Die 6. WERKSTATT des Fachmagazins "DW Die Wohnungswirtschaft" und dem Branchenverband GdW fand am 5. und 6. Oktober in Hamburg statt. Unter dem Motto "Zukunft(s)Quartier. Klimaneutral. Sozial. Digital" netzwerkten namhafte Industriepartner mit 20 Entscheidern aus der Wohnungswirtschaft.

"Schon vorbei?" – begleitet wurde die Frage mit einem enttäuschten Blick. Gemeint waren die Vier-Augen-Gespräche, für die im straffen Programmablauf bei der 6. WERKSTATT im Hamburger Hyatt eine Stunde eingeplant war. An den Tischen saßen sich jeweils ein Vertreter aus der Wohnungswirtschaft und ein Industriepartner gegenüber, nach zirka zehn Minuten wurde zum nächsten Dialog gewechselt. Waren die Teilnehmer bei Ankunft im Hamburger Park Hyatt noch etwas verhalten, so waren bereits nach der offiziellen Begrüßung alle stets in intensive Gespräche verwickelt. Ganz so, wie es die WERKSTATT verspricht.

Zum Einstieg: Forderungen an die Politik

"Die WERKSTATT ist ein exklusives Netzwerkformat vom Fachmagazin DW Die Wohnungswirtschaft in Kooperation mit dem GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Sie bietet eine Plattform, um voneinander zu lernen, sich auszutauschen, gemeinsame Projekte zu entwickeln und Vertrauen über ein persönliches Kennenlernen zu schaffen." So das offizielle Versprechen an die Teilnehmer. Verschiedene Gesprächsformate, ergänzt um mehrere Impulsvorträge, lassen immer neue Gesprächssituationen entstehen.

In diesem Jahr drehte sich alles um das Quartier. So kurz nach den Bundestagswahlen nahm GdW-Präsident Axel Gedaschko in seiner Auftaktrede Bezug auf die politische Situation in Deutschland – und deren (mögliche) Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft. Eine starke Koalition sei gefragt, um die nie dagewesenen Herausforderungen beim Wohnen und Bauen durch anspruchsvolle Klimaziele, dem Ausbau einer digitalen Infrastruktur oder dem demografischen Wandel zu begegnen. Gedaschko bestärkte die schon lange bestehende Forderung des GdW nach einem eigenständigen Bundesministerium, in dem die Themen Wohnen, Bauen, Heimat und Infrastruktur gebündelt und abgestimmt bearbeitet werden. Gefragt sei ein Miteinander, kein Gegeneinander.

Bezogen auf das Motto "Zukunfts(s)Quartier" der WERKSTATT wies Gedaschko zum einen auf eine nötige Gebäudeautomation hin, um die geplante Effizienz sicherzustellen, zum anderen machte sich der GdW-Präsident stark für eine KlimaPlus-Förderung und den Einsatz von Wasserstoff im Gebäudesektor. Ferner forderte er eine umfassende Digitalisierung von Bauvorhaben, Planungs- und Genehmigungsverfahren, aber auch Bauprozesse müssten digitalisiert werden. Abschließend versprach Gedaschko: "Die Wahlergebnisse haben das politische Berlin nicht einfacher gemacht. Wir – und darauf können Sie sich verlassen – werden umso intensiver mit den relevanten Akteuren zusammenarbeiten."

Themen-Talks zum Lunch

Die drei langjährigen DW-Redakteure Olaf Berger, Annika Weyde und Nikola Schellig sowie GdW-Pressesprecher Andreas Schichel moderierten zum Lunch jeweils einen Thementisch. Je neun WERKSTATT-Teilnehmer diskutierten dort zu den Themen "Stadtentwicklung der Zukunft", "Mieterkommunikation", "Energie und CO2" und "Bauen und Sanieren".

Die Ergebnisse fassten die vier Moderatoren am Ende des ersten Tages wie folgt zusammen: Die Stadtentwicklung der Zukunft muss stärker durchmischt sein, waren sich die Teilnehmer am gleichnamigen Thementisch einig. Wohnen und Arbeiten, aber auch Mobilitätsangebote und die notwendige (digitale) Infrastruktur gilt es integriert zu denken. In der gibt es bereits viele Pilotprojekte und Ideen für die Stadt der Zukunft. Allerdings muss auf den bisher gewonnen Erkenntnissen aufgesetzt werden, um die Stadtentwicklung weiter voranzubringen und zukunftsfähig zu gestalten. Auf Vieles hat die Branche hingegen wenig Einfluss, weshalb Wohnungswirtschaft und Bürger aber auch Dienstleister sowie die Politik auf Bundes-, Landes- und Kommunaleben an einen Tisch kommen sollten.

