Wohnungsunternehmen wollen mehr bauen – und ernten Kritik
Bis zu 15.000 neue Wohnungen will beispielsweise die landeseigene hessische Wohnungsbaugesellschaft Nassauische Heimstätte bauen oder zukaufen, das Geld soll aus dem Gewinn 2018 reinvestiert werden. Unter dem Strich erzielte das Unternehmen im vergangenen Jahr einen Überschuss von 57 Millionen Euro, das sind 7,6 Millionen mehr als 2017. Das Eigenkapital wurde erhöht. Zusätzlich flossen in den vergangenen Jahren 200 Millionen Euro aus dem hessischen Landeshaushalt in den Kapitalaufbau.
"Es ist gut, dass die Nassauische Heimstätte Gewinne erwirtschaftet. Nur dadurch kann sie in den nächsten Jahren zusätzlichen Wohnraum schaffen." Tarek Al-Wazir (Grüne), Wohnungsbauminister von Hessen
Al-Wazir hatte bereits im Mai angekündigt, dass die Gesamtzahl der Wohnungen der Nassauischen Heimstätte von 60.000 auf 75.000 steigen soll. Die Durchschnittsmiete des Wohnungsunternehmens liegt nach Angaben des Unternehmens derzeit bei 5,85 Euro pro Quadratmeter.
Auch das Hamburger Wohnungsunternehmen Saga, will mehr bauen: Rund 1.500 Wohnungen sollen 2019 fertiggestellt werden, im Vorjahr waren es nach Angaben des städtischen Unternehmens noch etwa 1.000 Wohnungen. Die durchschnittliche monatliche Nettokaltmiete über alle Wohnungen des Konzerns hinweg lag laut Saga 2018 bei 6,64 Euro je Quadratmeter. Das sei zwar etwas höher als noch im Jahr davor (6,44 Euro), aber deutlich unter dem Mittelwert des Hamburger Mietspiegels mit 8,44 Euro pro Quadratmeter. Saga erzielte 2018 einen Jahresüberschuss von 205,8 Millionen Euro, nach 202,8 Millionen Euro im Jahr 2017.
Das aktuelle Bauprogramm der Genossenschaft Altonaer Spar- und Bauverein (Altoba) umfasst knapp 600 Wohnungen in den gefragten Hamburger Stadtteilen Ottensen, Altona-Nord, Othmarschen, St. Pauli und in der Hafencity. Im Bestand hat das Unternehmen nach eigenen Angaben aktuell etwa 6.800 Wohnungen Auch die Altoba hat den Jahresüberschuss von rund 4,5 Millionen Euro im Jahr 2017 auf rund 7,6 Millionen Euro 2018 gesteigert. Das vergangene Jahr war unter anderem von drei großen Modernisierungsprojekten geprägt.
Kritikpunkt Sanierungsstau bei der Nassauischen Heimstätte
Die Opposition im schwarz-grün regierten hessischen Landtag findet, die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Nassauische Heimstätte baue noch nicht genug: Die Fraktionen forderten am Montag nach Vorstellung der NH-Bilanz von der Landesregierung weitere Anstrengungen im Kampf gegen den Wohnungsmangel.
"Angesichts der Wohnungskrise sind die angekündigten neuen Wohnungen nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein." Jan Schalauske, Sprecher für Wohnungspolitik der Linken
SPD, FDP und Linke begrüßten zwar die positive Bilanz generell, doch halten sie die Bemühungen noch nicht für ausreichend. Die FDP-Fraktion kritisierte, dass die Nassauische Heimstätte zu wenig Geld in den Wohnungsbestand stecke. Gerade im Bereich der Sanierungen sei die Quote mit 1,4 Prozent der Wohnungen zu niedrig, sagte der wohnungsbaupolitische Sprecher der FDP, Jürgen Lenders. Bei diesem Tempo würde es statistisch gesehen 71 Jahre dauern, bis der Gesamtbestand saniert sei. Wie der leitende Geschäftsführer der Nassauischen Heimstätte Thomas Hain sagte, sollen bis 2024 rund 1,9 Milliarden Euro in Neubauten, aber auch in die Bestandsunterhaltung investiert werden.
Ihre Bestandsinvestitionen im vergangenen Jahr deutlich um rund elf Prozent gesteigert hat nach eigenen Angaben die Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft: 2018 hat das Wohnungsunternehmen insgesamt 62,6 Millionen Euro in Modernisierung, Instandhaltung und Neubau investiert.
