Normenkette

KO § 106

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 4 O 349/00)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.05.2003; Aktenzeichen VIII ZR 219/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 19.3.2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Essen abgeändert. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor Beginn der Vollstreckung in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer des Klägers übersteigt 20.000 Euro.

 

Tatbestand

Durch Beschluss des AG Essen vom 6.1.1999 wurde über das Vermögen der Firma W. die Sequestration angeordnet und der Kläger zum Sequester bestellt. Der Sequestrationsbeschluss lautet auszugsweise wie folgt:

„… Es wird zur Sicherung der Masse und zum Schutze der Gläubiger Folgendes angeordnet: Gegen die Schuldnerin wird ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen. Ihr wird insbesondere untersagt, Gegenstände ihres Vermögens zu veräußern, zu belasten und Forderungen einzuziehen …”

Zum Aufgabenkreis des Klägers ist darin bestimmt:

„… Er soll das konkursbefangene Vermögen der Schuldnerin in Verwahrung und Verwaltung nehmen sowie Außenstände einziehen und auf ein von ihm einzurichtendes Anderkonto nehmen …”

Wegen der weiteren Einzelheiten der getroffenen Anordnungen wird auf die Ablichtung des Beschlusses (Bl. 12 d.A.) verwiesen.

Der Beklagte ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin.

Mit der Klage hat ihn der Kläger auf Zahlung eines Betrages i.H.v. 94.190,47 DM in Anspruch genommen, der sich als Sollsaldo zu Gunsten der Gemeinschuldnerin aus dem Gesellschafter-Verrechnungskonto „1503” ergibt und sich zur Begründung der Forderungshöhe auf eine Summen- und Saldenliste aus Oktober 1998 mit Stand 12.2.1999 sowie auf einen Ausdruck des Verrechnungskontos „1503” mit Stand 12.2.1999 bezogen.

Der Beklagte hat die geltend gemachte Forderung als nicht nachvollziehbar bestritten. Der Kläger habe nicht dargelegt, wie die Forderung im Einzelnen entstanden sei.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens und der gestellten Anträge verwiesen wird, hat das LG den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt und zur Begründung ausgeführt, die Forderung sei der Höhe nach durch die Summen- und Saldenliste und eine Buchungsübersicht belegt. Einwendungen gegen das vom Kläger vorgelegte Zahlenwerk habe der Beklagte nicht erhoben.

Gegen dieses am 5.4.2001 zugestellte Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner am 7.5.2001 eingelegten Berufung, die er mit am 5.7.2001 eingegangenem Schriftsatz innerhalb der auf rechtzeitigen Antrag vom 23.5.2001 bis zum 9.7.2001 verlängerten Begründungsfrist begründet hat.

Er verfolgt seinen Klageabweisungsantrag weiter. Er behauptet, dass die Kontokorrentabrechnung unvollständig sei und in die Abrechnung noch Ansprüche aus seinem Spesenverrechnungskonto einzustellen seien, da er über das Konto seiner Ehefrau Zahlungen i.H.v. 745.814,81 DM an verschiedene Gläubiger der Gemeinschuldnerin geleistet habe. Hilfsweise erklärt er mit den sich daraus ergebenden Ansprüchen die Aufrechnung.

Der Beklagte beantragt, abändernd die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er bestreitet, dass dem Beklagten noch zu verrechnende oder aufrechenbare Gegenansprüche zustehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Auf die zulässige Berufung war das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage als unzulässig abzuweisen. Der Kläger ist als Sequester nicht prozessführungsbefugt.

1. Die Bestellung eines Sequesters nach § 106 KO dient der Sicherung des Zwecks des Insolvenzverfahrens, der in der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger besteht; die Aufgaben und Befugnisse des Sequesters beschränken sich nach dem Recht der Konkursordnung und der Gesamtvollstreckungsordnung auf Maßnahmen der Sicherung und Erhaltung der Masse (BGH v. 22.12.1982 – VIII ZR 214/81, BGHZ 86, 190 [195 f.] = MDR 1983, 399; v. 11.6.1992 – IX ZR 255/91, BGHZ 118, 374 [378] = MDR 1992, 958; v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94, BGHZ 130, 38 [41] = MDR 1995, 1225). Dazu gehört nach der Rechtsprechung des BGH in aller Regel nicht die Prozessführung, da auch bei Erlass eines allgemeinen Verfügungsverbots das Prozessführungsrecht des Schuldners bestehen bleibt (BGH, Beschl. v. 13.7.1987 – II ZB 48/87, MDR 1988, 124 = ZIP 1987, 1195 [1196]).

2. Soweit in Rechtsprechung und Lit. dennoch ausnahmsweise dem Sequester ein Prozessführungsrecht zuerkannt wird, beschränkt sich dies auf unaufschiebbare Notmaßnahmen, die zur Sicherung der Masse erforderlich sind und in denen die Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens nicht abgewartet werden kann (vgl. OLG Ham...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge