Entscheidungsstichwort (Thema)

Nutzungsüberlassung durch Gesellschafter an Gesellschaft in der GmbH-Insolvenz

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anspruch des GmbH-Gesellschafters auf Mietzinszahlung unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 InsO

2. Eine Insolvenzanfechtung nach den §§ 135 Abs. 1 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO wegen der im Jahr vor Insolvenzantragstellung von einer GmbH als Gemeinschuldnerin an einen GmbH-Gesellschafter aus der Vermietung eines Gesellschaftergrundstücks gezahlten Mieten greift nicht, da die Vermietung nicht dem Anwendungsbereich von §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO unterfällt.

3. Der Mietforderungsanspruch ist nicht nachrangig i.S.d. § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 InsO. Der Kläger kann daher abgesonderte Befriedigung nach § 50 Abs. 1 InsO wegen seines Vermieterpfandrechts aus § 562 Abs. 1 BGB verlangen.

 

Normenkette

InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3, § 50 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 135 Abs. 1 Nr. 2, § 143 Abs. 1; BGB § 535 Abs. 2, § 562 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Kiel (Urteil vom 25.03.2011; Aktenzeichen 17 O 229/10)

 

Tenor

1) Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.3.2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des LG Kiel geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 42.682,20 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, und zwar auf 14.227,40 EUR seit dem 4.9.2010, auf weitere 14.227,40 EUR seit dem 6.10.2010 und auf weitere 14.227,40 EUR seit dem 4.11.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Kläger einen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus allen von der ... GmbH vor dem 22.6.2010 in die in der Anlage K 2 hell markierten Räumlichkeiten der Gewerbeimmobilie in der ... eingebrachten Gegenstände für seine Forderung auf Zahlung von Miete von jeweils 14.227,40 EUR für die Monate Juli und August 2010 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, und zwar auf 14.227,40 EUR seit dem 6.7.2010 und auf weitere 14.227,40 seit dem 5.8.2010 hat.

2) Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von dem beklagten Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... GmbH (nachfolgend: GmbH) die Zahlung von Mietzins und macht die Feststellung eines zu seinen Gunsten bestehenden Vermieterpfandrechtes geltend. Der Kläger war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Mit Vertrag vom 1.7.2003 (Bl. 6 ff. d.A.) vermietete er der GmbH sein Gewerbegrundstück in der ... zu einem monatlichen Mietzins von 14.227,40 EUR. Bis einschließlich Juni 2010 zahlte die GmbH den Mietzins an den Kläger. Am 22.6.2010 stellte die GmbH den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, am gleichen Tag bestellte das AG ... den Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Die Mieten für den Zeitraum ab Juli 2010 zahlte die Gemeinschuldnerin an den Kläger nicht. Mit Beschluss vom 1.9.2010 eröffnete das AG ... das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

Mit Schreiben vom 8.9.2010 (Bl. 16 d.A.) kündigte der Beklagte den Mietvertrag zum 31.12.2010. Daraufhin forderte der Kläger den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 10.9.2010 (Bl. 17 d.A.) auf, die laufende Miete ab 1.9.2010 als Masseverbindlichkeit zu zahlen, und erklärte, dass er sein Vermieterpfandrecht geltend mache. Der Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 01.10. 2010 (Bl. 18 d.A.) mit, dass er die Ansprüche nicht erfüllen werde, da es sich um nachrangige Insolvenzforderungen handele; er erklärte ferner die Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus Insolvenzanfechtung gem. § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO im Hinblick auf die im letzten Jahr vor der Insolvenzantragstellung von der Gemeinschuldnerin geleisteten Mietzinszahlungen von insgesamt 170.728,80 EUR.

Mit der Klage verlangt der Kläger vom Beklagten die Zahlung des Mietzinses für die Monate September bis November 2010 sowie die Feststellung, dass ihm für seine Mietzinsansprüche für die Monate Juli und August 2010 ein Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus seinem Vermieterpfandrecht zustehe.

Der Kläger hat geltend gemacht, dass es sich bei seinem Anspruch auf Mietzinszahlung für die Monate September - November 2010 um eine Masseforderung i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO handele, die vorab zu befriedigen sei. § 39 InsO finde hier keine Anwendung, da die Nutzungsüberlassung nicht einem einen Gesellschafterdarlehen gleichgestellte Forderung i.S.v. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sei. Vielmehr beinhalte der mit dem MoMiG eingeführte § 135 Abs. 3 InsO die abschließende Regelung zur Behandlung von Nutzungsüberlassungen durch Gesellschafter. Da er ein Vermieterpfandrecht an den von der GmbH eingebrach...

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