Entscheidungsstichwort (Thema)

Fahrzeugkauf: Leistungsort für Nacherfüllung

 

Leitsatz (amtlich)

Ist bei dem Kauf eines Fahrzeugs für private Zwecke für die Durchführung der Nacherfüllung ein Ort im Vertrag nicht bestimmt, richtet sich der Leistungsort für die Nacherfüllung grundsätzlich nach dem ursprünglichen Leistungsort des durch den Kaufvertrag begründeten Primärleistungsanspruchs.

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 25.01.2007; Aktenzeichen 72 O 1209/06)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Landshut vom 25.1.2007 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.351,77 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Klägerin als Käuferin berechtigt ist, von einem Kaufvertrag über Kraftfahrzeug zurückzutreten oder ob dem entgegensteht, dass sie dem Verkäufer nicht Gelegenheit zur Nacherfüllung gewährt hat.

I. Der Darstellung bedarf es nicht, denn der Wert der Beschwerde der Beklagten übersteigt 20.000 Euro nicht (s. § 26 Nr. 8 EGZPO). Nach herrschender Meinung ist § 313a ZPO, auf den § 540 Abs. 2 ZPO ausdrücklich verweist, auch auf Berufungsurteile anwendbar, s. a. Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., Rz. 2 zu § 313a und Zöller/Vollkommer, ZPO, 26. Aufl., Rz. 2 zu § 313a.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die klägerseits geltend gemachten Ansprüche wegen Rückabwicklung eines PKW-Kaufvertrages bestehen nicht, da die Klägerin nicht wirksam von diesem Kaufvertrag zurückgetreten ist.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin wegen Lieferung eines mangelhaften Kraftfahrzeugs gem. § 437 Nr. 2 BGB berechtigt wäre, vom streitgegenständlichen Kaufvertrag zurückzutreten, da sie der Beklagten innerhalb der gesetzten Frist die Nacherfüllung nicht ermöglicht hat (§ 323 Abs. 1 BGB). Sie hat ihr das Fahrzeug nicht am Firmensitz zur Nachbesserung zur Verfügung gestellt und damit eine Mitwirkungshandlung verweigert, die das Rücktrittsrecht voraussetzt (Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 323, Rz. 15).

Der Anspruch auf Nacherfüllung bzw. Nachbesserung ist nicht auf den Gattungskauf beschränkt, sondern gilt auch für einen Stückkauf wie den Gebrauchtwagenkauf. Die für das Kaufrecht in § 439 BGB geregelte Nacherfüllung besteht in der Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache. Der Wortlaut der Bestimmung, wonach es weder hinsichtlich der Nachbesserung noch der Ersatzlieferung darauf ankommt, ob ein Stückkauf oder ein Gattungskauf vorliegt, enthält keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass ein Anspruch auf Ersatzlieferung nur bei einem Gattungskauf, nicht dagegen bei einem Stückkauf gegeben sei (BGH NJW 2006, 2839 ff.). Im zur Entscheidung stehenden Fall ist die Nachbesserungsmöglichkeit evident durch das klägerische Schreiben vom 8.12.2005 (K 3), in dem die Klägerin selbst Nachbesserung durch Einbau eines Austauschmotors fordert.

Diese Nachbesserung hat die Klägerin der Beklagten in der von ihr gleichzeitig gesetzten Frist nicht ermöglicht, da sie sich geweigert hat, das Fahrzeug zwecks Vornahme der eventuell erforderlichen Nacherfüllung, an den Firmensitz der Beklagten zu verbringen oder verbringen zu lassen. Ein entsprechendes Angebot der Beklagten lag mit ihrem fristgemäßen Antwortschreiben vom 13.12.2005 (K 4) vor. Erfüllungsort für die Nacherfüllung ist hier mangels vorrangiger Parteivereinbarung der Firmensitz der Beklagten als dem Erfüllungsort ihrer kaufvertraglichen Lieferverpflichtung (§ 269 Abs. 1 BGB).

Als Nacherfüllungsort kommt grundsätzlich in Betracht der ursprüngliche Leistungsort des durch den Kaufvertrag begründeten Primärleistungsanspruches oder aber der Belegenheitsort der mangelhaften Sache im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens. Die Entscheidung dieser Frage ist streitig. Unter Hinweis auf Art. 3 Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie geht ein Teil des Schrifttums davon aus, dass der Leistungsort der Nacherfüllung allein am momentanen Ort der bestimmungsgemäßen Belegenheit der mangelhaften Sache liegen könne; nur dies sei mit der Richtlinie vereinbar und entspreche der Entstehungsgeschichte der die Richtlinienvorgabe umsetzenden Vorschrift des § 439 BGB. Einige Entscheidungen in der Rechtsprechung haben sich dem angeschlossen (z.B. OLG München NJW 2006, 449; OLG Köln NJW-RR 2006, 677; AG Menden NJW 2004, 2171).

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Nacherfüllungsanspruch der modifizierte Erfüllungsanspruch ist (Palandt/Weidenkaff, BGB, 66. Aufl., § 439 Rz. 1 und 2 m.w.N.). Die Lieferung einer mangelhaften Sache führt - mangels Bewirkens der im Kaufvertrag geschuldeten Leistung - nicht zur Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB). Vielmehr verwandelt sich der ursprüngliche Lieferanspruch des Käufers in einen Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437 Nr. 1, 439 BGB. An die Stelle des Anspruchs auf Übereignung der Kaufsache (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB) tritt das Wahlrecht z...

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