BGH

Vermietender Wohnungseigentümer haftet für mangelhaften Winterdienst


BGH Wohnungseigentümer haftet für mangelhaften Winterdienst

Der Vermieter einer Eigentumswohnung haftet grundsätzlich für Schäden, die ein Mieter durch einen Sturz aufgrund von Eisglätte auf dem gemeinschaftlichen Grundstück der WEG erleidet. Diese Haftung besteht auch, wenn die Räum- und Streupflicht an einen externen Dienstleister delegiert wurde.

Hintergrund: Mieterin stürzt bei Glatteis

Die Mieterin einer Eigentumswohnung verlangt von der Vermieterin Schmerzensgeld wegen Verletzungen, die sie sich bei einem Sturz auf dem Grundstück zugezogen hat.

An einem Januarmorgen stürzte die Mieterin beim Verlassen des Hauses auf einem Weg auf dem Grundstück. Der Weg war nicht von Eis befreit, obwohl die Wettervorhersage Glatteis prognostiziert hatte. Den Winterdienst hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft an eine professionelle Hausmeisterfirma übertragen. Bei dem Sturz zog sich die Mieterin erhebliche Verletzungen zu.

Wegen ihrer Verletzungen fordert die Mieterin 12.000 Euro Schmerzensgeld von der Vermieterin. Nachdem die Klage vor dem Amtsgericht erfolgreich war, wies das Landgericht die Klage ab. Es meinte, die Übertragung der Räum- und Streupflicht von der Wohnungseigentümergemeinschaft auf einen professionellen Hausmeisterdienst führe dazu, dass eine Haftung der Vermieterin nur noch in Betracht komme, wenn Überwachungs- und Kontrollpflichten in Bezug auf das ausführende Unternehmen verletzt worden seien. Das sei hier nicht der Fall.

Entscheidung: Räumpflicht bleibt trotz Delegation bestehen

Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil des Landgerichts auf und verweist den Rechtsstreit dorthin zurück.

Vermieter sind mietvertraglich verpflichtet, Wege auf dem Grundstück während der Wintermonate zu räumen und zu streuen. Diese Nebenpflicht aus dem Mietvertrag besteht auch dann, wenn der Vermieter nicht (Allein-)Eigentümer des Grundstücks, sondern Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Folgte man der Auffassung des Landgerichts, hätte dies ein unterschiedliches Schutzniveau für Mieter zur Folge, das sachlich nicht gerechtfertigt ist und für das es keine rechtliche Grundlage gibt.

Allgemeine vs. vertragliche Verkehrssicherungspflicht

Die Pflichten der Vermieterin waren nicht auf Kontroll- und Überwachungspflichten beschränkt. Für die allgemeine (deliktsrechtliche) Verkehrssicherungspflicht gilt, dass der Verpflichtete diese nicht persönlich erfüllen muss, sondern sie delegieren kann. Dann verengt sich die Verkehrssicherungspflicht des ursprünglich allein Verantwortlichen auf eine Kontroll- und Überwachungspflicht, die sich darauf erstreckt, ob der Dritte die übernommenen Sicherungspflichten auch tatsächlich ausgeführt hat.

Anders ist dies bei der vertraglichen Verkehrssicherungspflicht des Vermieters. Zwar kann auch diese zur Wahrnehmung auf einen Dritten übertragen werden. Inhaltlich entsprechen die vertraglichen Schutzpflichten des Vermieters den allgemeinen Verkehrssicherungspflichten. Das bedeutet aber nicht, dass der Vermieter aus seiner vertraglichen Haftung entlassen wird oder sich Art und Umfang seines Pflichtenprogramms ändern. Insbesondere wird dieses nicht auf Überwachungs- und Kontrollpflichten beschränkt.

Vermieterin haftet für Erfüllungsgehilfen

Zur Erfüllung ihrer vertraglichen Nebenpflicht, Wege frei von Schnee und Eis zu halten, konnte sich die vermietende Wohnungseigentümerin der Hilfe des Hausmeisterdienstes, der im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft tätig war, als Erfüllungsgehilfe bedienen. Für dessen Verschulden haftet die Eigentümerin gemäß § 278 BGB wie für eigenes Verschulden.

Das Landgericht muss den Fall nun erneut prüfen und weitere tatsächliche Feststellungen treffen.

( BGH, Urteil v. 6.8.2025, VIII ZR 250/23)

ECLI:DE:BGH:2025:060825UVIIIZR250.23.0


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Schlagworte zum Thema:  Mietrecht , Verkehrssicherungspflicht
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