Kein Beschluss über Aufputz-Kabel im Sondereigentum
Hintergrund: Beschluss über Neuverkabelung
In einer Eigentümerversammlung fassten die Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit folgenden Beschluss:
Die Eigentümerversammlung beschließt die Neuverkabelung der gesamten Wohnanlage gemäß dem Angebot der Firma X (Anbieter von Kabelanschluss). …. Folgende Punkte müssen vor Vertragsabschluss bzw. vor Beginn der Leitungsverlegung mit X geklärt werden:
…
d) Leitungsführung bei Nichtvorhandensein von Leerrohren bzw. Verlegung von Aufputzleitungen nur nach vorheriger Absprache mit Beirat und Verwaltung.
Gegen diesen Beschluss haben die Eigentümer einer Wohnung Anfechtungsklage erhoben. Sie beanstanden unter anderem, dass völlig unklar sei, wie die Leitungen verlegt werden sollen, wenn keine Leerrohre vorhanden seien. Es fehle ein klares Verlegungskonzept. Der Wert der Wohnung werde erheblich gemindert und es handele sich auch um eine optische Beeinträchtigung, sofern die Kabel nur „auf Putz“ verlegt werden könnten. Es sei auch nicht hinnehmbar, dass ohne Leerrohre letztlich der Beirat in Abstimmung mit der Verwaltung entscheiden könne, welche Maßnahmen an Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum vorgenommen werden.
Entscheidung: Keine Beschlusskompetenz für Sondereigentum
Der angefochtene Beschluss ist nichtig. Durch eine Verlegung von Kabeln „auf Putz“ in den einzelnen Sondereigentumseinheiten wird das Sondereigentum betroffen. Der Gemeinschaft fehlt aber die Beschlusskompetenz, um über Eingriffe in das Sondereigentum zu entscheiden.
Eine Duldungspflicht gemäß § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG (unter anderem Duldung von Maßnahmen zur Herstellung einer Anlage zum Rundfunkempfang) besteht nur, soweit das Gemeinschaftseigentum betroffen ist. Werden bei der Durchführung einer Maßnahme auch Teile des Sondereigentums (hier: Kabelverlegung auf Putz in der Wohnung) berührt, ist eine mehrheitliche Genehmigung weder erforderlich noch ausreichend. Die Gemeinschaft hat für Eingriffe im Bereich des Sondereigentums keine Beschlusskompetenz.
In diesen Fällen müssen sich anschlusswillige Wohnungseigentümer mit den Miteigentümern einigen, durch deren Sondereigentum die Versorgungsleitungen geführt werden sollen. Kommt eine Einigung nicht zustande, ist die Zustimmung zu einer solchen Maßnahme gegen den Willen der betroffenen Sondereigentümer nur durchsetzbar, wenn sich die Verweigerung unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsverhältnisses als ein Verstoß gegen die Treuepflicht nach § 242 BGB darstellt. Der Umfang und die Grenzen ergeben sich aus der Erforderlichkeit. Nur die Maßnahmen müssen geduldet werden, die zur Herstellung des Anschlusses erforderlich sind. Damit sind betroffene Wohnungseigentümer berechtigt, vor Baubeginn genau zu erfahren, welche Baumaßnahmen geplant sind und wie sich diese auf ihr Eigentum auswirken.
Im Übrigen ist der Beschluss auch als nichtig anzusehen, da es nicht allein Verwaltung und Beirat gestattet ist, über die Verlegungsmaßnahmen gerade in Sondereigentumseinheiten zu befinden.
(AG Köln, Urteil v. 18.8.2015, 204 C 116/14)
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