"Dank der hohen Eigenkapitalquote und unserer wirtschaftlichen Stabilität können wir unter anderem zinsgünstige Kredite erhalten und die hohe Investitionsquote für den Bestand darstellen und weiter unseren Beitrag zum bezahlbaren Wohnen leisten." Marcel Sonntag, Vorstandschef Neue Lübecker
Rund 11,5 Millionen Euro davon hat die Neue Lübecker in die Modernisierung und mehr als 26,2 Millionen Euro in die Instandhaltung investiert. Die Eigenkapitalquote des Unternehmens stieg 2018 auf knapp 35 Prozent, der Jahresüberschuss belief sich auf rund 9,9 Millionen Euro. Der öffentlich geförderte Wohnungsanteil betrug laut Sonntag im Geschäftsjahr 2018 knapp 20 Prozent. Weitere zirka 20 Prozent der Wohnungen im Bestand hätten Mieten auf oder unter dem Mietniveau von geförderten Wohnungen. "Das ist die gelebte Mietpreisbremse, für die wir keine schlechten Gesetze brauchen", so Sonntag.
Hessen-Opposition: Treiber für Baukosten kritisch hinterfragen
Die Landesregierung von Hessen müsste nach Auffassung der Oppostionsfraktion FDP zudem privaten Investoren mehr Anreize für den Wohnungsbau bieten, um dem Wohnungsmangel etwas entgegen zu setzen. Der wohnungsbaupolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Heiko Kasseckert, ergänzte, dass außerdem die Treiber von Baukosten kritisch hinterfragt werden müssten. Dies bedeute, Auflagen und Vorschriften abzubauen, dort wo es möglich sei, damit sich das Bauen wieder lohne, sagte Kasseckert bei der Vorstellung der Geschäftszahlen der Nassauischen Heimstätte im Landtag in Wiesbaden.
Die Preisentwicklung am Bau macht auch der Hamburger Saga Sorgen. Die Mittel aus dem Jahresüberschuss 2018 würden angesichts der weiterhin notwendigen hohen Investitionen in Neubau und Bestand dringend gebraucht, sagte Vorstandssprecher Thomas Krebs am Freitag. Die Neubauvorhaben seien "ambitioniert und schwierig in unserem Preissegment". Hinzu komme eine überhitzte Baukonjunktur mit ungefähr fünf Prozent Preisauftrieb jedes Jahr, so Krebs weiter.
Der Bauboom scheint sich allerdings allmählich etwas abzuschwächen, wenn man die aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes betrachtet. Zumindest scheint die Baubranche nach langem Boom zunehmend an ihre Wachstumsgrenzen zu stoßen. Im April gingen den Statistikern zufolge 1,7 Prozent weniger Bestellungen im Bauhauptgewerbe ein als im Vormonat. Den Grund für den Rückgang von März bis April sieht die Behörde in einem sehr hohen Auftragseingangsniveau. Mit 7,6 Milliarden Euro wurde der höchste Wert in einem April gemessen. Im Vergleich zu April 2018 legten die Aufträge kräftig zu: Bereinigt um Preiserhöhungen (real) um 6,4 Prozent; und in den ersten vier Monaten 2019 noch einmal um 7,5 Prozent im Vorjahresvergleich.
Sozialwohnungen: "Es wird keine Wohnung mehr aus der Bindung fallen"
Die wohnungsbaupolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im hessischen Landtag, Elke Barth, sieht aber zum Beispiel in der Bilanz der Nassauischen Heimstätte noch "viel Luft nach oben", um noch mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Sie warb am Montag im Landtag für einen generellen Mietendeckel. Bei der Nassauischen Heimstätte habe die Gesellschafterversammlung im November 2018 einen solchen Deckel mit einer Erhöhung der Mieten von höchstens einem Prozent pro Jahr für die kommenden fünf Jahre beschlossen.
Die Linke kritisierte, dass der Anteil der im Bau befindlichen Sozialwohnungen derzeit bei weniger als 25 Prozent liege. Das sei viel zu wenig. Es sei in allererster Linie Aufgabe der Nassauischen Heimstätte, geförderte Wohnungen zu bauen. Unternehmensangaben zufolge hat die Wohnungsgesellschaft aktuell rund 30 Prozent geförderte Wohnungen im Portfolio. Für 2.046 Sozialwohnungen, deren Bindung in den kommenden Jahren auslaufen würde, soll dieser Status um je zehn Jahre verlängert werden. "Es wird keine Wohnung mehr aus der Bindung fallen", versprach Al-Wazir.
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