Betreten des Nachbargrundstücks für Bauarbeiten

Will ein Grundstücksnutzer das Nachbargrundstück für Instandsetzungmaßnahmen oder Bauarbeiten an seinem Gebäude in Anspruch nehmen oder betreten, muss er dem Nachbarn zuvor genaue Angaben zu den geplanten Arbeiten machen.

Hintergrund: Eigentümer will Gerüst auf Nachbargrundstück stellen

Die Eigentümerin eines Grundstücks in Nordrhein-Westfalen verlangt vom Grundstücksnachbarn (im Folgenden: Nachbar), dass dieser das Betreten und die Nutzung seines Grundstücks gestattet, um dort ein Gerüst aufzustellen. Das Gebäude der Eigentümerin grenzt unmittelbar an das Nachbargrundstück. Die Eigentümerin will an der Giebelwand Bauarbeiten ausführen.

Im April 2009 kündigte sie dem Nachbarn ihre Absicht an, ab der ersten Juniwoche 2009 näher bezeichnete Arbeiten in einem Zeitraum von zwei bis drei Wochen durchzuführen. Sie bat den Nachbarn, die Nutzung seines Grundstücks einschließlich der Aufstellung eines Gerüsts zu ermöglichen. Später teilte sie ihm mit, dass die Arbeiten in einem Zeitraum von etwa vier Wochen durchgeführt werden sollen. Der Nachbar stimmte der Nutzung des Grundstücks nicht zu.

Die Eigentümerin verlangt vom Nachbarn, es zu dulden, dass sie auf dem Nachbargrundstück für die Dauer von einem Monat an ihrer Hauswand ein Gerüst zur Durchführung von Sanierungsarbeiten errichten sowie das Nachbargrundstück für die Durchführung der Arbeiten betreten und benutzen lässt.

Entscheidung: Ankündigung der Bauarbeiten muss präzise sein

Der BGH verweist den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das Landgericht zurück.

Grundlage für einen Duldungsanspruch kann § 24 Abs. 1 NachbG NRW sein. Das dort geregelte Hammerschlags- und Leiterrecht erlaubt dem Berechtigten, vom Nachbargrundstück aus bestimmte Arbeiten an den auf seinem Grundstück stehenden Gebäuden unter den in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer genannten Voraussetzungen durchzuführen.

Nach dem hier maßgeblichen § 24 Abs. 1 NachbG NRW ist die Befugnis auf Bau- und Instandsetzungsarbeiten beschränkt. Um Bauarbeiten geht es hier nicht; die Eigentümerin will allenfalls Instandsetzungsarbeiten durchführen. Dazu gehören auch Unterhaltungsarbeiten, die den Eintritt von Schäden vermeiden und die Baulichkeiten in einem ordnungsgemäßen Zustand erhalten sollen, ebenso Maßnahmen, die die Baulichkeiten in einen den heutigen Erfordernissen und Anschauungen entsprechenden Zustand versetzen, z. B. durch das Anbringen einer Wärmedämmung. Reine Verschönerungsmaßnahmen sind dagegen keine Instandhaltungsarbeiten im Sinne der Vorschrift.

Im vorliegenden Fall hat der Nachbar bestritten, dass das Gebäude instandsetzungsbedürftig ist. Der BGH hat den Rechtsstreit ans Landgericht zurückverwiesen, damit diese Frage geklärt werden kann. Sofern dies ergibt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, muss der Nachbar die Nutzung seines Grundstücks dulden.

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Sollte ein Duldungsanspruch bestehen, darf die Eigentümerin von ihrem Hammerschlags- und Leiterrecht aber erst dann Gebrauch machen, wenn sie diese Absicht mindestens einen Monat vor Beginn der Arbeiten angezeigt hat. Hierzu muss sie sowohl den Beginn der Arbeiten nach Tag und Uhrzeit anzugeben als auch den voraussichtlichen Umfang der Arbeiten so genau wie möglich zu umreißen. Ebenso sind Art und Umfang der beabsichtigten Grundstücksnutzung anzugeben und die voraussichtliche Dauer der Arbeiten.

(BGH, Urteil v. 14.12.2012, V ZR 49/12)


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