Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Ist der Verwalter zur Geltendmachung von Wohngeldforderungen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im eigenen Namen ermächtigt, so kann er Leistung an sich verlangen.

  • 2.

    Enthält eine beschlossene Abrechnung Ausgaben, die für eine Maßnahme getätigt wurden, deren Beschließung rechtskräftig für ungültig erklärt wurde, so kann der Wohnungseigentümer im Zahlungsverfahren die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses nicht einredeweise geltend machen und auch nicht aufrechnen.

  • 3.

    Hat der Verwalter für Fotokopien einen Aufwendungsersatzanspruch, so ist ein Betrag von 0,20 EUR pro Fotokopie nicht unangemessen. Bedenklich erscheint ein Betrag von 0,72 EUR pro Seite.

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 13.04.2006; Aktenzeichen 1 T 22146/06)

AG München (Aktenzeichen 484 URII 904/06 WEG)

 

Tenor

  • I.

    Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 13. April 2006 wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

  • III.

    Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.692,66 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Verwalterin einer Wohnungseigentumsanlage. Die Antragsgegnerin gehört der Wohnungseigentümergemeinschaft als Wohnungseigentümerin an. Die Antragstellerin begehrt in Prozessstandschaft die Zahlung von Wohngeldbeiträgen an sich. Die Antragsgegnerin hat den Widerantrag gestellt, die Antragstellerin zu verpflichten, der Antragsgegnerin gegen Kostenerstattung alle Abrechnungsbelege der Jahresabrechnungen 2003 bis 2004 mit dem jeweiligen korrespondierenden Bankkontoauszug zum laufenden Gemeinschaftskonto bzw. zum Konto der Instandhaltungsrücklage in Kopie auszuhändigen.

Im Verwalterbetrag ist bestimmt, dass die Verwalterin pro Kopie 0,72 EUR inklusive Mehrwertsteuer verlangen kann.

Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin antragsgemäß verpflichtet. Auf den Widerantrag hin hat es die Antragstellerin verpflichtet, der Antragsgegnerin gegen Kostenerstattung in Höhe von 0,20 EUR pro Fotokopie die begehrten Kopien auszuhändigen. Im Übrigen hat es den Gegenantrag abgewiesen.

Die von der Antragsgegnerin eingelegte sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 13.4.2006 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin, soweit sie zur Zahlung verpflichtet wurde und soweit pro Fotokopie ein Betrag von 0,20 EUR festgesetzt wurde.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1.

Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragstellerin sei aktivlegitimiert. Nach Teil C Ziffer c) der Gemeinschaftsordnung sei der Verwalter beauftragt und bevollmächtigt, die Wohngelder einzuziehen und diese namens der übrigen Eigentümer oder im eigenen Namen für Rechnung der übrigen Eigentümer gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen. Der vom Amtsgericht ausgesprochene Kostenerstattungsbetrag von 0,20 EUR sei nicht überhöht. Im Übrigen wird auf die Begründung des Beschlusses des Landgerichts Bezug genommen.

2.

Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30.6.2007 geltenden Fassung zugrunde zu legen (§ 62 WEG n.F.).

a)

Die Antragstellerin ist zur Geltendmachung der Forderung im eigenen Namen und zur Forderung der Leistung an sich berechtigt.

Dies ergibt sich aus der Gemeinschaftsordnung, wonach der Verwalter ausdrücklich zur Geltendmachung derartiger Forderungen in Prozessstandschaft berechtigt ist. Die Gemeinschaftsordnung ist wie jede Grundbucheintragung objektiv nach dem Wortlaut und dem Sinn, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt, auszulegen (vgl. z.B. BayObLG ZMR 2001, 832). Danach kann der Verwalter zwar Leistung formell an sich verlangen, ist jedoch verpflichtet, die Gelder der Wohnungseigentümergemeinschaft zuzuführen. Die Formulierung "für Rechnung der übrigen Eigentümer" ist somit wirtschaftlich zu verstehen und bedeutet, dass das Geld letztlich der Wohnungseigentümergemeinschaft zugute kommen muss.

Im Übrigen hängt die Frage, ob der Prozessstandschafter Leistung an den Rechtsträger oder an sich verlangen kann, davon ab, ob der Schuldner an den Prozessstandschafter mit befreiender Wirkung leisten kann oder nicht (Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 28. Aufl. § 51 Rn. 39). Nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 ist der Verwalter u.a. berechtigt Lasten- und Kostenbeiträge in Empfang zu nehmen. Diese Empfangszuständigkeit hat zur Folge, dass eine Leistung an den Verwalter in jedem Falle schuldbefreiend wirkt, auch wenn sie nicht auf einem für die Gemeinschaft eingerichteten Konto, sondern auf dem allgemeinen Geschäftskonto des Verwalters eingeht (OLG Köln WuM 1998, 249; Rieke/Schmid, KK-WEG/Adramenko § 27 Rn. 23). Da § 27 Abs. 2 Nr. 1 WEG gemäß § 27 Abs. 3 WEG unabdingbar ist, wäre die Empfangszuständigkeit der Antragstellerin selbst dann gegeben, wenn die Gemeinschaftsordnung anders als geschehen auszulegen wäre.

b)

Die Antragstellerin kann sich auch...

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