BGH: Schlüsseleinwurf beim Vermieter kann Verjährung starten

Die Verjährung von Schadensersatzansprüchen des Vermieters kann bereits beginnen, wenn der Mieter die Schlüssel der Mietsache in den Briefkasten des Vermieters einwirft – selbst wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet und der Vermieter mit der Rückgabe nicht einverstanden ist.

Hintergrund: Mieter wirft Schlüssel gegen Willen des Vermieters ein

Der Vermieter von Gewerberäumen verlangt vom Mieter nach Ende des Mietverhältnisses Schadensersatz.

Der Mieter hatte den Mietvertrag im März 2020 gekündigt, dabei aber die vereinbarte Kündigungsfrist versäumt, so dass das Mietverhältnis bis zum 4.6.2021 lief. Bereits am 31.12.2020 zog der Mieter aus den Mieträumen aus und warf die Schlüssel in den Hausbriefkasten des Vermieters. Der Vermieter erklärte mit Schreiben vom 7.1.2021, dass die Rückgabe der Schlüssel ausdrücklich gegen seinen Willen erfolgt und er nicht empfangsbereit sei.

Im Juni 2021 forderte der Vermieter den Mieter erfolglos auf, näher bezeichnete Schäden an den Räumen zu beseitigen. Ende August 2021 beantragte er über seine Schadensersatzforderungen von mehr als 30.000 Euro einen Mahnbescheid. Der Mieter wendete ein, etwaige Schadensersatzansprüche des Vermieters seien verjährt.

Entscheidung: Verjährung beginnt mit Schlüsseleinwurf

Die Schadensersatzansprüche des Vermieters sind gemäß § 548 Abs. 1 BGB verjährt. Nach dieser Vorschrift verjähren die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält.

Die Verjährungsfrist hat spätestens am 8.1.2021 begonnen, als der Vermieter Kenntnis vom Schlüsseleinwurf hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte er die Mietsache im Sinne des Gesetzes zurückerhalten. Als der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides im August 2021 bei Gericht einging, war bereits Verjährung eingetreten.

Der Rückerhalt der Mietsache setzt eine Änderung der Besitzverhältnisse zugunsten des Vermieters voraus, denn erst dann kann sich dieser ungestört ein Bild über den Zustand der Mietsache machen. Ferner muss der Mieter den Besitz vollständig und unzweideutig aufgeben; es reicht nicht aus, dem Vermieter vorübergehend eine Besichtigung zu ermöglichen. Diese Voraussetzungen waren hier mit dem Einwurf des Schlüssels in den Briefkasten erfüllt. Der Mieter hatte keinen Zugang mehr zu den Mieträumen, während der Vermieter ungehinderten Zugriff und damit die Möglichkeit der ungestörten Untersuchung erhalten hatte.

Keine Voraussetzungen für den Rückerhalt sind hingegen die Rückgabe der Mietsache im Sinne von § 546 Abs. 1 BGB oder die Beendigung des Mietverhältnisses. Deshalb können Schadensersatzansprüche des Vermieters auch schon vor Ende des Mietverhältnisses verjähren.

Keine Pflicht zur sofortigen Rücknahme

Zwar ist ein Vermieter nicht verpflichtet, die Mietsache jederzeit "auf Zuruf" zurückzunehmen. Hat er sie aber tatsächlich zurückerhalten, wie hier durch den Besitz der Schlüssel, beginnt die Verjährung unabhängig davon zu laufen, ob er zur vorzeitigen Rücknahme verpflichtet gewesen wäre. Dass dem Vermieter die Änderung der Besitzverhältnisse durch Einwurf der Schlüssel aufgedrängt wurde, ändert hieran nichts.

Vermieter wird nicht benachteiligt

Dem Vermieter entsteht durch den vorzeitigen Rückerhalt der Mietsache auch kein unbilliger Nachteil. Zwar muss er tätig werden, um die Verjährung seiner Ansprüche zu verhindern. Andererseits werden die Ansprüche wegen des Zustandes der Mietsache schnell geklärt. Und schließlich lässt der Rückerhalt der Mietsache weder etwaige Ansprüche auf Zahlung von Miete entfallen noch schließt er Ansprüche wegen Pflichtwidrigkeiten des Mieters vor Ende der Mietzeit aus.

(BGH, Urteil v. 29.1.2025, XII ZR 96/23)


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Schlagworte zum Thema:  Verjährung, Schadensersatz, Mietrecht