Juristische Person kann Verwaltungsbeirat sein
Hintergrund: Streit über Beiratswahl
Eine Wohnungseigentümerin wendet sich gegen einen Beschluss über die Wahl eines Mitglieds des Verwaltungsbeirats.
Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) gehört eine Gemeinde an. In einer Eigentümerversammlung im September 2022 stellte sich die bei der Gemeinde angestellte Mitarbeiterin X, die selbst kein Mitglied der GdWE ist, für die Gemeinde zur Wahl des Verwaltungsbeirats. Die Wohnungseigentümer fassten daraufhin den Beschluss: "Die Eigentümergemeinschaft wählt Frau X in den Verwaltungsbeirat".
Gegen diesen Beschluss hat eine Wohnungseigentümerin Anfechtungsklage erhoben. Sie meint, weder die Gemeinde selbst noch deren Mitarbeiterin könnten rechtmäßig in den Verwaltungsbeirat gewählt werden. Vor Amts- und Landgericht hatte die Klage keinen Erfolg.
Entscheidung: Juristische Person kann in den Beirat gewählt werden
Der BGH bestätigt die Urteile der Vorinstanzen. Die Gemeinde wurde rechtmäßig zum Mitglied im Verwaltungsbeirat der GdWE bestellt.
Auslegung des Beschlusses: Im Zweifel juristische Person gewählt
Der Beschluss ist so auszulegen, dass nicht die Mitarbeiterin persönlich, sondern die Gemeinde selbst zum Verwaltungsbeirat bestellt wurde.
Zwar ist nach dem Wortlaut die namentlich bezeichnete Mitarbeiterin gewählt worden. Aus den Umständen der Beschlussfassung ergibt sich aber, dass diese Mitarbeiterin nicht persönlich in den Beirat gewählt werden sollte, sondern die von ihr in der Versammlung vertretene Gemeinde. Mit der Namensnennung sollte lediglich angegeben werden, wer derzeit bei der Gemeinde für die Wahrnehmung der Beiratstätigkeit zuständig ist.
Dass nicht die Mitarbeiterin persönlich gewählt werden sollte, folgt schon daraus, dass sie selbst nicht der GdWE angehört und daher kein eigenes, von ihrer Tätigkeit für die Gemeinde unabhängiges Interesse an einer Beiratstätigkeit hat. Als Nichtmitglied der GdWE hätte sie auch nicht wirksam in den Beirat gewählt werden können. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG können ausdrücklich nur Wohnungseigentümer zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt werden. Eine streng am Wortlaut orientierte Auslegung des Beschlusses verstieße gegen den Grundsatz, dass die Wohnungseigentümer im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen wollen.
BGH entscheidet Meinungsstreit zum Verwaltungsbeirat
Der Beschluss ist nicht deshalb für ungültig zu erklären, weil eine Gemeinde und damit eine juristische Person zum Mitglied des Verwaltungsbeirats bestellt wurde. Ob juristische Personen oder deren Vertreter beziehungsweise Organe zum Mitglied des Verwaltungsbeirats einer GdWE bestellt werden können, war bislang allerdings umstritten.
Der BGH schafft nun Klarheit: Zum Mitglied des Verwaltungsbeirats einer GdWE können auch juristische Personen bestellt werden, nicht aber – vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung – deren gesetzliche Vertreter oder bevollmächtigte Mitarbeiter, die selbst nicht Wohnungseigentümer sind.
Der Wortlaut von § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG, der von "Wohnungseigentümern" spricht, enthält keine Anhaltspunkte für eine Beschränkung der Wählbarkeit auf natürliche Personen. Soweit an anderen Stellen im Gesetz von "Wohnungseigentümer" die Rede ist, ist dabei durchweg derjenige gemeint, dem das Wohnungseigentum materiell-rechtlich zusteht, unabhängig davon, ob es sich um eine natürliche oder eine juristische Person handelt. Nur natürliche Personen als wählbar für den Verwaltungsbeirat zu sehen, wäre eine begründungsbedürftige Ausnahme.
Ein Ausschluss juristischer Personen von der Beiratstätigkeit wäre auch der Sache nach nicht zu rechtfertigen. Juristische Personen sind als Wohnungseigentümer ebenso Mitglieder der GdWE wie natürliche Personen und stehen diesen in ihren Rechten nicht nach. Würde man sie von vornherein aus dem Beirat ausschließen, schränkte dies ihre Rechte ungerechtfertigt ein.
Für eine Beschränkung der Wählbarkeit auf natürliche Personen wird vorgebracht, beim Amt des Verwaltungsbeirats stehe das persönliche Engagement im Vordergrund und es komme besonders auf Vertrauen und Kontinuität an. Indes obliegt es einer juristischen Person, durch Auswahl ihres Vertreters für eine ordnungsgemäße Durchführung ihrer Aufgaben zu sorgen. Zudem kann die Eigentümerversammlung bei Zweifeln von der Wahl Abstand nehmen beziehungsweise Beiratsmitglieder, die im Nachhinein ungeeignet erscheinen, im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung jederzeit abberufen.
Schließlich kann eine juristische Person auch zum Verwalter bestellt werden. Auch dem steht nicht entgegen, dass das Verwalteramt auf Vertrauen basiert und die handelnden Personen wechseln können. Für eine unterschiedliche Behandlung von Verwalter und Beirat besteht kein Grund.
Organe oder Vertreter selbst sind normalerweise nicht wählbar
Nicht in den Verwaltungsbeirat wählbar sind hingegen gesetzliche Vertreter der juristischen Person, Mitarbeiter oder sonst vertretungsberechtigte natürliche Personen, die nicht selbst Wohnungseigentümer sind. Dem steht schon § 29 Abs. 1 Satz 1 WEG entgegen, der nur Wohnungseigentümer als Beiratsmitglieder zulässt. Etwas anderes gilt nur, wenn die Gemeinschaftsordnung oder eine sonstige Vereinbarung die Bestellung Dritter in den Beirat zulässt.
Daher sind Beschlüsse über die Bestellung zum Verwaltungsbeirat, in denen Vertreter oder Mitarbeiter der juristischen Person namentlich benannt werden, im Zweifel so auszulegen, dass die durch sie vertretene juristische Person zum Verwaltungsbeirat bestellt werden soll.
(BGH, Urteil v. 4.7.2025, V ZR 225/24)
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