BGH: Gemeinde kann Baugrundstück lange zurückfordern

Eine Gemeinde, die Bauland verkauft hat, kann dieses bis zu 30 Jahre nach Vertragsschluss zurückfordern, wenn es der Käufer trotz vertraglicher Bauverpflichtung unbebaut lässt.

Hintergrund: Grundstückskäufer baut nicht

Im Jahr 1994 verkaufte eine Gemeinde in Bayern ein Baugrundstück für 60.000 DM. Der Preis war seinerzeit marktgerecht

Der Käufer verpflichtete sich, auf dem Grundstück innerhalb von acht Jahren dem dortigen Bebauungsplan entsprechend ein Wohnhaus zu bauen. Für den Fall, dass er nicht fristgemäß baut oder das Grundstück unbebaut weiterverkauft, sollte die Gemeinde berechtigt sein, das Grundstück zum seinerzeitigen Kaufpreis zurückzukaufen. In der Folgezeit blieb das Grundstück unbebaut.

Im Jahr 2014 übte die Gemeinde ihr Wiederkaufsrecht aus und verlangte das Grundstück zurück.

Entscheidung: Rückforderung auch nach langer Zeit möglich

Der BGH bejaht ein Rückforderungsrecht der Gemeinde. Im Kaufvertrag war ein wirksames Wiederkaufsrecht vereinbart, das die Gemeinde innerhalb von 30 Jahren ausüben konnte. Daher war die Gemeinde zum Rückkauf berechtigt.

Insbesondere war das vereinbarte Wiederkaufsrecht angemessen. Bauverpflichtungen wie die vorliegende dienen dem anerkennenswerten städtebaulichen Interesse, die Ziele der Bauleitplanung zu erreichen und Spekulationsgeschäfte zu verhindern. Eine Gemeinde kann daher den Verkauf eines Baugrundstücks an einen privaten Erwerber von der Übernahme einer Bauverpflichtung abhängig machen und diese Verpflichtung über ein Wiederkaufsrecht absichern. Die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung setzt nicht voraus, dass dem Käufer das Grundstück unterhalb des Verkehrswertes verkauft wird.

Für den Erwerber stellt eine Bauverpflichtung keine schwerwiegende Belastung dar. Üblicherweise wird er sowieso beabsichtigen zu bauen. Die hier vereinbarte Frist von acht Jahren ist auch nicht unangemessen kurz. Auch der vereinbarte Wiederkaufspreis, der dem Kaufpreis entspricht, ist nicht unangemessen, denn dieser entspricht der gesetzlichen Zweifelsregelung aus § 456 Abs. 2 BGB.

Schließlich ist die Vereinbarung des Wiederkaufsrechts auch nicht deshalb unangemessen, weil keine Ausübungsfrist vereinbart wurde und damit die gesetzliche Frist von 30 Jahren aus § 462 BGB gilt. Eine solch lange Frist ist für beide Seiten vorteilhaft. Gerät etwa der Käufer in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die eine fristgemäße Bebauung verhindern, kann die Gemeinde flexibel reagieren und die Bebauungsfrist verlängern. Bei einer kürzeren Ausübungsfrist müsste sie ihr Wiederkaufsrecht sofort oder zeitnah ausüben, um es nicht zu verlieren. Alternativ müsste eine kürzere Bebauungsfrist vereinbart werden. Beides wäre nachteilig für den Käufer.

Der Käufer kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des BGH zum sogenannten "Einheimischenmodell" berufen. Beim Einheimischenmodell verkaufen Gemeinden Bauland in stark nachgefragten Gebieten verbilligt an lokale Interessenten und erlegen diesen auf, die dann errichteten Häuser für eine bestimmte Zeit selbst zu nutzen. Da die Bindung des Käufers der Preis für den verbilligten Grundstückserwerb ist, hängt die zulässige Bindungsdauer von dem Umfang der Verbilligung ab.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch grundlegend vom Einheimischenmodell. Dem Käufer wurde keine langfristige Bindung gegen Gewährung eines besonders günstigen Preises auferlegt. Die einzige Pflicht des Käufers war die Bebauung. Wenn er diese Pflicht erfüllt hätte, wäre das Wiederkaufsrecht erloschen und er hätte mit dem Grundstück nach Belieben verfahren können.

Das OLG, an das der BGH die Sache zurückverwiesen hat, muss nun klären, ob die Gemeinde die Rückforderung formwirksam erklärt hat.

(BGH, Urteil v. 16.12.2022, V ZR 144/21)


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