Angespannte Haushaltslage bei vielen Kommunen

Die Verschuldung der Städte und Kommunen nimmt durch die Corona-Pandemie zu. Trotz finanzieller Hilfe durch den Bund und die Länder rechnen viele Kommunen mit einer Zunahme ihrer Verschuldung und denken über eine Erhöhung von Steuern und Abgaben nach. Das hat eine Umfrage der Beratungsgesellschaft EY ergeben.

Die Corona-Krise führt bei den deutschen Kommunen weiterhin zu herben Einnahmeverlusten und – trotz erheblicher finanzieller Unterstützung von Seiten des Bundes und der Länder – zu einer sehr angespannten Haushaltslage. So rechnen 40 Prozent der Kommunen in den „alten“ Bundesländern mit einem Anstieg ihrer Verschuldung in den kommenden drei Jahren und nur 29 Prozent mit einer sinkenden Schuldenlast. Im Osten Deutschlands wird die Lage deutlich positiver eingeschätzt: Hier rechnen nur 14 Prozent mit steigenden und 52 Prozent mit sinkenden Schulden.

Aufgrund hoher Ausgaben und teils stark gesunkener Einnahmen steigt der Anteil der Städte und Gemeinden, die das laufende Jahr voraussichtlich mit einem Haushaltsdefizit abschließen werden, erneut an: von 51 auf 55 Prozent. Zum Vergleich: Im Vor-Corona-Jahr 2019 wiesen nur 13 Prozent der Kommunen ein Haushaltsdefizit auf.

Sparmaßnahmen und Erhöhung von Steuern und Gebühren geplant

Die schwierige Haushaltslage zwingt viele Kommunen, erneut harte Einschnitte vorzunehmen und unpopuläre Sparmaßnahmen einzuleiten: 26 Prozent der Städte und Gemeinden (Vorjahr: 23 Prozent) planen, im laufenden und im folgenden Jahr kommunale Leistungen einzuschränken. Und 70 Prozent (Vorjahr: 64 Prozent) werden voraussichtlich kommunale Steuern und Gebühren erhöhen.

Das sind Ergebnisse einer aktuellen Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die auf einer Umfrage unter 300 deutschen Kommunen mit mindestens 20.000 Einwohnern beruht. „Viele deutsche Kommunen stehen heute mit dem Rücken an der Wand – zwar haben Bund und Länder im vergangenen Jahr mit erheblichen Mitteln eine Schuldenexplosion aufseiten der Kommunen verhindert. Aber auch im laufenden Jahr fehlt viel Geld in den Kassen der Städte und Gemeinden“, sagt Mattias Schneider, Partner bei EY und Leiter des Bereichs Government & Public Sector in Deutschland. Immer drängender stelle sich die Frage nach einer langfristigen finanziellen Perspektive für die Kommunen. „Selbst in konjunkturell sehr guten Jahren war nur ein langsamer Schuldenabbau möglich. Die aktuelle Krise zeigt, dass die finanzielle Ausstattung der deutschen Kommunen alles andere als nachhaltig ist – und dass die Schere zwischen armen und reichen Kommunen immer weiter auseinandergeht.“

Im Westen trauen sich vier von zehn Städten den Schuldenabbau aus eigener Kraft nicht zu

Mehr als jede dritte Gemeinde in Deutschland (38 Prozent) rechnet derzeit nicht damit, ihre Schulden aus eigener Kraft zurückzahlen zu können. Besonders skeptisch sind die Kämmerer von Kommunen, die derzeit ein Haushaltsdefizit ausweisen. Von ihnen geht sogar gut jede zweite Kommune (52 Prozent) davon aus, die Schulden nicht ohne Hilfe von Dritten begleichen zu können. Auffallend ist auch, dass der Anteil der Kommunen, die sich den Schuldenabbau aus eigener Kraft nicht zutrauen, in den alten Bundesländern mit 40 Prozent deutlich höher ist als in den neuen (24 Prozent).

Viele Kommunen planen Erhöhung von Steuern und Abgaben

In vielen Städten und Gemeinden stehen jetzt neue unpopuläre Sparmaßnahmen auf der Agenda. Angesichts der schwierigen Finanzlage plant eine deutliche Mehrheit von 70 Prozent, Steuern bzw. Abgaben zu erhöhen. Im Vorjahr lag der Anteil bei 64 Prozent. Teurer werden sollen insbesondere die Wasserversorgung sowie die Müllabfuhr (bei jeweils 40 Prozent der Kommunen). Eine Anhebung der Grundsteuer planen 32 Prozent, die Gewerbesteuer soll in 29 Prozent der Kommunen angehoben werden; dahinter folgt die Straßenreinigung, die in 28 Prozent der Kommunen voraussichtlich teurer wird. Friedhofs- und Parkgebühren sollen in 18 bzw. 17 Prozent der Kommunen steigen.

Einsparungen bei Schwimmbädern und Bibliotheken

Bei den kommunalen Leistungen ist mit weniger Einsparungen zu rechnen – nur 26 Prozent der Städte und Gemeinden planen neue Einschränkungen des kommunalen Angebots (Vorjahr: 23 Prozent). Mattias Schneider sagt: „Viele Kommunen haben ihre freiwilligen Leistungen bereits stark reduziert, so dass an dieser Stelle kaum noch Einsparpotenziale bestehen. Besonders in strukturschwachen Gegenden bieten viele Kommunen inzwischen wenige Leistungen, die über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus gehen.“

Am häufigsten steht das kommunale Schwimmbad auf der Streichliste: 16 Prozent der befragten Städte und Gemeinden planen die Schließung oder einen eingeschränkten Betrieb. In 13 Prozent soll an der Straßenbeleuchtung gespart werden, jede neunte Kommune will Bibliotheken oder sonstige kulturelle Einrichtungen schließen.

EY
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