Sozialer Wohnungsbau: Günstige Mieten aus dem 3D-Drucker

Beton aus dem 3D-Drucker hat mit Science-Fiction nur noch wenig zu tun – im nordrhein-westfälischen Lünen entsteht jetzt das erste öffentlich geförderte Mehrfamilienhaus in dem innovativen Verfahren. Günstige Mieten sollen garantiert sein.

Mit dem 3D-Druckverfahren könnte besonders schnell und effizient dringend benötigter Wohnraum geschaffen werden. Was der Betondruck im sozialen Wohnungsbau leisten kann, wird nun erstmals auf einer Baustelle im Ruhrgebiet getestet.

Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung in Nordrhein-Westfalen (MHKBG NRW) fördert das Projekt der Wohnungsbaugesellschaft (WBG) Lünen mit 400.000 Euro aus der landeseigenen Förderung "Innovation in der Bauwirtschaft und stellt rund 1,3 Millionen Euro aus dem Programm der öffentlichen Wohnraumförderung bereit. Die Gesamtkosten für das Bauprojekt liegen bei rund 1,9 Millionen Euro. Das Mehrfamilienhaus soll im Oktober 2024 fertig sein.

3D-Projekt mit Pilotcharakter gegen die Wohnungsnot

Während die Projektbeteiligten vor der Baustelle in Lünen "Pioniergeist" und "Innovationsmut" mitten in der Baukrise feiern, surrt weiter oben der 3D-Drucker: Etwas mehr als daumendick trägt eine Düse zähflüssigen Beton in langen Bahnen auf und lässt so schichtweise Deutschlands erste Sozialwohnungen aus Druckbeton entstehen.

Die Hoffnungen, die auf Bauprojekten mit Pilotcharakter wie diesem liegen, ist groß: Denn trotz großer Nachfrage sinkt die Zahl der Baugenehmigungen bundesweit seit Monaten – hohe Materialkosten und stark gestiegene Zinsen und Fachkräftemangel belasten Bauherren. Und die Zahl der Sozialwohnungen geht seit Jahren zurück, weil zu wenig gebaut wird.

Im Gegenzug zur Förderung verpflichtet sich die WBG Lünen, die Mieten auf maximal sechs Euro pro Quadratmeter zu deckeln und für Menschen mit niedrigem Einkommen zu reservieren. "Sobald sich in Lünen irgendwo ein Baukran dreht, ist die Nachfrage da", sagt WBG-Vorstand Jan Hische.

Hightech-Zement und ein Dach in Holz-Hybrid-Bauweise

Mit dem computergesteuerten 3D-Drucker sollen die Wände für Erd- und Obergeschoss in rund 100 Stunden reiner Druckzeit entstehen – also deutlich schneller, mit weniger Personal als auf konventionellen Baustellen und sehr effizient im Materialeinsatz, wie die verantwortlichen Fachleute versichern. Das Dachgeschoss wird in einer Holz-Hybrid-Bauweise aufgesetzt, Fundament und Decken werden konventionell gebaut. Nach 14 bis 16 Monaten soll das Sechsparteienhaus mit insgesamt 430 Quadratmetern Wohnfläche bezugsfertig sein.

Als zukunftsweisend lobt am Montag die nordrhein-westfälische Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) auch das eingesetzte Material: Der "Hightech-Zement" verursache einen wesentlich geringeren C02-Fußabdruck als viele andere Bauvorhaben. Zudem sei der Baustoff wiederverwertbar. Sie sehe auch angesichts der Zeitersparnis "große Chancen, das auch in die Serie zu bekommen", so Scharrenbach. "Dann wird man auch wirklich Skaleneffekte haben."

"Botschaft an die gesamte Bauindustrie"

Als "Botschaft an die gesamte Bauindustrie" will Jan-Peter Graumann, bei der Baufirma Peri verantwortlich für die 3D-Druck-Projekte, das Mehrfamilienhaus in Lünen verstanden wissen: "Wir brauchen Innovation, ansonsten können wir die Herausforderungen, die es in unserer Branche gibt, nicht lösen." Der 3D-Druck könne eine Antwort sein, dem Bedarf an Wohnungen gerecht zu werden.

Es sei auch wichtig, dass so ein Projekt in der Breite funktionieren könne, ergänzte Architekt Lothar Steinhoff. Auf der Baustelle sammeln sie nun Praxiswissen, das in künftige Bauprojekte einfließen soll, um aus dem Experiment eine wirtschaftliche Alternative zu machen, wie er betont.


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dpa
Schlagworte zum Thema:  BIM, Wohnungsbau, Digitalisierung