Leitsatz (amtlich)

1. § 23 Abs. 2 der Satzung der VBL unterliegt uneingeschränkt der Inhaltskontrolle nach §§ 307ff BGB (im Anschluss an OLG Karlsruhe, VersR 2011, 869).

2. § 23 Abs. 2 der Satzung der VBL benachteiligt ausscheidende Beteiligte unangemessen und ist daher unwirksam.

3. Die VBL ist kein Unternehmen im Sinne des Kartellrechts (im Anschluss an BGH VersR 2011, 1295).

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 19.06.2009; Aktenzeichen 7 O 122/08 (Kart.))

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.11.2013; Aktenzeichen KZR 58/11)

 

Tenor

I. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim vom 19.6.2009 - 7 O 122/08 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Auf die Widerklage der Beklagten wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte Zinsen

aus EUR 15.000.000 i.H.v. 3,9 % für die Zeit von 7.1.2004 bis 31.12.2004,

i.H.v. 4,1 % für die Zeit von 1.1.2005 bis 8.5.2005,

aus EUR 16.835.153,02 i.H.v. 4,1 % für die Zeit von 8.5.2005 bis 31.12.2005

i.H.v. 3,3 % für die Zeit von 1.1.2006 bis 31.12.2006,

i.H.v. 3,9 % für die Zeit von 1.1.2007 bis 31.12.2007,

i.H.v. 4,1 % für die Zeit von 1.1.2008 bis 31.12.2008

i.H.v. 4,3 % für die Zeit von 1.1.2009 bis 6.4.2010,

aus EUR 16.846.579,02 i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7.4.2010 zu zahlen.

3. Auf die Widerklage der Beklagten wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten den gesamten Schaden zu ersetzen, der der Beklagten dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass auf Basis der Regelung in § 23 Abs. 2 VBLS in der seit 2001 geltenden Fassung eine Gegenwertforderung erhoben wurde.

4. Im Übrigen wird die Widerklage der Beklagten abgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten des ersten Rechtszugs trägt die Klägerin. Von den Kosten des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin ¼, die Beklagte ¾.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus Anlass des Ausscheidens der Beklagten bei der Klägerin.

Die Klägerin (im Folgenden: VBL) ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie schließt auf privatrechtlicher Grundlage Beteiligungsvereinbarungen in Form von Gruppenversicherungsverträgen mit Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes, die dem geltenden Tarifrecht des öffentlichen Dienstes des Bundes und der Länder oder einem Tarifrecht wesentlich gleichen Inhalts unterliegen (sog. Beteiligte). Sie gewährt den Arbeitnehmern der Beteiligten nach Maßgabe ihrer Satzung (künftig: VBLS) eine Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung (§ 2 Abs. 1 VBLS).

Die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst enthalten seit einiger Zeit eine Bestimmung, wonach den Beschäftigten ein Anspruch auf eine Zusatzversorgung zusteht. Die aktuelle Version von § 25 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) lautet:

"Die Beschäftigten haben einen Anspruch auf Versicherung unter eigener Beteiligung zum Zwecke einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung nach Maßgabe des Tarifvertrags über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung - ATV) bzw. des Tarifvertrags über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) in ihrer jeweils geltenden Fassung."

Die nähere Ausgestaltung des Anspruchs erfolgt in besonderen Tarifverträgen, beispielsweise dem "Tarifvertrag Altersversorgung - ATV". Nach seinem § 1 gilt der ATV für Beschäftigte, die unter die in der Anlage 1 zum ATV aufgelisteten Tarifverträge (u.a. der TVöD) fallen und deren Arbeitgeber "Beteiligte" an der VBL sind. Der ATV regelt, wie die Zusatzversorgung ausgestaltet sein soll. Danach wird eine Betriebsrente erst gezahlt, wenn für den Arbeitnehmer mindestens 60 Monate lang eingezahlt worden ist (§ 6 ATV). Der Arbeitgeber ist aufgrund des Tarifvertrags verpflichtet, für seine Beschäftigten eine Zusatzversorgung zu begründen. Die Verpflichtung kann sich auch aus einer arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf den Tarifvertrag ergeben. Der Arbeitgeber erfüllt seine Verpflichtung, indem er Mitglied/Beteiligter einer Zusatzversorgungskasse wird. Außer der VBL gibt es weitere kommunale und kirchliche Zusatzversorgungskassen. Die VBL ist nach der Zahl der versicherten Personen und nach dem Umsatz die größte Zusatzversorgungskasse. Bei der VBL spricht ihre Satzung nicht von einer Mitgliedschaft, sondern von einer "Beteiligung" (§§ 19ff VBLS). Die Satzung der VBL legt fest, wer sich an der VBL beteiligen kann (§ 19 VBLS). Die Beteiligung erfolgt durch eine schriftliche Beteiligungsvereinbarung (§...

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