Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietzinsforderung ist eine nachrangige Insolvenzforderung. Mietzinsforderung als nachrangige Insolvenzforderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mietzinsansprüche sind bei der Fortdauer des Mietvertrages gemäß § 55 Abs.1 Nr.2 InsO grundsätzlich Masseverbindlichkeiten, die vorweg aus der Insolvenzmasse zu berichtigen sind.

2. § 39 Abs.1 Nr.5 InsO geht bei einem gegenseitigen Vertrag zwischen Gesellschafter und Insolvenzschuldner, der einen Gesellschafterdarlehen oder eine gleichgestellte Forderung zum Gegenstand hat, der Regelung des § 55 Abs.1 Nr.2 InsO vor.

3. Die durch den Gesellschafter gewährte Nutzungsüberlassung eines Gewerbegrundstücks gegen Mietzahlung steht wirtschaftlich betrachtet der Gewährung eines Darlehns an die Gesellschaft gleich. Als nachrangige Forderung iSd. § 39 Abs.1 Nr.5 InsO sind daher auch weiter Ansprüche aus Nutzungsüberlassungen des Gesellschafters anzusehen

 

Normenkette

InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 55 Abs. 1 Nr. 2, § 108 Abs. 1

 

Nachgehend

Schleswig-Holsteinisches OLG (Urteil vom 13.01.2012; Aktenzeichen 4 U 57/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen der pp GmbH (im Folgenden: GmbH) die Zahlung von Mietzins für ein Gewerbegrundstück.

Der Kläger war Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Mit Vertrag vom 01.07.2003 vermietete er der GmbH ein in seinem Eigentum bestehendes Gewerbegrundstück in der pp in pp zu einem monatlichen Mietzins von 14.227,40 EUR.

Einschließlich Juni 2007 zahlte die GmbH die Miete stets vollständig.

Am 22.06.2010 stellte die GmbH Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Amtsgericht pp bestimmte den Beklagten mit Beschluss vom selben Tag zum vorläufigen Insolvenzverwalter.

Ab Juli 2010 erfolgten keine Mietzinszahlungen mehr an den Kläger.

Mit Beschluss vom 01.09.2010 eröffnete das Amtsgericht pp das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.

Mit Schreiben vom 08.09.2010 kündigte der Beklagte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter den zwischen dem Kläger und der GmbH abgeschlossenen Mietvertrag zum 31.12.2010, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Daraufhin forderte der Kläger den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 10.09.2010 auf, die laufende Miete ab 01.09.2010 zu zahlen, und erklärte, dass er sein Vermieterpfandrecht geltend mache. Der Beklagte antwortete mit Schreiben vom 01.10.2010 und teilte mit, dass er die Ansprüche nicht erfüllen werde. Für den Fall, dass die Mietzinsansprüche Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO seien, erklärte er die Aufrechnung mit Gegenansprüchen aus Insolvenzanfechtung.

Mit Vorliegender Klage begehrt der Kläger Zahlung des Mietzinses für die Monate September bis November 2010 sowie die Feststellung, dass ihm bezüglich der Mietzinsansprüche für die Monate Juli und August 2010 ein Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus seinem Vermieterpfandrecht zustehe.

Der Beklagte hat hilfsweise in Höhe der Klagforderung die Aufrechnung mit Gegenansprüchen erklärt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei seinem Anspruch auf Mietzinszahlung um eine Masseforderung im Sinne von § 55 Abs.1 Nr.2 InsO handele, die vorab zu befriedigen sei. § 39 InsO, der nachrangige Forderungen regele, sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Nutzungsüberlassung gerade keine gleichgestellte Forderung im Sinne von § 39 Abs.1 Nr.5 InsO sei. Vielmehr beinhaltet der neu eingeführte § 135 Abs.3 InsO die abschließende Regelung zur Behandlung von Nutzungsüberlassungen durch Gesellschafter.

Da er ein Vermieterpfandrecht an den von der GmbH eingebrachten Gegenständen habe, stehe ihm für die Monate Juli und August 2010 ein Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus den dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Gegenständen zu.

Der Kläger beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 42.682,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 14.227,40 EUR seit dem 04.09.2010, auf weitere 14.227,40 EUR seit dem 06.10.2010 und auf weitere 14.227,40 EUR seit dem 04.11.2010 zu zahlen,
  2. festzustellen, dass er einen Anspruch auf abgesonderte Befriedigung aus allen von der pp GmbH vor dem 22.06.2010 in die in der Anlage K 2 hell markierten Räumlichkeiten der Gewerbeimmobilie in der pp eingebrachten Gegenstände für seine Forderung auf Zahlung von Miete für die Monate Juli und August 2010 in Höhe von jeweils 14.227,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 14.227,40 EUR seit dem 06.07.2010 und auf weitere 14.227,40 EUR seit dem 05.08.2010 hat.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass es sich bei dem Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für die Monate September bis November 2010 um nachrangige Insolvenzforderungen ge...

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