Entscheidungsstichwort (Thema)

Beendigung der Verjährungshemmung durch eindeutige Erklärung des Kfz-Haftpflichtversicherers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine positive Entscheidung des Versicherers i.S.d. § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG beendet die Verjährungshemmung nur dann, wenn der Geschädigte aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern die Schadenspositionen der Höhe nach ausreichend belegt sind. Die Entscheidung des Versicherers muss insoweit erschöpfend, umfassend und endgültig sein.

2. Meldet der Geschädigte bei Anspruchstellung u.a. alle künftigen Schäden aus dem Unfallereignis an, liegt eine Entscheidung i.S.d. § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG erst dann vor, wenn der Versicherer eine eindeutige Erklärung über solche künftigen Schäden abgibt. Dafür reicht es nicht aus, wenn die Haftung nach einer bestimmten Quote anerkannt und ein abgeschlossener Schadenszeitraum unter Zurückstellung von Einwänden abgerechnet wird, solange nach der Formulierung des Abrechnungsschreibens die Möglichkeit offen bleibt, Einwände gegen einzelne Schadenspositionen auch in Zukunft zu erheben.

 

Normenkette

BGB § 852; PflVG § 3 Nr. 3 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 15 O 339/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.12.2003; Aktenzeichen I ZR 228/01)

BGH (Urteil vom 31.01.2003; Aktenzeichen V ZR 333/01)

BGH (Urteil vom 28.11.2002; Aktenzeichen VII ZR 270/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.12.2000 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Münster abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.420,60 DM nebst 4 % Zinsen aus 39.844,47 DM seit dem 1.9.2000 und 4 % Zinsen aus 20.576,13 DM seit dem 30.10.2000 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin 50 % der Schäden zu ersetzen, die aus dem Verkehrsunfall vom 13. 12.199 in der K. in K. entstanden sind, soweit die Ansprüche nicht auf andere Dritte übergehen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beide Parteien können die Sicherheit durch Bankbürgschaft leisten.

Die Beschwer der Beklagten beträgt 109.803,31 DM.

 

Tatbestand

Am 13.12.1991 erlitt der Soldat E. (geb. 1935) bei einem Verkehrsunfall in K. tödliche Verletzungen. Der Beklagte als Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten Pkw-Fahrers haftet für die Unfallfolgen nach einer Quote von 50 %.

Die Klägerin als Dienstherrin des Getöteten erbringt seitdem an die Ehefrau des Getöteten Versorgungsleistungen. Mit ihrer Klage begehrt sie von dem Beklagten aus übergegangenem Recht den Ausgleich der Zahlungen für die Jahre 1997, 1998 und 1999 sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden. Die Schadenshöhe ist zwischen den Parteien unter Berücksichtigung der Haftungsquote von 50 % mit 60.420,60 DM unstreitig.

Mit Schreiben vom 1.9.1993 meldete die Klägerin übergegangene Schadensersatzansprüche dem Grunde nach bei dem Beklagten an und bat um Mitteilung, ob die Ersatzpflicht dem Grunde nach anerkannt werde. Der Beklagte erhob daraufhin mit Schreiben vom 17.9.1993 zunächst den Mithaftungseinwand. Mit Schreiben vom 26.5.1994, das allerdings nicht an die Klägerin, sondern an das Landesversorgungsamt gerichtet war, teilte der Beklagte mit, dass er 50 % der berechtigten und nachgewiesenen Ansprüche regulieren werde. Die Haftungsquote bestätigte der Beklagte später auch gegenüber der Klägerin. In der Folgezeit wurde zwischen den Parteien über die Regulierung des Schadens korrespondiert. Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 5.2.1997 die Zahlung restlicher 30.536,83 DM für den Zeitraum 1993 bis 1996. Mit Schreiben vom 14.5.1997 (Bl. 21/22 GA) rechnete der Beklagte den Zeitraum 1992 bis 1996 mit insgesamt 20.785,50 DM ab. Die Klägerin monierte dies nicht, sondern reagierte erst wieder mit Schreiben vom 27.4.2000, in dem sie um Verzicht auf die Einrede der Verjährung bis 31.12.2000 bat. Das Schreiben war jedoch fehlerhaft adressiert und ging dem Beklagten deshalb unstreitig erst am 21.5.2000 zu.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der geltend gemachte Anspruch sei nicht verjährt. Durch ihre Zahlungen sei der Beklagte von einer Verbindlichkeit befreit worden. Der Anspruch basiere daher auf § 812 BGB, mit der Folge, dass sich die Verjährung nach § 195 BGB richte. Soweit der Anspruch auf unerlaubter Handlung beruhe, verjähre er jedenfalls erst nach vier Jahren. Im Übrigen sei Verjährung schon deshalb nicht eingetreten, weil der Anspruch gem. § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG gehemmt gewesen sei. Eine endgültige Entscheidung i.S.d. Vorschrift sei frühestens im Schriftsatz des Beklagten vom 22.5.2000 zu sehen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 60.420,60 DM nebst 4 % Zinsen aus 39.844,47 DM seit dem 1....

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