Mietrecht: Keine Räumungsverfügung bei Gewerbemiete

Der neue § 940a Abs. 2 ZPO, der unter bestimmten Umständen den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Räumung gegen den Besitzer einer Wohnung ermöglicht, ist auf Gewerbemietverhältnisse nicht anwendbar.

Hintergrund

Die Vermieterin eines Ladens in einem Einkaufszentrum begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Räumung und Herausgabe gegen den Besitzer auf Grundlage von § 940a Abs. 2 ZPO (Text s. unten). Die Vorschrift wurde mit der Mietrechtsänderung 2013 neu ins Gesetz eingefügt. Sie ermöglicht nach ihrem Wortlaut, gegen den Besitzer einer Wohnung eine einstweilige Verfügung auf Räumung (Räumungsverfügung) zu erlassen, wenn der Vermieter gegen den Mieter einen Räumungstitel hat und von der Überlassung der Wohnung an den Besitzer erst nach Ende der mündlichen Verhandlung im Räumungsprozess erfahren hat.

Entscheidung

Der Antrag hat keinen Erfolg. § 940a Abs. 2 ZPO ist nur auf Wohnraummietverhältnisse anwendbar, nicht aber auf gewerbliche Mietverhältnisse.

Schon dem Wortlaut nach gilt die Vorschrift nur für die Räumung von Wohnraum. Auch die Gesetzessystematik spricht gegen die Anwendbarkeit der Norm auf sonstige Mieträume, da der Gesetzgeber die Vorschrift mit dem Mietrechtsänderungsgesetz 2013 gerade in einer bestehenden Norm mit der amtlichen Überschrift „Räumung von Wohnraum“ angesiedelt hat. Schließlich ergibt sich aus der Gesetzesbegründung, dass § 940a Abs. 2 ZPO eine auf Wohnraum zugeschnittene Spezialvorschrift ist.

Die Vorschrift ist somit nicht auf gewerbliche Mietverhältnisse übertragbar. Der Erlass einer Räumungsverfügung gegen den Besitzer gewerblicher Räume kommt daher nicht in Frage.

(KG Berlin, Beschluss v. 5.9.2013, 8 W 64/13)

Anmerkung: Auch das LG Köln hat die Anwendbarkeit des § 940a Abs. 2 ZPO auf gewerbliche Mietverhältnisse verneint (Beschluss v. 12.6.2013, 1 T 147/13). Das LG Hamburg hingegen hält den Erlass einer Räumungsverfügung auch bei gewerblichen Mietverhältnissen für möglich (Urteil v. 27.6.2013, 334 O 104/13).


§ 940a ZPO - Räumung von Wohnraum

(1) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden.

(2) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.

(3) Ist Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben, darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung angeordnet werden, wenn der Beklagte einer Sicherungsanordnung (§ 283a) im Hauptsacheverfahren nicht Folge leistet.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 hat das Gericht den Gegner vor Erlass einer Räumungsverfügung anzuhören.

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