüber der Stadt.

Kein genereller Erlass von Forderungen

Ein genereller Erlass von Forderungen ist nicht beabsichtigt. Bei Erlassanträgen müssen nach wie vor die strengen Voraussetzungen – Erlasswürdigkeit, Erlassbedürftigkeit – nachgewiesen werden. Schließlich muss die Handlungsfähigkeit der Großen Kreisstadt Pirna erhalten bleiben.

Vorfristige Bezahlung von Rechnungen

Eine Kommune darf eine Rechnung erst dann bezahlen, wenn die Fälligkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Eine vorfristige Bezahlung ist aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit grundsätzlich verboten. Diese Grundsätze wurden jedoch bereits in den Zeiten der Niedrigzinsphase ad absurdum geführt. Es besteht deshalb bereits eine Verfügung, wonach die Verbindlichkeiten sofort zu begleichen sind, wenn der korrekte Erhalt der Ware oder der Dienstleistung bescheinigt werden kann. In Zeiten der aktuellen Krise gilt diese Verfügung verstärkt. Auch wenn es sich letztlich nur um eine kleine Geste handelt, so hilft sie den Unternehmen und Dienstleistern möglicherweise beim Überleben.

Erstattung von Gebühren

Entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme werden bereits im Voraus an die Kommune geleistete Zahlungen, u. a. für die Sondernutzung öffentlicher Straßen und Plätze, rückerstattet. Ein genereller Verzicht auf die künftige Inanspruchnahme geht damit nicht einher.

Haushaltswirtschaftliche Sperre und letztes Mittel Nachtragshaushalt

Ist der Haushaltsausgleich als Folge des Wegbrechens der Einzahlungen und anfallenden Mehrauszahlungen gefährdet, so ist durch den Fachbediensteten für das Finanzwesen eine haushaltswirtschaftliche Sperre zum Gegensteuern auszusprechen. Aus Sicht der Autorin ist in der gegenwärtigen Situation eine haushaltswirtschaftliche Sperre nicht zielführend, sondern kontraproduktiv. Im Rahmen der haushaltswirtschaftlichen Sperre müssten zuvorderst die freiwilligen Leistungen der Stadt gestrichen werden, da die Erfüllung der Pflichtaufgaben oberste Priorität hat. Gerade die freiwilligen Leistungen im Rahmen der Zuschüsse sind für die Vereine und freien Träger überlebenswichtig. Und diese sollten zum Erhalt des gesellschaftlichen Miteinanders gerettet werden. Auch ein Auftragsstopp bei baulichen Maßnahmen oder Dienstleistungen ist keine Option. Dies würde die Unternehmen in der angespannten finanziellen Situation zusätzlich schwächen. Hier ist Verantwortung jeder Kommune individuell entsprechend ihrer eigenen Leistungsfähigkeit gefragt (antizyklisches Verhalten).

Deshalb wurden folgende Grundsätze für den Haushaltsplan festgeschrieben:

  1. Alle zusätzlichen Auszahlungen über dem geplanten Ansatz mit Ausnahme der unabweisbaren Auszahlungen bzgl. der Pandemie sind abzulehnen. Ausgenommen sind darüber hinaus berechtigte Anträge bei Bauvorhaben.
  2. Alle geplanten Einzahlungspositionen sind der Situation angepasst beizubehalten (Sondernutzung, Gästetaxe etc.).
  3. Es ist zu prüfen, inwieweit Abstriche bei geplanten Maßnahmen gemacht werden können, ohne dass es sich negativ auswirkt. Ziel ist es, Einsparpotenzial zu erschließen.

Reichen diese Grundsätze zum Haushaltsausgleich nicht aus, ist eine haushaltswirtschaftliche Sperre unvermeidbar. Führt auch diese sodann nicht zum Erfolg, muss ein Nachtragsverfahren zum Haushalt in Gang gesetzt werden, wodurch die weiteren Aktivitäten der Stadt massiv eingeschränkt würden.

Corona-Pandemie: Gegenmaßnahmen von Seiten des Gesetzgebers für Kommunen

Die oben aufgezeigte kommunale Situation einschließlich der kommunalen Gegenmaßnahmen bedeutet, dass die eigene Liquidität der Kommune zunehmend ins Wanken gerät.

Erleichterungen zum Gemeindehaushaltsrecht

Zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen und dem Erhalt der kommunalen Handlungsfähigkeit wurden deshalb vom Normgeber Anordnungen zur erleichterten Anwendung des Gemeindewirtschaftsrechts erlassen. So können u. a. Kassenkredite über den eigentlichen Rahmen hinaus in Anspruch genommen werden.

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