Käufer gebrauchter Wohnung kann Gewährleistung selbst durchsetzen

Nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung und „kleinen Schadensersatz“ kann der Käufer einer gebrauchten Eigentumswohnung jedenfalls dann selbst geltend machen, wenn im Kaufvertrag die Haftung für Sachmängel ausgeschlossen und keine Beschaffenheitsgarantie vereinbart ist.

Hintergrund

Ein Wohnungseigentümer verlangt von der Verkäuferin der Wohnung Schadensersatz. Er hatte die Wohnung im Dezember 2010 gebraucht für 150.000 Euro gekauft. Die Haftung für Sachmängel wurde im Kaufvertrag ausgeschlossen. Der Gebäudekomplex, in dem sich die Wohnung befindet, wurde in den 50er-Jahren errichtet.

Im Kaufvertrag wurde auf erhöhte Feuchtigkeitswerte an den Kelleraußenwänden hingewiesen und in diesem Zusammenhang ausgeführt, die WEG beabsichtige, auf der nächsten Eigentümerversammlung einen Beschluss zur Beseitigung der Undichtigkeit an den Kelleraußenwänden zu fassen. In der Folgezeit wurde ein solcher Beschluss auch gefasst, allerdings von der Verkäuferin erfolgreich angefochten.

Der Käufer verlangt von der Verkäuferin Schadensersatz in Höhe einer Verkehrswertminderung von 45.000 Euro. Er behauptet, er sei bei Vertragsschluss arglistig getäuscht worden. Die Verkäuferin habe die Mängel arglistig verschwiegen.

Die Klage blieb vor dem Landgericht und dem Kammergericht ohne Erfolg. Das Kammergericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen, weil es bei den geltend gemachten Rechten auf Minderung und „kleinen Schadensersatz“ um gemeinschaftsbezogene Rechte nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG gehe, die ein eigenständiges Vorgehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht zuließen. Für deren Geltendmachung und Durchsetzung sei allein die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zuständig. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung des BGH zum Werkvertragsrecht und gelte auch für kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche.

Entscheidung

Der BGH hebt die Entscheidung des Kammergerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Das Kammergericht hätte die Klage mit seiner Argumentation nicht als unbegründet abweisen dürfen, sondern als unzulässig abweisen müssen. Soweit eine Alleinzuständigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG besteht, kann ein Wohnungseigentümer selbst die Rechte nur durchsetzen, wenn er vom Verband hierzu ermächtigt worden ist. Eine solche Ermächtigung lag hier nicht vor.

Davon abgesehen fällt der Klageanspruch schon mangels Gemeinschaftsbezogenheit nicht unter § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG, so dass der Käufer diesen selbst geltend machen kann.

Bei nach Werkvertragsrecht zu beurteilendem Erwerb einer neuen Eigentumswohnung vom Bauträger sind Rechte auf Minderung und „kleinen Schadensersatz“ wegen behebbarer Mängel am Gemeinschaftseigentum gemeinschaftsbezogen. In diesem Fall ist daher ausnahmsweise die Befugnis des einzelnen Wohnungseigentümers, seine individualvertraglichen Rechte geltend zu machen, ausgeschlossen. Solche Rechte begründen eine geborene Ausübungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft. Auch die Voraussetzungen für diese Ansprüche kann nur die Gemeinschaft schaffen. Maßgeblich dafür ist vor allem die Erwägung, dass die Wohnungseigentümer nur gemeinschaftlich darüber befinden können, wie das Wahlrecht zwischen Minderung und Schadensersatz auszuüben ist und wie die vom Gewährleistungsschuldner erlangten Mittel verwendet werden sollen. Ferner dient dies auch dem Schutz des Schuldners, der davor bewahrt werden soll, von einem Wohnungseigentümer auf Nachbesserung und von einem anderen auf Minderung oder „kleinen Schadensersatz“ in Anspruch genommen zu werden.

Anders kann es sich verhalten, wenn die Ansprüche nach Kaufrecht zu beurteilen sind. Allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung und „kleinen Schadensersatz“ fallen jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 1 WEG, wenn - wie hier - eine gebrauchte Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft und eine Beschaffenheitsgarantie nicht vereinbart worden ist. In diesem Fall ist keine einheitliche Rechtsverfolgung im Interesse der Wohnungseigentümer oder aus Gründen des Schuldnerschutzes geboten. Dann kann die Eigentümergemeinschaft diese Rechte nur ausüben, wenn sie die Rechtsverfolgung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss an sich gezogen hat. Das ist hier nicht der Fall, so dass der Käufer seine Rechte selbst einfordern kann.

Der BGH hat den Rechtsstreit an das Kammergericht zurückverwiesen. Dieses muss nun Feststellungen zu den behaupteten Mängeln und deren arglistigem Verschweigen treffen.

(BGH, Urteil v. 24.7.2015, V ZR 167/14)

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