Dabei steht über allem die Frage des bezahlbaren und gleichzeitig attraktiven Wohnraums, der zur "Überlebensfrage" für jedes Wohnungsunternehmen wird. "Kunden binden, Nachbarschaften stärken, Stakeholder informieren" – unter diesem Motto stand der Thementisch "Mieterkommunikation", an dem es von Mieterportalen über Quartierstreffen bis hin zu Bürgerbeteiligungsverfahren um ein sich stetig weiter entwickelndes Themengebiet ging.

Die Gründe, die die Teilnehmer fanden und diskutierten, waren gesellschaftlicher wie politischer Natur, doch natürlich spielte auch hier die grundlegende digitale Transformation – und damit einhergehend die Bedeutung moderner Hard- und Software sowie deren Interoperabilität – eine Rolle. Trotz differenzierten und divergierenden Ansichten und Argumenten waren sich die Diskutanten in einem Punkt einig: Wer den Anspruch hat, mit Mieterkommunikation zu überzeugen, dem offenbart sich in diesem Instrument auch eine riesige Chance.

Beim "Energietisch" wurde es (wieder) politisch: Von der zu erwartenden Ampelkoalition erhofft sich die Wohnungswirtschaft neue Impulse für die Erreichung der Klimaziele – auch und gerade weil diese bereits viel in punkto Klimaschutz unternimmt: In ganz Deutschland entstehen energieautarke Häuser und Quartiere, die Wärmeversorgung wird vielerorts dekarbonisiert, es gibt verschiedenste Forschungsprojekte in Kooperation unter anderem mit Hochschulen.

Was die Wohnungsunternehmen beim Klimaschutz von der Politik brauchen, sind eine klare Roadmap und Maßnahmen mit klarer Lenkungswirkung. Es bestehen insgesamt jedoch weiterhin große Hindernisse: Die politische Ehrlichkeit fehlt. Wahlkampfzyklen bestimmen häufig Art und Inhalt politischer Entscheidungen. Auswuchs dieses Systems ist die Enteignungsdebatte in Berlin. Angesichts politischer Missstände, etwa in der Kommunikation über die Kosten der Energiewende oder des Wohnungsbaus, haben es populistisch agierende Gruppierungen leicht, Debatten für sich zu gewinnen.

Weitere Hindernisse bestehen bei den notwendigen Innovationen: So steht dem seriellen beziehungsweise industriellen Sanieren als Lösung für eine höhere Sanierungsrate die deutsche Vorschriftenflut im Weg. Das Bauen und Sanieren ist von vielen Hemmnissen aber auch Chancen geprägt – darin waren sich die Teilnehmer des gleichnamigen Thementisches einig. Zentraler Punkt ist:  Das Bauen ist zu kompliziert und teuer geworden. Bürokratie und Handwerkermangel sind große Bremser.

Auch im Austausch zwischen herstellender Industrie und der Wohnungswirtschaft liegt Verbesserungspotenzial: Produkte und Innovationen dringen nicht gut zu den wohnungswirtschaftlichen Entscheidern durch. Gewünscht werden mehr Unterstützung der Industrie und mehr Komplettlösungen sowie eine Kooperation der Hersteller und gemeinsame Lösungen. Auch wenn vielfach der Fokus auf dem Neubau liege, sei der Bestand der eigentliche Hebel für die Klimabilanz des Wohnungswesens. Hierbei sei das Quartier die Handlungsebene und die Energieversorgung ein Schlüssel.

Ferner gelte es auch im Hinblick auf die "graue Energie", wo es nur ginge zu ertüchtigen und zu modernisieren, statt abzureißen und neu zu bauen. Highend-Standards beim Bauen oder der noch zu geringe Anteil an Fertigteil- und seriellen Sanierungslösungen oder von Kombi- beziehungsweise All-in-one-Produkten müsse Anlass zum Nachdenken und gemeinsamen Handeln geben. In der Verantwortung seien Industrie, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowie Politik und Verwaltung zusammen.

Neue Impulse – auch für die Küche

Ob beim Cross-over-Vortrag von Dr. Mathias Flume zu Hintergründen zu Covid und daraus abgeleitet, was es für erfolgreiches Krisenmanagement "braucht", oder Fachvorträgen zu Künstlicher Intelligenz (KI) von Arne Rajchowski, zur Quartiersentwicklung in Duisburg von Bernd Wortmeyer oder zum Thema Mobilität am Beispiel eines E-Lastenrad-Systems von Christian Knibbe: Die Referenten gaben Impulse, woraus lebhafte Diskussionen in der Gruppe entstanden. Persönlicher waren die Vier-Augen-Gespräche, denen nach Meinung der Teilnehmer künftig gern noch mehr Raum gegeben werden könnte.

Das kommunikative Highlight war der Abend im Kochstudio: Unter Anleitung professioneller Köche schwangen viele selbst die Kochlöffel und bekamen auch hier Neues mit auf den Weg!

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