Gewerkschaften: Verschmelzung von Beamtenbund und Tarifunion

Gemeinsam wollen Beamte, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst künftig für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen kämpfen. Was für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) als Einheitsgewerkschaft schon immer Anspruch war, soll nun auch für die Konkurrenzorganisation Beamtenbund Wirklichkeit werden.

Die Fusion des klassischen Beamtenbundes mit der bisher selbstständig agierenden dbb-Tarifunion ist vollzogenen. Manch klassischem Beamtenfunktionär ist der Weg in Richtung einer Vollgewerkschaft des öffentlichen Dienstes aber noch nicht geheuer. Mit einer geplanten Satzungsänderung will sich der Beamtenbund auch klar «zum Arbeitskampfrecht der Tarifbeschäftigten» bekennen und selbst als Tarifpartei auftreten.

An Kaffeeständen und auf den Fluren des Kongresses im Berliner Estrel-Hotel, wo der Gewerkschaftstag stattfindet, war am Montag bisweilen noch deutliches Bauchgrummeln zu vernehmen. Doch drinnen im Saal gab es keinen offenen Widerspruch. Die Delegierten des Beamtenbundes stimmten mit knapp 95 Prozent für die Vereinigung, bei der dbb-Tarifunion waren es sogar 98 Prozent.

Die vereinte neue Großorganisation legt mit mehr als 1,2 Millionen Mitgliedern ein Stück ihres überkommenen Images ab, ein reiner Statusverband für Staatsdiener zu sein. In der dbb-Tarifunion sind über 360 000 Angestellte und Arbeiter aus Bund, Ländern und Kommunen sowie Beschäftigte aus ehemaligen Staatsunternehmen wie Post und Telekom und auch der Bahn organisiert.

Den meisten ist klar: Der öffentliche Dienst ist im Wandel, und der Staat will sparen. Zwar scheint die vor allem in den 90er-Jahren forcierte Privatisierungswelle öffentlicher Dienstleistungen langsam abzuebben, doch seit 1990 ist die Zahl der beim Staat Beschäftigten von 5,3 auf 3,6 Millionen geschrumpft. Und bei Neueinstellungen geht der Trend - langsam aber kontinuierlich - eher weg vom Berufsbeamtentum hin zum Tarifbereich. Das hat natürlich auch Folgen für die Mitgliederstruktur und das Selbstverständnis des Beamtenbundes.

Bei den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes weht angesichts von Schuldenbremse und Sparhaushalten der Wind rauer. Das Arbeitgeberlager ist zersplittert. Die Arbeitgeber von Bund und Kommunen haben sich zu einer eigenen Verhandlungsgemeinschaft zusammengeschlossen. 14 Bundesländer sind hingegen in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) organisiert, der zum Jahresende voraussichtlich auch Berlin wieder beitreten wird. Doch aus Hessen gibt es keinerlei Beitrittssignale. Und seit der Föderalismusreform entscheidet jedes Bundesland nach einer Tarifrunde über die Besoldung seiner Beamten anschließend wieder allein.

Im vergangenem März hatten sich Gewerkschaften und die Arbeitgeber von Bund und Kommunen nach einer gewaltigen Welle von Warnstreiks auf Gehaltsverbesserungen im Umfang von 6,1 Prozent verständigt. Viele Gewerkschaftsfunktionäre formulieren dieses bereits intern als «Mindest-Messlatte» für die Ende Januar beginnende Tarifrunde mit den Ländern. Doch bei Arbeitgebern wie Gewerkschaften heißt es, dass es diesmal wohl deutlich schwieriger werden wird. Beamtenbund und Verdi wollen ihre gemeinsamen Tarifforderungen am 11. Dezember in Berlin beschließen.

Es war Peter Heesen (65), der seit seiner Wahl 2003 zum Beamtenbund-Chef den Integrationskurs von Beamten und Tarifbeschäftigten innerhalb seiner Organisation vorangetrieben hat. Er war es auch, der zunächst per Handschlag mit Verdi-Chef Frank Bsirske das gemeinsame Auftreten bei Tarifkonflikten vereinbarte. Für beide Organisationen ist das ein reines Zweckbündnis, keine Liebesheirat. Doch die Erfolge der letzten Tarifrunden ließen die Kritiker sowohl beim Beamtenbund als auch bei Verdi verstummen.

Heesens frisch gekürter Nachfolger, der Jurist Klaus Dauderstädt (63) will diesen Integrationskurs fortsetzen. Dauderstädt ist kein Beamter, sondern Angestellter, was auch den neuen Kurs des Beamtenbundes symbolisiert.

Ein wenig Wehmut kam bei Heesens Abschiedsrede auf. Er hat es seiner Organisation nicht immer leicht gemacht. Mal räumte der Beamtenbund-Chef in Interviews ein, dass es auch «faule» Staatsdiener gebe - wie in anderen Berufen auch. Mal forderte Heesen dazu auf, den «Muff» aus den Amtsstuben zu vertreiben. Die Delegierten dankten ihm für seine Worte dennoch zum Abschied mit langanhaltendem Beifall.

dpa
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